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Im Sommer der Sturme

Im Sommer der Sturme

Titel: Im Sommer der Sturme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gantt DeVa
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wäre beinahe gefallen. Starr vor Schreck drückte sie sich mit dem Gesicht an die Hauswand. Auf dem Bett lag jemand … John! Als sie sich wieder beruhigt hatte, musste sie kichern. Sie benahm sich wie eine Närrin. John war allein, und ihre Vermutungen waren falsch gewesen.
    Doch wo sollte sie jetzt suchen? Sie durchquerte ihr Schlafzimmer und suchte den nördlichen Flügel ab, dann ging sie über die Personaltreppe hinunter in die Küche – aber nirgendwo eine Spur von Yvette. Leise öffnete sie die Tür zum Speisezimmer, wo Anna und Felicia den Tisch deckten. Ohne auf die fragenden Blicke der Mädchen zu achten, durchquerte sie den Raum, als ob nichts gewesen wäre, und betrat die Bibliothek. Aber auch hier war niemand. Von Minute zu Minute wurde sie unruhiger und befürchtete, dass ihre erste Annahme doch richtig sein könnte: Irgendwie hatte Yvette es geschafft, sich in Johns Zimmer zu schleichen.
    Als letzte Hoffnung betrat Charmaine den Wohnraum, umrundete das Piano, die beiden Sofas, die hochlehnigen Sessel und zuletzt den Teetisch. Sie spähte sogar hinter die Vorhänge, aber nirgendwo eine Spur von Yvette. Es blieb noch der Tisch mit der bodenlangen Spitzendecke nahe der französischen Türen. Sie bückte sich gerade, als eine kühle Stimme sie innehalten ließ.
    »Suchen Sie etwas, Mademoiselle?«
    Blitzartig schoss Charmaine in die Höhe, sodass sie fast den Tisch umgestoßen hätte.
    Mit verschränkten Beinen lehnte John Duvoisin in lässiger Haltung am Türrahmen zum Foyer und grinste über das ganze Gesicht. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Wangen von Bartstoppeln bedeckt, und das Gesicht war rötlich verfärbt. Sein unsteter Blick schien ihm nicht bewusst zu sein.
    »Sie hätten sich nicht so schnell aufrichten müssen. Ihr Hinterteil ist eine Augenweide, wie man sie nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Ausgenommen neulich Nacht, natürlich.«
    Charmaine errötete, aber eher aus Zorn als aus Scham.
    Johns Grinsen wurde breiter. »Was suchen Sie denn so verbissen, meine Liebe? Vielleicht kann ich Ihnen ja helfen? Und wenn nicht, so würde mir auch etwas Besseres einfallen.« Seine Blicke schweiften kurz durch den Raum, dann musterte er ihren Körper so schamlos von Kopf bis Fuß, dass Charmaine sich zutiefst beleidigt fühlte.
    Sie ließ sich jedoch nichts anmerken, sondern ging zielstrebig auf die Tür zur Halle zu. Aber John trat nicht zur Seite, sondern stützte die Hand gegen den Türrahmen und versperrte ihr so den Weg.
    »Noch einen Augenblick, Mademoiselle«, sagte er in gereiztem Ton. »Sie haben die Frage noch nicht beantwortet. Hat der Wind vielleicht einen Brief unter den Tisch geweht, den Sie unbedingt aufheben und lesen müssen?«
    Er rechnete mit einer wütenden Entgegnung und war sichtlich überrascht, als Charmaine einfach den Kopf einzog und unter seinem Arm hindurch ins Foyer schlüpfte. Als er herumfuhr, war sie bereits am Fuß der Treppe, doch sein leises Lachen folgte ihr die Stufen hinauf.
    In der Sicherheit ihres Schlafzimmers machte sie sich Vorwürfe, dass sie wie ein erschrockenes Kind davongelaufen war. Schlimmer noch, wie eine Schuldige. Sie hätte ihm die Stirn bieten sollen. Sie stampfte wütend auf. »Oh, dieser elende, dieser fürchterliche Mensch!«
    In der Hoffnung auf ein Wunder ging sie nach nebenan ins Kinderzimmer, doch sie wurde enttäuscht.
    Jeannette sah vom Buch auf. »Haben Sie Yvette gefunden?«
    »Nein«, antwortete Charmaine in leiser Verzweiflung und merkte kaum, dass Pierre zu ihr kam und sie umarmte. »Hast du vielleicht eine Idee, wo sie sein könnte?«
    Jeannette schüttelte den Kopf, und Charmaine ging unruhig auf und ab. In kürzester Zeit würde sich ihr Elend im Haus herumgesprochen haben, und sie ahnte schon die Vorwürfe der Hausherrin, sollte man Yvette irgendwo finden, wo sie nichts zu suchen hatte. Als es völlig unerwartet an der Tür klopfte, setzte ihr Herzschlag für eine Sekunde aus. War das vielleicht schon Agatha?
    Charmaine krümmte sich vor Sorge, als Yvette ins Zimmer hüpfte, aber vor der Tür stand nicht Agatha, sondern John.
    »Ich liefere mein Fundstück dort ab, wohin es um diese Zeit gehört«, sagte er. »Offenbar haben Sie nach ihr gesucht?«
    »Richtig«, sagte Charmaine knapp. »Vielen Dank.«
    Als sie die Tür ohne weiteren Kommentar ins Schloss werfen wollte, fing er sie mit der Hand ab und grinste. »Bevor Sie mich aussperren, möchte ich noch kurz mit Ihnen sprechen.«
    »Das Vergnügen hatten wir doch

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