Im Sog der Sinnlichkeit
fiebernden Unruhe. Der Gedanke, den Abend zu Hause zu verbringen, wurde unerträglich, und irgendwann log sie Emma Cadbury ins Gesicht.
„Ich habe Rohan meine Zusage gegeben, ihn heute Abend beim Ball der Worthinghams zu treffen“, erklärte sie unverfroren. „Ich weiß, dir wäre es lieber, wenn ich nicht ausginge, und ich verstehe deine Bedenken, ihn in der Bury Street aufzusuchen. Aber du musst zugeben, gegen ein Treffen in der Öffentlichkeit ist nichts einzuwenden, zumal ich Miss Mackenzie bitte, mich zu begleiten, um keinen Anlass zu Kritik zu riskieren.“
Emma sah sie argwöhnisch an. „Allein Rohans Begleitung ist bereits unschicklich.“
„Unsinn. Ich bin kein junges Mädchen. Ich bin Witwe, für mich gelten andere Regeln.“ Zumindest war sie sich dessen relativ sicher. „Er wird mich nach Hause bringen. Du weißt selbst, auf welche lächerliche Weise er versucht, mich zu beschützen.“
Emma senkte den Blick. „Und ich frage mich, warum.“
„Oh, wahrscheinlich ist er wahnsinnig verliebt in mich“, entgegnete Melisande leichthin, „und kann sich kaum von mir trennen.“ Sie lachte gekünstelt.
„Ist das dein Wunschdenken?“
„Gütiger Himmel, nein! Das war nur ein Spaß. Er ist lediglich herrisch und anmaßend. Oder denkst du, dieser arrogante Mensch könnte je treu sein?“
„Nein.“
Melisande stutzte einen Moment, bevor sie beschwingt fortfuhr: „Er sorgt nur dafür, dass mir in seinem Beisein niemand zu nahe tritt. Und er will verhindern, dass ich die Gesellschaft mit meinen unverblümten Reden gegen mich aufbringe, wovon er offenbar überzeugt ist.“ Melisande strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Mach dir bitte keine Sorgen, Emma. Er wird mich wohlbehalten nach Hause bringen.“
„Bist du sicher, dass dies dein Wunsch ist?“
„Natürlich“, antwortete sie prompt und glaubte es auch. Bis ihr die Erinnerung durch den Sinn schoss, wie er auf ihr gelegen hatte, zwischen ihren Beinen, und sofort verstärkte sich die Hitze ihrer Haut und das Pochen zwischen ihren Schenkeln.
„Weißt du, ich glaube dir einfach nicht“, sagte Emma nach einer Weile. „Ich glaube vielmehr, dass du weit mehr an Lord Rohan interessiert bist aus Gründen, die absolut nichts mit dem Satanischen Bund zu tun haben. Und ich muss dich ernstlich davor warnen. Das könnte sehr gefährlich für dich werden.“
„Gefährlich? Wieso? Denkst du, er will mich ermorden?“
„Er wird dir das Herz brechen“, entgegnete Emma trocken. „Er ist ein Frauenheld. Du hast zu lange aus dem Gesellschaftsleben zurückgezogen gelebt, um das erkennen zu können. Aber ein Frauenheld ist unwiderstehlich. Und ich fürchte, du bist dabei, ihm zu erliegen.“
Melisande blickte die Freundin über den Teetisch hinweg lange an. „Nun, um ehrlich zu sein“, begann sie vorsichtig, „spiele ich mit dem Gedanken, eine Affäre mit Viscount Rohan zu beginnen.“
Im Begriff, Tee nachzugießen, ließ Emma die Kanne fallen, eine Tasse zerbrach klirrend, heißer Tee ergoss sich über das Tischtuch. „Verdammter Mist!“, entfuhr es ihr, während sie versuchte, Tee und Milch mit der Serviette aufzuwischen. „Was hast du gesagt?“
„Du hast es doch gehört.“ Melisande griff nach einem feucht gewordenen Keks. „Ich dachte, ich fange eine Affäre mit Rohan an.“
„Hast du den Verstand verloren?“
„Sei nicht so engstirnig, Emma. Du hast doch behauptet, man könne auch Vergnügen mit einem Mann im Bett haben, und ich finde es an der Zeit, mich davon zu überzeugen. So, wie die Mädchen über ihn reden, hat Rohan in dieser Hinsicht einiges zu bieten und soll sogar dafür sorgen, dass seine Bettgenossinnen Freude an der Sache haben. Er scheint mir die richtige Wahl zu sein.“ Sie beglückwünschte sich im Stillen zu ihrer Wortwahl und ihrem sachlichen Tonfall.
Emma starrte sie verblüfft an. „Verstehe … Und wieso kommst du plötzlich auf diese Idee? Bis vor Kurzem hast du noch alle Männer strikt abgelehnt.“
Melisande nahm sich zwei weitere Kekse, bevor sie völlig aufgeweicht waren. „Richtig. Aber ich sehe darin so etwas wie ein Experiment. Ich habe einige Erfahrungen gemacht mit meinem um Jahre älteren Ehemann, den ich sehr schätzte, und später mit einem jungen Mann, in den ich glaubte, verliebt zu sein, ohne dabei etwas anderes zu empfinden als Ekel und Abscheu. Nun will ich es mit einem Experten versuchen, und wenn ich auch diesmal keinen Gefallen daran finde, lasse ich es endgültig sein.“
„Ist
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