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Im Sog der Gefahr

Im Sog der Gefahr

Titel: Im Sog der Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Anderson
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unansehnlichen Schwellungen gingen allmählich zurück. Äußerlichkeiten waren nicht wichtig – aber auszusehen wie ein Monster hatte ihre Chancen in der Bar nicht gerade verbessert. Der Wirt war eine totale Arschgeige gewesen. Sie zog ihre Weste aus und warf die Mütze auf die Bettdecke. Dann wischte sie sich die schweißbedeckte Stirn ab.
    »Ist das alles, was Sie brauchen, Corporal?«, fragte Finn die andere Frau.
    »Ja, vielen Dank. Und nennen Sie mich doch bitte Rachel.«
    Holly verzog das Gesicht. Dann ging die andere Frau, und sie konnte Finn nebenan in der Stille hören. Es war nicht Messenger, auf die sie sauer war. Es war die ganze gottverdammte Welt und die Tatsache, dass sie in dieser Mordermittlung noch keine einzige brauchbare Antwort gefunden hatten. Sie hörte das Knarzen einer Bodendiele.
    »Kommen Sie mit, ich möchte Ihnen etwas zeigen«, sagte Finn, der sie von der Tür aus beobachtete.
    »Was?« Sie war fast zu müde, um sich zu bewegen.
    »Kommen Sie mit.«
    »Geht es um den Fall?«
    »Worum sonst?«
    Übertrieben seufzend stemmte sie sich vom Bett hoch. Ihre Blutergüsse waren so empfindlich, dass sie hätte heulen können, aber sie würde dem Schwein, das sie von der Straße gedrängt hatte, nicht die Befriedigung gönnen, jetzt nachzulassen.
    Finns roter Transporter parkte direkt neben dem Blockhaus, wofür Holly außerordentlich dankbar war. Sie hievte sich hoch und ließ sich in den bequemen Sitz sinken, wobei sie vor Schmerz die Zähne zusammenbeißen musste.
    Finn fuhr los, durchquerte Bamfield und ließ den Ort dann hinter sich.
    »Wohin fahren wir?« Ihre Stimme war heiser – ob vor Erschöpfung oder Frustration, wusste sie nicht.
    Er sah sie an. Das schräg einfallende Sonnenlicht traf auf seine schroffen Züge und verwandelte seine Haare und seine Haut in Goldstaub. »Vertrauen Sie mir, Holly?«
    Entnervt blies Holly die Luft aus. »Wenn das jetzt der Moment ist, in dem Sie sich in einen Axtmörder verwandeln, werde ich wirklich auf Sie schießen.« Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Kopfstütze. Zehn Sekunden später war sie fest eingeschlafen.
    Finn fuhr auf einen Parkplatz am Pachena Beach und sog den feuchten, fruchtbaren Geruch des Regenwalds ein, der Hollys süßen Duft überlagern wollte. Am liebsten wäre er einfach hier sitzen geblieben, hätte ihrem Atem gelauscht und über sie gewacht, bis die Sonne unterging. Ihr Gesicht gewann allmählich seine normalen Formen zurück, obwohl ihre Haut aussah, als wäre ein Tattookünstler auf Opiaten in einen Selbstverwirklichungsrausch verfallen. Das Schwarz hellte sich zu Violett mit grün gesprenkelten Rändern auf. Der Riss in ihrer Lippe heilte schnell. Und sie hatte sich nicht aufhalten lassen.
    Sie würde sauer auf ihn sein, weil er sie angelogen hatte. Und das machte ihm nur deshalb Sorgen, weil es ihn scharf machte, wenn Holly in Wut geriet. Das hatte er nicht im Sinn gehabt, als er sie hierhergefahren hatte.
    Leise öffnete er die Wagentür, doch ihre Instinkte waren zu gut trainiert; sie schlug die Augen auf.
    »Wo sind wir?«
    »Am nördlichen Ende des West Coast Trail.«
    Sie stieg ebenfalls aus dem Führerhaus und streckte mit hörbarem Knacken den Rücken. »Was machen wir hier?«
    »Ich muss Ihnen etwas zeigen.« Er führte sie einen Weg entlang, vorbei an einem Besucherzentrum.
    Sie überquerten die Lichtung und folgten einem sandigen Weg, der in einen halbmondförmigen Strandabschnitt mit dem weißesten Sand der nördlichen Hemisphäre mündete. Das Meer roch frisch und sauber wie Ozon. Unaufhaltsam kroch die Sonne Richtung Westen. Mit einer Hand beschattete er seine Augen, um drei Fischadler zu beobachten, die abwechselnd in die Brandung tauchten. Er streifte die Schuhe ab, und nach kurzem, angespanntem Zögern tat sie das Gleiche mit ihren Stiefeln und Strümpfen. Sie ließen die Schuhe stehen, und Holly wackelte mit ihren froschbeklebten Zehen im Sand.
    »Was wollten Sie mir zeigen?«
    Finn kratzte sich am Kinn. »Nichts. Sie haben nur so ausgesehen, als könnten Sie eine Pause brauchen.«
    Sie öffnete den Mund, und Finn ermahnte sich, dass er aufhören musste, ihre Lippen zu beobachten, aber irgendwie konnte er den Blick nicht davon losreißen. Sie schloss die Augen, wahrscheinlich zählte sie bis zehn, um ihre Wut zu mäßigen. Er fasste sie am Handgelenk. »Gehen Sie ein Stück mit mir.«
    Sie ballte die Hände zu Fäusten, er konnte den Widerstand in ihren Sehnen spüren, als sie sich gegen ihn

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