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Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Rücksicht auf ihr Wohlergehen nahm. Doch auch in dieser Hinsicht hatte Jessica keinen Zweifel an Willows Gefühlen. Sie zuckte nicht zusammen, wenn ihr Mann sie berührte. Vielmehr suchte sie den Kontakt zu ihm, indem sie sich unbemerkt neben ihn stellte, wenn er Holz aufs Kaminfeuer nachlegte.
    »Bist du sicher, daß du so zu deinem Spitznamen gekommen bist?« fragte Wolfe vorsichtig.
    »So ungefähr jedenfalls«, sagte Reno.
    »Ich glaube, da liegst du ziemlich daneben«, entgegnete Wolfe.
    Während Wolfe sich mit ihm unterhielt, nahm er sich gleich mehrere Brötchen aus dem Korb, bevor er ihn weiterreichte. Nachdem er die ganze Woche über Gelegenheit hatte zuzusehen, wie unverschämt gierig die beiden Brüder von Willows Brötchen nahmen, hatte er begriffen, daß man hier erst zugreifen und sich hinterher über gute Tischmanieren den Kopf zerbrechen sollte.
    »So wie man es mir erzählt hat«, sagte er und riß ein Stück von seinem Brötchen ab, das so frisch war, daß es noch dampfte, »hatte der alte Franzose eine ergiebige Goldader gefunden und mit dem Schürfen angefangen. Als die Ader fast vollkommen ausgebeutet war, überfielen ihn vier Männer, schlugen ihn zusammen, ließen ihn halb tot zurück und machten sich mit seinem Gold aus dem Staub.«
    Überrascht schaute Jessica auf, als sie den Unterton der Belustigung in seiner Stimme hörte. Doch da war noch etwas anderes. Es dauerte einen Moment, bis sie wußte, was es war. Es war Sympathie. Was Wolfe und Reno miteinander verband, war tiefe Freundschaft, genau wie bei Reno und Rafe. Auch Caleb war darin mit eingeschlossen. Der gegenseitige Respekt der Männer untereinander war deshalb so bemerkenswert, weil er nicht auf ihrem Familienstammbaum, dem guten Namen oder der gesellschaftlichen Stellung beruhte, sondern auf der festen Überzeugung, daß jeder einzelne von ihnen diese Freundschaft verdiente.
    »Du hast den alten Franzosen gefunden und ihn wieder zusammengeflickt. Und dann hast du die Ganoven aufgespürt«, fuhr Wolfe fort.
    »Du bist in den Saloon gekommen, hast sie als Diebe und Feiglinge beschimpft und noch ein paar andere Worte benutzt, die man hier beim Essen nicht wiederholen kann. Dann hast du von ihnen verlangt, daß sie das Gold wieder zurückgeben, das sie aus >Renos Rache< hatten mitgehen lassen. Und da haben sie nach ihren Waffen gegriffen.«
    Als Wolfe weiter nichts sagte, fragte Jessica ungeduldig: »Und was ist dann passiert?«
    Wolfes Lächeln war kühl und hart wie Stahl. »Soweit ich weiß, hat Reno gewartet, bis sie die Hand an der Waffe hatten und ziehen wollten. Dann hat er gezogen. Die ersten beiden Ganoven hatten nicht einmal mehr Gelegenheit, ihre Waffe aus dem Holster zu bekommen. Die anderen hatten wohl noch Zeit zu ziehen, aber nicht mehr genug, um auch nur einen einzigen Schuß abzufeuern.«
    Jessica warf Reno einen entsetzten Blick zu. Er war gerade dabei, sich ein kompliziertes Muster aus Honig aufs Brötchen zu gießen. Er hatte anscheinend nicht weiter auf die Unterhaltung geachtet.
    »Danach fingen die Leute an, sich die Geschichte von Renos Rache und dem Mann zu erzählen, der schießen konnte wie der Teufel persönlich«, sagte Wolfe abschließend. »Schon bald wußte jeder, wer Reno war; ein Mann, der einem zu Hilfe kam, wenn man in einem Pokerspiel mit gezinkten Karten ausgenommen werden sollte; ein Mann, der keinen Streit suchte, aber auch keinen Schritt zurückwich, wenn jemand Ärger machen wollte. Was ich hörte, hat mir gut gefallen, und so bin ich losgeritten, um mir diesen Reno mal persönlich anzusehen.«
    Als Reno sich umdrehte, um Wolfe zu antworten, stahl sich Jessica schnell eins der Brötchen von Renos Teller. Rafe hatte es gesehen, zwinkerte ihr zu und reichte ihr den Honig. Jessica lächelte und betrachtete Reno von der Seite. Sie wußte genau, daß der kleine Diebstahl seinen wachen grünen Augen nicht entgangen war. Außerdem war ihr vollkommen klar, daß er sich das Brötchen in Sekundenschnelle wieder hätte zurückholen können. Von allen Männern, die ihr jemals begegnet waren, hatte Reno die besten Reflexe.
    »Reicht mal die Brötchen herüber«, sagte Reno. »Eine gewisse Person mit roten Haaren hat meins geklaut.«
    »Sie will nur verhindern, daß du zu dick wirst«, sagte Rafe, ohne sich anmerken zu lassen, wie sehr er sich amüsierte.
    »Dann sollte sie deine Brötchen vielleicht auch gleich essen. Noch ein paar Tage mit Willys Kochkünsten und das einzige, was du dir noch um den Bauch

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