Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Sog der Sinnlichkeit

Im Sog der Sinnlichkeit

Titel: Im Sog der Sinnlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
mich nicht einschüchtern und mir erzählen, es sei zu beschwerlich, über Gesteinsbrocken zu klettern. Sie werden feststellen, dass ich robuster bin als die meisten Frauen, die Sie kennen.“
    „Das kann ich mir vorstellen“, murmelte er. „Nun gut. Aber Sie bleiben hinter mir.“
    „Natürlich“, sagte sie.
    „Sie lügen, nicht wahr?“
    „Natürlich“, wiederholte sie. „Besser Sie folgen mir.“
    Er fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar. Es war dunkel, leicht gelockt und schimmerte seidig, und sie fragte sich, wie es sich wohl anfühlen mochte. „Sie können einen Mann wirklich in den Wahnsinn treiben“, sagte er seufzend.
    Sie kam mit einem süßen Lächeln auf die Füße. „Dann habe ich mein Ziel ja erreicht. Warum packen Sie die Sachen nicht zusammen, und ich schaue mich in den Ruinen um? Das wäre nur fair, da ich die Tafel gedeckt habe.“
    Er sprang elastisch auf die Füße und eilte hinter ihr her. „Das kann warten.“ Er nahm sie beim Arm in einer scheinbar höflichen Geste, wäre der Druck seiner Hand nicht unnötig fest gewesen. Und gemeinsam näherten sie sich den verkohlten Ruinen des Herrenhauses.
    Eigentlich sollte er ungehalten und gereizt sein, stattdessen hatte Benedick Mühe, sein Lächeln zu verbergen. Sie hatte ihn beleidigt, herausgefordert und ihm sogar gedroht. Zu allem Überfluss hatte sie ihn einem Meer von Tränen ausgesetzt. Er hasste Tränen, hielt sie für Arglist, die Frauen einsetzten, um Männern ihren Willen aufzuzwingen.
    Allerdings schienen ihre Tränen echt gewesen zu sein. Melisande wünschte sich offenbar tatsächlich ihren mürrischen vergreisten Ehemann zurück, so verwunderlich diese Vorstellung auch sein mochte. Sie schien außerdem tatsächlich zu glauben, nicht an den Wonnen der Fleischeslust interessiert zu sein, obgleich sie auf seine Berührungen bereitwillig reagiert hatte.
    Sollte sie sich ihre Illusionen getrost bewahren und glauben, sie sei ein kalter Fisch, auch wenn sie innerlich brannte. Solange sie davon überzeugt war, dass Enthaltsamkeit ein erstrebenswertes Ziel für sie war, umso fester wurde sein Vorsatz, sich zurückzuhalten und die Finger von ihr zu lassen. Ihm war ohnehin schleierhaft, was ihn an ihr faszinierte. Jedenfalls wollte er sie so schnell wie möglich zu ihrer schnatternden Gänseschar zurückbringen, um der Versuchung nicht zu erliegen, sie eines Besseren über das Reich erotischer Freuden zu belehren.
    Zu seinem Erstaunen ließ sie sich von ihm auf dem beschwerlichen Weg durch Gesteinsbrocken und verkohlte Balken in der Ruine führen.
    Nicht einmal Ratten hätten sich in dieser Verwüstung häuslich eingerichtet. Das Feuer hatte das uralte Haus gründlich zerstört, nur die Außenmauern und die Kamine waren erhalten geblieben. Melisande blieb unter dem rußgeschwärzten Bogen des einstigen Portals stehen und schüttelte mutlos den Kopf. „Ich glaube kaum, dass sich nach der Feuersbrunst ein Mensch hierher verirrt hat“, sagte sie.
    „Ganz meine Meinung. Können wir nun …“
    „Was ist da drüben?“ Sie wies zu einem kleinen Haus in einiger Entfernung hinüber. Das Dach war teilweise verbrannt, aber die Mauern wirkten unversehrt. Hinter den Fenstern waren sogar Vorhänge zugezogen.
    „Keine Ahnung. Vielleicht wohnte der Gärtner oder ein Wildhüter in dem Cottage. Oder es diente als Wirtschaftsgebäude. Das Waschhaus hätte vermutlich mehrere Kamine. Vielleicht wurde es auch von der Wirtschafterin bewohnt, aber Hauspersonal ist meist im Dienstbotentrakt des Haupthauses untergebracht. Falls Sie vermuten, der Satanische Bund trifft sich dort, so irren Sie. Erstens wäre es viel zu klein für eine Orgie, und zweitens wollen die Herrschaften nicht auf ihren gewohnten Luxus verzichten; sie lieben bequeme Betten, geheizte Gästezimmer, reich gedeckte Tafeln und Wein im Überfluss. Man würde sich niemals mit der Enge eines Gesindehauses abfinden.“
    „Wenn Sie gestatten“, sagte sie und marschierte bereits los.
    Wohl oder übel sah er sich gezwungen, ihr fluchend zu folgen. „Warten Sie!“ Eine böse Ahnung beschlich ihn. Sie hatte bereits den Griff der Tür des verlassenen Cottages in der Hand, als er sie einholte und sie am Arm festhielt. „Ich gehe zuerst.“
    Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, gab das Erdreich unter ihren Füßen nach. Er sah Melisande fallen, warf geistesgegenwärtig die Arme um sie und stürzte mit ihr tief und tiefer in die Dunkelheit.

16. KAPITEL
    I m Sturz gelang es Benedick

Weitere Kostenlose Bücher