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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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oben. Ihr flacher Bauch pulsierte im Takt ihrer raschen Atemzüge.
    Ich sagte nichts. Das Schweigen zog sich in die Länge. Autos fuhren auf den Parkplatz des Rite Aid, andere verließen ihn. Getönte Fenster gewährten uns Schutz vor neugierigen Blicken.
    Ich fragte mich, ob sie weinen würde.
    Sie schmollte. »Ich weiß nicht, warum Sie es mich nicht einfach tun lassen - ich besorge es Ihnen wirklich gut, und außerdem bringe ich noch die Sachen zurück. Okay?«
    Sonny Koppel hatte davon gespochen, dass Sachen eine Belastung seien.
    »Wir werden Folgendes tun«, sagte ich. »Sie werden alles zurückbringen und versprechen, dass Sie es nie wieder tun. Aber zuerst werden Sie mit mir über Gavin Quick reden. Wenn Sie offen und aufrichtig sind und mir alles sagen, was Sie über ihn wissen, sind wir quitt.«
    Sie drehte sich zu mir um und glotzte mich an. Ihre Adlernase war gepudert. Unter der Puderschicht sah ich feine Sommersprossen. Die graugrünen Augen hatten einen berechnenden Zug angenommen.
    »Das ist alles?«, fragte sie.
    »Das ist alles.«
    Sie lachte. »Cool. Ich war sowieso nicht darauf aus, Ihnen einen zu blasen. Apropos Gavin .«
    »Gavin stand darauf?«
    »Gavin stand auf wumm bumm . Selbst für einen jungen Burschen war er schnell. Selbst wenn er zweimal hintereinander kam. Ich meine, sie fangen alle so an, aber man kann sie sich ranziehen. Gavin nicht. Der Zwanzigsekundenmann. Also hab ich aufgehört.«
    »Aufgehört, mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben?«
    »Es war nie Geschlechtsverkehr«, sagte sie. »Darum ging’s ja.«
    »Worum?«
    »Wenn man mit ihm zusammen war, kam man sich vor wie … beim Basketballspielen. Er drückt ab, er macht einen Punkt, er zieht den Reißverschluss hoch, man geht einen Kaffee trinken.«
    »War das der Grund, warum Sie Schluss gemacht haben?«
    »Wir haben nicht Schluss gemacht, weil wir nicht miteinander gegangen sind, verstehen Sie?«
    »Was hatten Sie denn für eine Beziehung?«
    »Wir kannten uns. Seit Jahren. Seit der Beverly, wir hatten einige Fächer gemeinsam. Dann ging er aufs College, um irgendwas zu machen, und ich beschloss, Design zu studieren. Es ist besser am SMC als an manchen Universitäten, wissen Sie.«
    »Das SMC ist gut in Design?«
    »Aber sicher. Man kann es einfach studieren, ohne den ganzen anderen Kram zu machen.«
    »Wie Psychologie«, sagte ich.
    Sie grinste. »Sie haben mich erwischt. Schon wieder. Die Geschichte mit der Recherche war ziemlich schwach, was?«
    »Mehr als schwach.«
    »Yeah«, sagte sie. »Ich hätte mir vorher was Besseres ausdenken sollen. Wie haben Sie mich erwischt?«
    »Sie waren nicht gerade unauffällig.«
    »Ich bin noch nie erwischt worden.«
    »Machen Sie das schon länger?«, fragte ich.
    Sie wollte etwas erwidern, machte den Mund aber wieder zu.
    »Kayla?«
    »Ich dachte, Sie wollten mich damit in Ruhe lassen, wenn ich Ihnen von Gavin erzähle.«
    »Sie haben die Sprache darauf gebracht.«
    »Tatsächlich?«
    Ich nickte.
    »Oh«, sagte sie. »Na ja, dann hab ich Mist gebaut. Bleiben wir bei Gavin. Was ich nicht getan habe. Bei ihm bleiben, wissen Sie?« Sie lachte. Hörte auf und legte einen Finger über ihre Lippen. Schlug sich auf die Hand. » Böse Kayla. Das sollte ich nicht machen.«
    »Was?«
    »Über ihn lachen, wo er jetzt tot ist und so.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer ihn umgebracht hat?«, fragte ich.
    »Nee.«
    »Ein Mädchen ist mit ihm gefunden worden. Blond, etwa Ihre Größe …«
    »Eine Schlampe«, sagte sie.
    »Sie kennen sie?«
    »Ich hab sie gesehen. Er hat sie mir quasi vor geführt. Meine Freundin Ellie meinte, sie sieht aus wie ich, aber da hab ich ihr gesagt, sie soll sich das Geld für ihre Augenoperation wiedergeben lassen. Da meinte Ellie: ›Nicht wie’ne Zwillingsschwester, Kayle, nur ein bisschen. Wie wenn du eine harte Nacht hinter dir hast.‹« Sie schüttelte den Kopf. »Nie im Leben; diese Schnalle war Schlampenplasma, weißes Pack aus dem Wohnwagencamp. Aber dann dachte ich, vielleicht gefiel sie Gavin mit seinem Gehirnschaden und allem ja deshalb, weil er dachte, dass sie tatsächlich aussieht wie ich. Weil er mich nicht haben konnte, und sie war’ne Art zweite Wahl, wissen Sie?«
    »Wann hat er sie Ihnen vorgeführt?«
    »Nachdem ich ihm gesagt hatte, es gibt keine Quickies mehr.«
    »Nach dem Unfall?«
    » Lange danach«, antwortete sie. »Das war ungefähr - vor zwei Monaten? Ich dachte, er hätte aufgehört, mir auf den Wecker zu gehen, weil ich eine Zeit lang nichts

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