Im Sturm der Gefuehle
lange an sich, wie sie konnte, und erst, als der Raum in ihr Anzeichen von Klaustrophobie hervorrief, sagte sie: »Nun, was ist?«
Ives schüttelte den Kopf und setzte sich mit offenkundiger Erschöpfung auf das kleine grüne Ledersofa, das an einer der getäfelten Wände stand. »Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich warten, bis Emerson wieder kommt, um eine Unterbrechung des Gespräches zu vermeiden.«
Sophy blieb fast das Herz stehen. War er zu der Einsicht gelangt, dass ihre Ehe ein Irrtum war? Du lieber Gott! Dachte er womöglich an Scheidung? Eiskalt wie nie zuvor starrte Sophy ihn an, wobei ihr schmerzlich klar wurde, dass sie kein Leben ohne Ives Harrington wollte.
Emersons Erscheinen mit einem großzügig beladenen Tablett riss sie aus ihren unglücklichen Gedanken, und sie wartete ungeduldig, bis er Ives serviert hatte und wieder den Raum verließ. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, als sie auch schon fragte: »Nun, Mylord, könnte ich jetzt den Grund für diese Unterredung erfahren?«
Ives, der seine Tasse mit ganz schwarzem, heißem Kaffee absetzte, nickte. »Es geht um deinen Onkel - um seine Ermordung.« Er furchte die Stirn. »Und vielleicht um den Mord an Agnes Weatherby.«
Sophy atmete fast hörbar auf, als das Schreckgespenst Scheidung nicht mehr vor ihr spukte. Matt ließ sie sich in einen bequemen Ledersessel fallen.
Jetzt stand sie vor einem Rätsel. Was war letzte Nacht geschehen, das ihn bewog, unmittelbar nach seiner Rückkehr mit ihr ein Gespräch über Edward zu führen? Obwohl sie genau zu wissen glaubte, was er die ganze Nacht getrieben hatte, kam ihr ein unerwarteter Gedanke. War es möglich, dass er nicht die ganze Nacht gespielt und gezecht hatte? Konnte dieses plötzliche Verschwinden von zu Hause und seine übermüdete Rückkehr heute Morgen etwas mit Edwards Ermordung zu tun haben? Sie hätte es vorgezogen, da sie aber etliche Jahre mit einem liederlichen Schuft verheiratet gewesen war, hielt ihr Optimismus sich in Grenzen.
Dennoch konnte sie nicht an sich halten und fragte ihn vorsichtig: »Hat der Mord an Edward etwas mit deiner ... hm ... nächtlichen Abwesenheit zu tun?«
Ives lächelte müde. »Ich weiß es nicht. Deswegen führen wir dieses Gespräch.«
Sophy runzelte die Stirn und schenkte der kleinen Knospe Hoffnung, die sich in ihrer Brust entfaltete, keine Beachtung. Sie wollte sich von ihm nicht täuschen lassen. Simon hatte zu viele Tricks angewendet, als dass sie Ives' Worte für bare Münze genommen hätte.
»Nun gut«, sagte sie prosaisch und gegen ihren Willen neugierig. »Was möchtest du wissen?«
»Einfach so? Keine weiteren Fragen? Wirst du mir vertrauen?«
Scheinbar von einer Falte ihres hellrosa Kleides fasziniert, sah Sophy ihn nicht an, als sie sagte: »Ich bezweifle, ob du auch nur eine meiner Fragen beantworten würdest, wenn ich so töricht wäre, sie zu stellen. Und was das Vertrauen betrifft«, sie schaute auf und hielt ruhig seinem Blick stand, »nein, Mylord, ich vertraue Ihnen nicht. Aber ich gehe auf Ihr Spiel ein, bis ich mich überzeugt habe, dass es ein Spiel ist.«
Er lächelte schief. »Deine offene Sprache kann ich dir wohl nicht verübeln, oder, meine Liebe?«
»Wäre es dir lieber, ich würde mich verstellen?«, fragte sie kühl. »Ich kann es, wenn du willst.«
»Nein, ich bewundere deine Offenherzigkeit, doch wünschte ich, du würdest lernen, mir mehr zu trauen.« Er lächelte ihr seltsam zu. »Ich bin kein schlechter Mensch.«
Sophy, die sich wünschte, er würde nicht so attraktiv wirken, wie er ungeniert vor ihr auf dem Sofa lagerte, unterdrückte einen Seufzer. Seine Züge waren abgespannt und fahl nach der langen Nacht, doch die Müdigkeit machte sich gut auf seinen markanten Zügen und betonte sie eher, als dass sie deren Wirkung beeinträchtigt hätte. In seinen hellen grünen Augen lag ein Ausdruck, den sie bezwingender fand, als ihr gut tat. Seine langen Beine streckte er von sich, sein zerknittertes Hemd stand offen und enthüllte seinen Hals und seine lockige Brustbehaarung. Fast erschrak sie darüber, wie anziehend sie ihn fand.
Aufgebracht erhob sie sich. Indem sie überallhin schaute, nur nicht in seine Richtung, fing sie an, den kleinen Raum zu durchmessen. »Ich habe nie gesagt, du wärest schlecht. Auch Simon war nicht schlecht, sondern ein selbstsüchtiger Schuft, dem sein eigenes Wohlergehen und seine Wünsche über alles gingen. Ich gestehe dir sogar zu, dass du mich und meine Familie
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