Im Sog der Sinnlichkeit
das der einzige Grund?“
Melisande dachte an Rohans Mund, seine heißen Zungenküsse, seine Hände unter ihren Röcken, seine intimen Berührungen, die sie erregt und berauscht hatten. Um diese Gedanken zu verdrängen, schüttelte sie den Kopf. „Ja, das ist es.“
„Aha, das ist es also“, wiederholte Emma tonlos. „Ich habe keine Einwände gegen eine Affäre oder dagegen, dass du dich wieder verheiratest, vorausgesetzt, du findest einen guten Mann. Aber Viscount Rohan ist mit Sicherheit kein guter Mann.“
„Ich habe nicht die Absicht, ihn zu heiraten. Ich dachte nur, ich könnte … mit ihm vögeln.“
„Grundgütiger, woher hast du diesen Ausdruck?“
„Von dir. Es scheint mir die treffende Bezeichnung zu sein. Ich könnte auch bumsen sagen oder sogar f…“
„Hör auf!“
Melisande schmunzelte. „Jedenfalls würde ich es nicht Liebe machen nennen, denn mit Liebe hat es absolut nichts zu tun.“
„Denkst du denn, Viscount Rohan wäre dafür zu haben? Ich hatte nämlich den Eindruck, er will gebührende Distanz zu dir wahren.“
Ein Stich des Zweifels durchbohrte Melisande. „Meinst du, er will nichts von mir wissen?“
Emma rührte lange in ihrer Teetasse. „Er begehrt dich“, sagte sie schließlich. „Ich kenne mich mit Männern aus, und Rohan begehrt dich. Aber ich zweifle sehr stark daran, dass er dir gut tut. Wieso nimmst du dir nicht einen anderen? Du kennst doch andere Herren, die du charmant findest.“
„Ich finde Rohan keineswegs charmant“, entgegnete Melisande im Brustton der Überzeugung, wollte jedoch nicht näher darauf eingehen, was sie an ihm fand.
„Nein, das ist er weiß Gott nicht. Allerdings wirkt er sehr verführerisch auf dich. Gibt es nicht einen anderen, weniger … gefährlichen Mann?“
Melisande überlegte, stellte sich die Herren vor, die sie bei den Elsmeres kennengelernt hatte oder denen sie im Park begegnet war. „Tja, da wäre noch Harry Merton. Er sieht gut aus, allerdings kichert er ständig …“
„Nein!“ Emmas Ablehnung kam so schnell und scharf, dass Melisande erschrak.
„Wieso nicht? Auf mich wirkte er harmlos, allerdings auch ein wenig einfältig.“
„Wie auch immer. Ich rate dir nur, dich möglichst von Mr Merton fernzuhalten. Im Vergleich zu Harry Merton ist Rohan ein Unschuldslamm.“
„Ich glaube, wir sprechen nicht von ein und demselben Mann“, entgegnete Melisande zweifelnd. „Mr Merton ist charmant und ziemlich töricht. Ich bin sicher, er könnte keiner Fliege etwas zuleide tun.“
„Vielleicht irre ich mich.“ Emmas Lächeln wirkte angestrengt. „Aber höre wenigstens diesmal auf mich. Wenn du schon eine Affäre haben willst, nimm in Gottes Namen Viscount Rohan. Aber bitte verliebe dich nicht in ihn.“
Melisande lachte schallend. „Das, liebste Emma“, sagte sie, „wäre völlig idiotisch.“
„Ja, das wäre es. Allerdings neigen Frauen leider zu der Annahme, sie müssten verliebt sein, um Genuss im Bett zu empfinden. Ich möchte dich nur davor warnen, in diese Falle zu tappen. Er liebt dich nicht. Dieser Mann ist nicht fähig, etwas für dich oder irgendeine andere Frau zu empfinden. Ich möchte nicht, dass er dir das Herz bricht.“
„Pah! Mein Herz ist gegen solche Anwandlungen gefeit. Wenn ich keinen Gefallen daran finde, ziehe ich mich einfach zurück. Im Übrigen habe ich ohnehin keine großen Erwartungen und beende die Affäre, ehe er mich fallen lassen kann. So halten es Männer doch mit ihren Mätressen, nicht wahr? Sie schicken sie fort.“
„Du könntest auch ihn fortschicken.“
„Genau das werde ich tun. Ich benutze ihn und vergesse ihn dann“, prahlte sie und glaubte auch noch selbst daran. „Und heute Abend beginnt das Spiel.“ Sie erhob sich und unterdrückte ein Stöhnen, als ihr ein stechender Schmerz ins Bein fuhr. „Jetzt sollte ich mir ein passendes Kleid aussuchen. Ich nehme nicht an, dass eines der Mädchen …“
Wie aufs Stichwort stürmte die Schar in den Salon. Raffaella trug ein Kleid über dem Arm, das aussah wie eine Wolke durchsichtiger Schleier. Die anderen brachten Schatullen mit Haarschmuck und Schminktöpfchen.
„Wie ich sehe, habt ihr wieder mal an der Tür gelauscht“, stellte Emma gleichmütig fest.
„Natürlich haben wir gelauscht“, flötete Violet und erntete einen strafenden Blick von Sukey.
„Wir haben beschlossen, ein ernstes Wort mit Ihnen zu reden, Lady Carstairs.“ Sukey, die ungeachtet ihrer Vergangenheit als Mätresse des Bischofs, der sie
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