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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Augen für seine Frau. Er kniete in seinem halb zugeknöpften Hemd neben dem Bett. Niemand außer Jessica schien sich an Calebs halboffener Kleidung zu stören, als er sich zu Willow hinunterbeugte, leise mit ihr redete, ihr Haar streichelte und sie mit solch unbeschreiblicher Zärtlichkeit anlächelte, daß Jessica Tränen in sich aufsteigen fühlte.
    Als die nächste Wehe einsetzte, war es Calebs Hand, an der Willow sich festklammerte. Sie gab sich alle Mühe, nicht laut aufzuschreien, aber ein heiseres Keuchen konnte sie nicht unterdrücken.
    »Na los«, sagte Caleb, »du kannst ruhig schreien, fluchen oder weinen. Was immer am besten hilft.«
    Willow schüttelte den Kopf.
    Als die Wehe vorbei war, suchte Jessica nach dem Lederriemen, den Willow unter der Bettdecke versteckt hatte. Sie legte den Gurt neben Willow auf die Decke.
    »Ich habe das hier besorgt, weil ich genau weiß, daß du es brauchen würdest«, sagte Jessica. »Wenn du nicht jammerst und den Riemen nicht benutzen willst, werde ich Caleb sagen, daß er gehen soll. Das letzte, worüber du dir jetzt den Kopf zerbrechen solltest, ist dein Mann und ob er deine Schmerzensschreie ertragen kann. Er hat zu verantworten, daß das Kind in deinem Körper ist. Er muß genauso wie du lernen, den schmerzhaften Teil der Geburt durchzustehen.«
    Stummer Protest zeichnete sich auf Willows Gesicht ab.
    Caleb küßte seine Frau und sagte so leise etwas zu ihr, daß Jessica es nicht hören konnte.
    »Ich wollte nicht, daß du dir Sorgen machst«, sagte Willow. »Liebster, du bist ja schon besorgt, wenn ich mich beim Kochen verbrühe.«
    Er ergriff ihre Hände und küßte sie zärtlich. Dann nahm er den ledernen Riemen. Die Spuren ihrer Zähne waren deutlich zu erkennen. Seine Finger krallten sich um das dunkle Stück Leder.
    »Wenn ich es dir abnehmen könnte, würde ich keinen Moment zögern«, sagte er heiser.
    »Ich weiß. Es hilft schon, wenn du hier bist.«
    Es war die Wahrheit.
    Trotz der Heftigkeit der Wehen konnte Jessica erkennen, wie sich die tiefen Falten der Anspannung in Willows Gesicht bereits zu glätten begannen. Als Caleb sich über seine Frau beugte und ihr etwas zuflüsterte, leuchtete ein Ausdruck der Liebe in ihren Augen und ihrem Gesicht auf.
    Doch dann mußte sie sich wieder ganz auf die Anforderungen der Geburt konzentrieren. Caleb spürte genau, wie ihre Muskeln sich anspannten. Ohne ein Wort zu verlieren, hielt er ihr den Gurt hin. Sie nahm ihn in genau dem Moment zwischen die Zähne, in dem sich ihr ganzer Körper erneut unter einer Wehe aufbäumte.
    Danach gab es nichts weiter zu tun, als Willow hier und da zur Hand zu gehen, während sie die schwere Arbeit verrichtete, die dazu nötig war, neues Leben in die Welt zu setzen. Während die Geburt ihren natürlichen Verlauf nahm, betete Jessica im stillen inbrünstig darum, daß nicht alles umsonst sein würde; all die schrecklichen Schmerzen und das Blut, die Qualen, die sich auf Calebs Gesicht abzeichneten und Zeugnis davon ablegten, wie sehr er die Frau liebte und sich um sie sorgte, die in diesen Augenblicken sein Kind zur Welt brachte.
    Schließlich folgten die Wehen so kurz aufeinander, daß Willow zwischendurch keine Zeit mehr blieb, um sich zu erholen. Keuchend, schwitzend und wie benommen versuchte sie Caleb anzulächeln, bevor sie erneut von einer Wehe ergriffen und fortgetragen wurde.
    »Wie lange noch?« fragte er Jessica ängstlich.
    »So lange, wie das Baby braucht.«
    »Sie hält das nicht mehr lange aus.«
    »Du würdest dich wundern, wenn du wüßtest, wieviel eine Frau aushält.«
    Und sie sollte recht behalten.
    In den letzten Zügen der Geburt entwickelten Willows Hände eine Kraft, die selbst Caleb überraschte. Auf seinen Händen, die von schwerer körperlicher Arbeit gestählt waren, hinterließen ihre Finger große, blaue Flecke, die er zuerst nicht einmal bemerkte. Alles, was er im Sinn hatte, war Willows Wohlergehen und wie er ihr zusätzlich Erleichterung verschaffen konnte.
    Die Schreie des Babys kamen für alle unerwartet.
    »Du hast einen Sohn«, rief Jessica. Sie weinte und lachte gleichzeitig. »Einen wunderbaren, quicklebendigen kleinen Sohn mit einem roten Gesicht!«
    Willow lächelte glücklich und schloß die Augen. Die Welt versank um ihren Sohn und ihren Mann, der ihr voller Dankbarkeit einen heißen Kuß auf die Handfläche drückte.
    Trotz der Freudentränen, die Jessica herunterliefen, gelang es ihr, die Nabelschnur zu durchschneiden und zu verknoten.

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