Im Sog der Angst
Maß voll zu machen hätte sein Sohn auch noch psychische Probleme.«
»Die er nicht spezifizierte.«
»Ich war nicht daran interessiert. Dachte, er versuchte nur zu erreichen, dass er mir Leid tat. Zu der Empfehlung kam es, indem ich ihn auf die Probe stellte und zu ihm sagte: ›Falls das so ist, sollten Sie ihn unbedingt eine Therapie machen lassen.‹ Und er sagte: ›Ja, das muss ich wohl.‹ Und ich sagte: ›Meine Exfrau ist Psychologin, und ihre Praxis liegt in der Nähe Ihres Hauses. Soll ich Ihnen ihre Telefonnummer geben?‹ Er sagte: ›Klar‹, und ich gab sie ihm. Wie gesagt, ich dachte, es wäre ein Trick. Also hat er ihn tatsächlich hingeschickt.«
Milo nickte. »Wie sieht es seitdem mit seinen Mieten aus?«
»Er zahlt chronisch zu spät.«
»Dr. Koppel hat Ihnen nie gesagt, dass Gavin zu ihr gekommen ist?«
»Das würde sie nie tun«, erwiderte Koppel. »Die ärztliche Schweigepflicht hat ihr viel bedeutet. In der ganzen Zeit, als wir verheiratet waren, hat sie nie über Patienten geredet. Das ist eine andere Sache, die ich an ihr bewundert habe. Ihre moralischen Grundsätze.«
»Mr. Koppel«, fragte Milo, »wo waren Sie in der Nacht, als Ihre Exfrau ermordet wurde?«
»Sie scherzen.«
»Nein, Sir.«
»Wo ich war? Ich war hier.«
»Allein?«
»Reiten Sie nicht darauf herum«, sagte Koppel. »In der Nacht … mal sehen, ich glaube, in der Nacht bin ich Mrs. Cohen begegnet, der Kunstlehrerin - sie wohnt nach vorne raus. Wir haben beide den Müll rausgetragen. Wollen Sie sie danach fragen? Falls Sie das tun, würden Sie dann bitte nicht erwähnen, dass ich der Hausbesitzer bin?«
»Ist das ein Geheimnis?«, fragte Milo.
»Ich lebe gern unauffällig. So kann ich nach Hause kommen und mich entspannen und muss mich nicht mit Mietern abgeben, die etwas repariert haben wollen.«
»Mit einem Eigenheim könnten Sie das auch erreichen.«
»Ja, ja, ich bin exzentrisch«, sagte Koppel. »Das Problem bei einem Haus ist, dass es zu viel instand zu halten gibt, und damit habe ich ohnehin den ganzen Tag zu tun. Außerdem brauche ich nicht viel Platz.«
»Sie haben nicht viele Sachen.«
»Was ist so vernünftig daran, Sachen anzuhäufen?«
»Also waren Sie die ganze Nacht hier, Sir?«
»Wie immer. Es sei denn, ich bin außerhalb.«
»Wie oft sind Sie außerhalb?«
»Ein, zwei Tage pro Woche.«
»Wo übernachten Sie?«
»In Motels. Best Western gefallen mir gut. Aber in der Nacht war ich zu Hause.«
Milo stand auf. »Vielen Dank, Sir.«
»Gern geschehen«, sagte Koppel, während er mit spitzen Fingern Popcorn von seiner Schlafanzughose klaubte.
29
»Der sensible Immobilienhai«, sagte Milo, als wir wieder auf dem Bürgersteig standen. »Kaufst du ihm das ab?«
»Ich glaube, wenn es um Geld geht, ist er jemand, mit dem man rechnen muss. Willst du nicht mit Mrs. Cohen sprechen, der Kunstlehrerin?«
»Was, um sein Alibi zu überprüfen? Sie hat nur gesehen, dass er den Müll rausgetragen hat. Fünf Minuten von einem ganzen Abend, das heißt gar nichts.«
»Betrachtest du ihn als Verdächtigen?«
»Er ist Vermieter von einem ganzen Haufen Knastbrüder, und er hat an Koppel fünfundzwanzig Riesen pro Monat gezahlt. Und jetzt, wo sie tot ist, hören nicht nur die Zahlungen auf, er bekommt auch ihre ganzen Immobilien. Das ist ein verdammt großes Motiv. Außerdem redet er die ganze Zeit davon, was für ein großartiger Geschäftsmann er ist, lässt aber ein ganzes Geschoss in einem Gebäude in Beverly Hills leer stehen. Ich würde gern mal da reingehen und rausfinden, worum es bei Charitable Planning wirklich geht.«
»Gruppentherapie«, sagte ich. »Falls Sonny wirklich so angetan von Mary war, wie er vorgab, kann ich mir durchaus vorstellen, dass er den Raum für sie freihält.«
»Was, du glaubst nicht, dass er ein potenzieller Bösewicht ist?«
»So wie du es hinstellst, gehört er eindeutig auf den Radarschirm. Aber welches Motiv hätte er für den Mord an Gavin und der Blondine?«
Er antwortete nicht. Wir gingen auf meinen Wagen zu.
»Wie läuft es mit der Überwachung von Gull?«, fragte ich.
»Er fährt zur Arbeit und geht wieder nach Hause. Ich bin sicher, sein Anwalt hat ihm geraten, sauber zu bleiben.«
»Jerry Quick könnte deshalb bei der Sache mit Gavins Überweisung gelogen haben, weil er verbergen wollte, dass er Mary Lous Namen von Sonny Koppel hatte. Damit wir nicht bei einem Gespräch mit Sonny erfahren, dass er seine Miete nicht pünktlich zahlen konnte. Weil es sich
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