Im Sog der Gefahr
clever, um sich direkt mit der Polizei anzulegen. Die haben nur dagesessen und sie ausgelacht, bis sie schließlich wieder gegangen ist.«
Ihr schoss eine Idee in den Kopf. »Ich könnte mich verdeckt einschleusen. Ich wurde ihm kürzlich in einer Bar vorgestellt, fälschlicherweise als die Freundin von jemandem.« Vielleicht konnte sie an ihn herankommen und ihn zu einem Geständnis bringen. Aufregung peitschte durch ihre Adern.
»Keine Chance.«
»Warum nicht?« Sie runzelte die Stirn.
»Der Deputy Commissioner würde mir die Eier abreißen, und ich mag sie da, wo sie sind.«
»Woher wissen Sie, wer mein Vater ist?« Ihre Verwandtschaft mit dem großen Boss posaunte sie nicht gerade durch die Gegend.
»Ihr Team Commander hat vorhin angerufen und nach Informationen über Ihr Opfer gefragt. Er hat es zufällig erwähnt.« Sein Blick verriet nichts, und doch fragte sich Holly, was Furlong wohl noch über sie gesagt haben mochte.
Verdammt!
»Was haben Sie über Milbank?«
Hammond rief ein weiteres Foto auf. »Nicht gerade ein Astrophysiker, aber er weiß, wie man seine Fäuste benutzt. Hat wegen bewaffneten Raubs gesessen und wurde immer mal wieder wegen Alkohol am Steuer verwarnt. Er steht in Dryzeks Club an der Tür und erledigt ansonsten Routinearbeiten.«
Wenigstens gab es jetzt ein Gesicht, das in ihrem Kopf den Platz der entsetzlich aussehenden Leiche von gestern einnehmen konnte. Rechteckige Gesichtsform, stoppeliges Kinn und Augen, die nur eine Mutter lieben konnte. »Können wir uns sein Haus ansehen?«
Hammond nickte. »Allerdings ist gestern Abend die Meldung reingekommen, dass bei ihm eingebrochen wurde.«
»Um wie viel Uhr?«
Hammond sah in seinen Notizen nach. »Der Vermieter hat es um neunzehn Uhr gemeldet. Wann der Einbruch tatsächlich stattgefunden hat, wusste er nicht. Ich habe einen Gerichtsbeschluss beantragt, um die Beweise zu sichern, aber wir könnten schon eine erste Tatortbegehung machen.«
Ihr Herz begann leise zu flattern. Hatte der Mörder etwas gesucht? Und wenn ja, was? Remy Dryzek hatte Finn gedroht und gesagt, er hätte etwas verlegt. Hatte Milbank etwas von Dryzek gestohlen? Oder war Milbank das ›Etwas‹, nach dem Dryzek suchte? Warum suchte er den Mann in Bamfield? Was wusste er?
Corporal Steffie Billings wehte durch die Tür herein. Sie war von Vancouver zurückgeflogen und hatte sich von den IFIS -Leuten, die in diesem Gebäude saßen, auf den neuesten Stand bringen lassen. »Ich werde nie wieder Sardinen essen. Oder Garnelen.«
Für Autopsien von Wasserleichen brauchte man einen eisernen Magen, trotzdem war Hollys professionelles Interesse daran so groß, dass sie bedauerte, nicht dabei gewesen zu sein. »Schlimm?«
Abwehrend hob die andere Frau die Hand. »Ich will nicht mal mehr daran denken.« Ihr Gesicht war ein bisschen blass, und sie wich Hollys Blick aus. Steffie war keine Anfängerin. Es musste grässlich gewesen sein.
»Hat die Obduktion etwas Verwertbares ergeben?«
»Bis auf die Identität nicht viel.« Steffie reichte ihr eine Akte.
»Ist das Exemplar für mich?«, fragte Holly.
»Ja. Jeff bekommt eine Kopie für die Akten, und auch dem Team Commander habe ich auf Anfrage eine geschickt.« Sie zog die Brauen hoch und senkte das Kinn.
Scheiße!
Furlong behielt die Ermittlung viel gründlicher im Blick, als es die meisten Team Commander taten.
»Herzkammer mit einem Messer aufgeschlitzt. Todesursache war massiver Blutverlust. Der Gerichtsmediziner hat eine Reihe toxikologischer Tests angeordnet, aber aufgrund des Zustands der Leiche wird sich nur schwer feststellen lassen, ob er vorher betäubt wurde. Es wird einige Wochen dauern, bis wir die Ergebnisse haben.«
Flüchtig blätterte Holly die Akte durch. Meerwasser war Mist. Kein Spurenmaterial. Das Fleisch war teilweise abgenagt worden. Seesterne, Garnelen und Krabben hatten einigen Schaden angerichtet, allerdings hatte das Neopren die Leiche vom Meeresgrund isoliert, was ihnen zugutekam. Sie betrachtete das Foto von dem Messer in der Brust des Toten. Irgendetwas an diesem Bild störte sie. »Als ich gestern da unten war, mussten wir extrem vorsichtig sein, damit wir auch ja nichts aufwirbelten, sonst wäre die Sicht binnen Sekunden komplett ausgelöscht gewesen. Bei einem Kampf im Wrackinneren wäre es da drin stockfinster geworden, und auch der Mörder wäre dort unten eingesperrt gewesen.«
Hammond spähte ihr über die Schulter. »Was ist aus Milbanks Druckluftflaschen geworden?«
Das war
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