Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
Vom Netzwerk:
Jeannette. »Das stimmt doch, Pierre?«
    Der Kleine nickte. »Ich habe meinen Bruder noch nie gesehen.«
    Mrs. Faraday band die Vorhänge zurück. »Master John kann ein echter Schurke sein.« Offenbar redete sie für ihr Leben gern. »Außerdem hat er einen schlechten Einfluss auf die Kinder und bringt ihnen immer allerlei Unarten bei.« Ein Blick auf Yvette sollte diesen Satz unterstreichen. Dann deutete sie auf das Tablett. »Was soll ich damit machen, Miss? Essen Sie das noch auf?«
    »Nein, danke. Sie können es gern mitnehmen.«
    Yvette erspähte das Tablett. »Also haben Sie uns doch Kekse geholt! Wir haben gewartet und gewartet, aber Sie sind nicht zurückgekommen.«
    Charmaine registrierte Mrs. Faradays gerunzelte Brauen sehr genau. »Es hat eine Weile gedauert, bis die Milch warm war. Als ich zurückkam, habt ihr beide fest geschlafen.«
    »Und dann haben Sie die Kekse selbst gegessen?«
    »Nein. Ich meine … ich habe sie nicht alle gegessen.«
    Mrs. Faraday runzelte die Stirn, sagte aber nichts, als sie das Tablett nahm und hinausging.
    »Los, Mademoiselle, beeilen Sie sich. Wir wollen Johnny unbedingt sehen, bevor er womöglich das Haus verlässt!«
    »Na gut«, sagte Charmaine. Am besten brachte sie es hinter sich.
    Die Kinder liefen ins Spielzimmer, während Charmaine sich wusch, ihr Haar kämmte und zu einem festen Knoten aufsteckte. Als sie ein Kleid aus dem Schrank nahm, bemerkte sie, dass ihr Herz klopfte. Sie holte tief Luft. Was würde Mrs. Harrington an ihrer Stelle tun? Vermutlich war die Sache gar nicht so schlimm, wie sie aussah. Wenn sie sich vorstellte, wie es sich gehörte, und ihn mit einem Lächeln begrüßte, konnten sie noch einmal ganz von vorn beginnen. Sie dachte an Joshua Harringtons Meinung über John Duvoisin und schnitt eine Grimasse. Es half alles nichts, sie musste dem Mann gegenübertreten. Im Grunde schuldest du ihm nichts , sagte sie sich und stöhnte. Nichts außer Respekt .
    Sie schloss gerade den letzten Knopf, als gegen die Tür gehämmert wurde. »Schon gut, schon gut, ich komme ja«, rief sie, und als sie öffnete, stolperten die drei Kinder fast gleichzeitig herein und stürmten durch die andere Tür hinaus in den Flur.
    »Worauf warten Sie noch?«, rief Yvette über die Schulter zurück. »Na los, Mademoiselle! Schneller!«
    Charmaine folgte den Kindern, doch als sie die oberste Treppenstufe erreichte, waren die Zwillinge schon weit voraus. Der kleine Pierre hatte Mühe, ihnen auf seinen kurzen Beinchen zu folgen. Trotz aller Aufregung kam Jeannette noch einmal zurück, nahm ihren kleinen Bruder an der Hand und half ihm die letzten Stufen hinunter. Dann waren die Kinder fort, und Charmaine konnte nur am Widerhall ihrer Schritte erahnen, wohin sie rannten. Eilig raffte sie ihre Röcke und lief ihnen nach, weil sie zusammen mit den Kindern das Speisezimmer betreten wollte. Aber sie kam zu spät. Im Korridor vernahm sie bereits den einstimmigen Freudenschrei.
    » Johnny! «
    Der Klang des Namens erschütterte sie bis ins Mark. Offenbar saß John Duvoisin allein am Tisch. Aber selbst wenn das nicht der Fall war, würde er sich vermutlich einen Spaß daraus machen, sie zu verspotten. Sie war auf das Schlimmste gefasst, doch zu ihrer großen Erleichterung sah sie, dass er der Tür den Rücken zukehrte. Sie konnte sich also in Ruhe mit der Lage vertraut machen, ohne dass er sie bemerkte. Er saß auf Pauls Platz, hatte die Füße auf Georges Stuhl gelegt, und die Kinder belagerten ihn von allen Seiten. Jenanette thronte auf seinem Schoß, Pierre lehnte an seinem linken Bein und grinste zu seinem großen Bruder empor, während Yvette an seinem rechten Arm hing. Ein Blick in die Gesichter der Zwillinge offenbarte Charmaine, dass sie die Liebe der Mädchen zu ihrem großen Bruder unterschätzt hatte. Noch erstaunlicher fand sie allerdings, dass der Mann die Gefühle der Kinder zu erwidern schien, den Zwillingen aufmerksam zuhörte und Pierre zärtlich über den Rücken streichelte.
    »Wo sind unsere Geschenke?«, fragte Yvette ohne große Umschweife.
    »Geschenke?«, fragte John. »Welche Geschenke? Ich habe keine Geschenke mitgebracht.« Er hatte eine dunkle, angenehm frische Stimme.
    »Wirklich? Und warum hast du Jeannette dann zugezwinkert?«
    »Ich habe überhaupt nicht gezwinkert. Ich hatte etwas im Auge.«
    So leicht ließ Yvette sich nicht täuschen. »Und was ist in dem großen Sack unter dem Tisch?«
    »Du hast vielleicht scharfe Augen.« Er lachte. Das leise Glucksen

Weitere Kostenlose Bücher