Im Sog der Sinnlichkeit
Betsey tatsächlich entführt wurde, was wir nicht wissen, wird Lady Carstairs sie zurückbringen. Sie hat die ganze Woche mit Unterstützung von Viscount Rohan Erkundigungen über den Satanischen Bund eingezogen. Mollie, bring uns eine Kanne starken Tee und eine Platte deiner leckeren Schokoladenkekse. Violet, du machst dich mit den anderen auf die Suche. Vielleicht hat Betsey sich nur verirrt und irgendwo Unterschlupf gefunden, wo sie die Nacht verbracht hat. Die arme Kleine war ja lange genug gezwungen, auf der Straße zu leben.“
„Ja, Mrs Cadbury“, piepste Violet beflissen. „Gott sei Dank ist sie schon zu groß für Freier, die nur ganz junge Mädchen haben wollen, aber noch nicht entwickelt genug für solche, die gerne Fleisch in der Hand haben.“ Sie wölbte die Hände um ihre vollen Brüste.
„Was soll das denn heißen?“, fragte die lange Jane.
„Das heißt, dass sie eine Chance hat, mit heiler Haut davonzukommen“, erklärte Sukey. „Mit Gottes Hilfe.“ Sukeys Dienstjahre beim Bischof hatten auf ihre Frömmigkeit abgefärbt.
Ein paar Mädchen, die sich gleichfalls etwas Gläubigkeit bewahrt hatten, murmelten inständig „Mit Gottes Hilfe“, während sie sich allmählich trollten. Emma nahm Melisande bei der Hand und führte sie wieder ins Schlafzimmer.
„Ich helfe dir beim Ankleiden“, erklärte sie energisch. „Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ Doch dann blickte sie ihr eindringlich in die Augen. „Ich wünschte, wir könnten über deine Nacht mit Rohan reden, aber Betsey ist schon zu lange fort, und wir müssen uns beeilen.“
„Es ist nichts passiert“, entgegnete Melisande störrisch.
„Grundgütiger, gib mir Kraft!“, murmelte Emma und streifte ihr das Nachthemd von den Schultern. „Natürlich ist etwas passiert. Du willst nur nicht darüber reden. Das heißt, entweder hat er seine Sache schlecht gemacht, oder es hat dir nicht gefallen. Wie auch immer, wir reden später darüber.“
„Es gibt nichts zu bereden. Ich sagte doch, es ist nichts passiert.“ Sie ließ sich von Emma in eines ihrer schlichten Wollkleider helfen und begann, die lange Reihe Knöpfe vorne zu schließen.
„Und woher stammen dann die interessanten Flecken an deinem Körper, wenn ich fragen darf? Offenbar hinterlässt seine Lordschaft gerne Zeichen auf seinen Bettgefährtinnen, was allerdings neu ist und ungewöhnlich für einen Mann, der sich seiner Selbstkontrolle rühmt.“
Melisandes Hand flog unwillkürlich an ihren Busen. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Ich bin gestürzt.“
„Natürlich. Und der Fleck hat zufällig die Form eines Mundes. Ich konnte keinen Abdruck von Zähnen entdecken, was mich beruhigt. Die Kerle, die zubeißen, sind mit Vorsicht zu genießen.“
Die Erinnerung an Benedicks Zähne, die in ihr Ohrläppchen gebissen und ihren Höhepunkt beschleunigt hatten, überfiel sie fast körperlich. „Haben wir nicht Wichtigeres zu besprechen?“, fragte sie unwirsch. „Ist in letzter Zeit eine zwielichtige Gestalt ums Haus geschlichen? Halb London kennt die Frauen, die hier wohnen, aber Betsey ist als Einzige unberührt. Wieso sollte man ausgerechnet bei uns nach einer Jungfrau suchen? Es sei denn, Aileen wurde gezwungen, es zu gestehen.“
„Ich weiß es nicht“, sagte Emma düster. „Aber ich habe ein sehr unbehagliches Gefühl. Soll ich Viscount Rohan eine Nachricht zukommen lassen, oder willst du direkt bei ihm vorsprechen?“
Als sei nicht alles schon schlimm genug! Melisande senkte den Kopf, um die Röte zu verbergen, die ihr glühend heiß ins Gesicht stieg. Nie wieder würde sie sich auch nur in die Nähe von Benedick Rohan begeben. Er hatte ihr seine Verachtung zu deutlich zu spüren gegeben.
Sie musste sich alleine auf die Suche nach Betsey machen. „Haben die Mädchen die Mönchskutte fertig genäht?“
„Sie hängt in deinem Schrank. Denkst du wirklich, der Satanische Bund hat die Kleine entführt?“
„Sie brauchen eine Jungfrau für morgen … heute Nacht. Wie sie auf Betsey verfallen konnten, ist mir ein Rätsel.“ Vielleicht war Rohan ein Verräter und hatte ihnen einen Tipp gegeben, um seinen Bruder zu retten. Alles war möglich. „Ich kann kein Risiko eingehen und muss sie dort suchen, selbst wenn ich mich irre.“
„Und du weißt, wo sie sich treffen? Du und der Viscount?“
„Wir wissen es“, antwortete sie wahrheitsgetreu. „Ich sorge dafür, dass Betsey kein Leid geschieht.“ Sie holte die braune Kutte aus dem Schrank, warf
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