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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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eine gute Idee. Okay, bieg hier in die Roxbury und dann weiter, bis du zur Südseite des Parks kommst, und dreh eine Runde. Sie haben gesagt, sie warten im Picknickbereich neben dem Spalding-Weg am Westrand. Wo in der Nähe die Kinder und die Mamas spielen.«
    Albin Larsen und ein größerer, dunkelhaariger Mann in einem schwarzen Anzug saßen an einem Holztisch innerhalb des grünen Eisenzauns, der die westliche Grenze des Parks markiert. Einer von sechs Tischen, die alle im Schatten eines Hains chinesischer Ulmen standen. Beverly Hills behandelt seine Bäume wie Pudelbesitzer ihre Tiere vor einer Hundeschau, und die Ulmen waren zu riesigen grünen Schirmen gestutzt worden. Die Psychologen hatten sich für einen Platz im Norden eines Sandkastens entschieden, in dem Kleinkinder unter den wachsamen Augen ihrer Mütter und Kindermädchen herumtollten. Sie saßen mit dem Rücken zu den Kindern.
    Ich fand eine Parknische vor dem grünen Zaun. Die meisten anderen waren von Geländewagen und Minivans besetzt. Die Ausnahme bildete ein Paar 190er Mercedes, beide dunkelgrau, die nebeneinander standen. Dieselben Wagen, die ich auf dem Parkplatz hinter ihrer Praxis gesehen hatte. Das gleiche Modell wie Jerome Quicks Wagen.
    »Sein Benz und sein Benz«, sagte Milo.
    »Sie arbeiten zusammen, sind aber getrennt hierher gefahren«, sagte ich.
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, mal sehen.«
    Larsen und Gull waren sich unserer Anwesenheit nicht bewusst, und wir beobachteten sie ein paar Augenblicke. Sie saßen da und aßen und redeten miteinander. Es wurde nicht viel gesprochen, es gab keine offensichtlichen Emotionen. Milo sagte: »Gehen wir.«
    Als wir zehn Schritte entfernt waren, bemerkten uns beide Männer und legten ihre Plastikgabeln hin. Albin Larsen war so ähnlich gekleidet wie an dem Tag, als Mary Lou Koppel nicht in ihrer Praxis aufgetaucht war: eine weitere ärmellose Weste, diesmal braun, über einem hellbraunen Leinenhemd und einer grünen Wollkrawatte. Franco Gulls schwarzer Anzug war aus fein gewebtem Krepp und hatte schmale Revers. Darunter trug er ein kragenloses weißes Seidenhemd, das bis oben zugeknöpft war. Goldener Ehering, goldene Armbanduhr.
    Gull hatte breite Schultern, einen dicken Hals, eine Boxernase, ein großes, grobes Gesicht, das trotzdem gut aussah, und machte einen kräftigen Eindruck. Sein Kopf wies eine Unmenge welliges schwarzes Haar mit eisengrauen Flecken auf. Sein Kinn ragte einen Zentimeter vor. Gestutzte Augenbrauen wölbten sich hinter einer Sonnenbrille mit grauen Gläsern, und seine Haut war rosig.
    Er war ein bisschen jünger als Larsen - Mitte vierzig. Als Milo und ich am Tisch ankamen, nahm er seine Brille ab und sah uns mit großen dunklen Augen an. Traurige Augen mit Tränensäcken darunter. Sie fügten seinem Gesicht ein paar Jahre und die Andeutung von Nachdenklichkeit hinzu.
    Er aß ein chinesisches Gericht aus einem Takeaway-Karton. Garnelen, die in einer roten Sauce schwammen, und gebratenen Reis und als Beilage Minifrühlingsrollen. Albin Larsens Mittagessen war ein gemischter grüner Salat, der in einer Styroporschale angemacht war. Beide Männer tranken Eistee aus der Dose.
    Larsen sagte: »Guten Tag«, und nickte formell mit dem Kopf. Gull streckte die Hand aus. Seine Finger waren riesig.
    Beide Männer saßen im Schatten, aber auf Gulls Stirn standen Schweißperlen. Ob die Garnelen scharf gewürzt waren?
    Milo und ich wischten Staub und Blätter von der Holzbank und setzten uns. Larsen begann wieder zu essen. Gull lächelte unsicher.
    »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind«, sagte Milo. »In der Praxis kann es im Moment nicht leicht für Sie sein.«
    Larsen blickte von seinem Salat hoch. Keiner der beiden antwortete.
    »Dr. Koppels Patienten«, sagte Milo. »Ihnen alles erklären zu müssen.«
    »Ja«, erwiderte Larsen. »Die Verletzlichkeit.«
    »Glücklicherweise reden wir nicht über eine hohe Zahl«, sagte Gull. »Anders als praktische Ärzte hat jeder von uns nicht mehr als vierzig, fünfzig Patienten zur gleichen Zeit. Albin und ich haben die aktiven unter uns aufgeteilt und mit jedem Einzelnen Kontakt aufgenommen. Wir wollen uns auch an frühere Patienten wenden, aber es ist schwer, sie ausfindig zu machen. Mary hat ihre Unterlagen nicht länger als ein Jahr aufbewahrt.«
    Seine Stimme war glatt und leise, aber das Reden schien ihn anzustrengen. Er wischte sich über die Stirn, hörte aber nicht auf zu schwitzen.
    »Ist das üblich?«, fragte Milo. »Unterlagen zu

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