Im Sturm der Gefuehle
einige Verdächtige eliminieren«, sagte Ives mit Entschiedenheit. Mit einem einschmeichelnden Blick fuhr er fort: »Sie haben natürlich keine Ahnung, wo man sich diese Information beschaffen könnte, wenn man sich nicht auf Sophys Gedächtnis verlassen möchte?«
Roxbury schnaubte. »Du weißt sehr gut, dass ich Marlowe und Scoville damals zumindest pro forma überwachen ließ.« Er hielt sich die Hand vor den Mund, um ein großes Gähnen diskret zu tarnen. »Ich werde ein paar alte Berichte durchgehen und sehen, was sich darin findet«, murmelte er und stand auf. »Und jetzt begebe ich mich wieder zu Bett, wenn du nichts dagegen hast.« Ein Blick in Ives' erschöpfte Züge, und er sagte: »Du wärest gut beraten, meinem Beispiel zu folgen.«
Zur Abwechslung war Ives nicht abgeneigt, den Rat zu befolgen. Nachdem er Roxbury verlassen hatte, begab er sich unverzüglich an den Berkeley Square. Als es sich zeigte, dass Sophy mit Freundinnen ausgefahren war, sah er keinen Grund, nicht zu Bett zu gehen. Er tat es und schlief ein, kaum dass sein Kopf das Kissen berührte.
Er schlief mehrere Stunden, und es war fast acht Uhr abends, als er erwachte und nach seinem Kammerdiener klingelte. Obwohl noch ein wenig müde, hatte er das Gefühl, sich wieder unter Menschen wagen zu können, nachdem er gebadet und sich umgezogen hatte. Nach einem herzhaften Mahl, das aus kurz gebratenem Lendensteak und Eiern bestand, war er bereit, hinunterzugehen und sich wieder der Welt zu präsentieren.
Von Emerson erfuhr er, dass Sophy wieder ausgegangen war. Sie dinierte mit den Offingtons und wollte anschließend mit ihnen ins Theater gehen und spät nach Haue kommen.
Sophy folgte nur den Gepflogenheiten vieler eleganter Damen, doch Ives gefiel das wenig, da er weit mehr von seiner Ehe erwartete als eine charmante Gefährtin und eine reizvolle Gespielin fürs Bett. Er wollte sein Leben mit Sophy teilen, und seiner Meinung nach bedeutete dies nicht, dass man lediglich unter einem Dach wohnte und einander nur begegnete, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Er seufzte. Er wusste, dass er unvernünftig war, er hatte ihr nie Grund zu der Annahme gegeben, er wolle etwas anderes. Solange er die Rolle des ausschweifenden Lebemannes spielen musste, war seine Chance gering, ihr zu verdeutlichen, was er sich unter einer Ehe vorstellte.
Doch zum ersten Mal, seitdem Meade sich letzte Nacht praktisch in Luft aufgelöst hatte, schöpfte Ives wieder Hoffnung, den Fuchs zur Strecke zu bringen. Wie er es bewerkstelligen wollte, wusste er noch nicht, doch baute er darauf, dass der Besitz der Rubinnadel eine mächtige Waffe war. Es galt nur, einen Weg zu finden, sie einzusetzen.
Während er badete und sich anzog, hatte er verschiedene Pläne erwogen, aber alle wieder verworfen. Die wahrscheinlichsten Kandidaten zu versammeln und sie einfach zu fragen, wem die Nadel gehörte, war wenig sinnvoll, da man den Besitzer der Nadel damit in die Deckung trieb, ehe man die Morde an Scoville und Miss Weatherby mit ihm in Verbindung bringen konnte. Und die Verbindung der Nadel mit dem Fuchs ... Ives runzelte die Stirn. Falls es ihm überhaupt glückte, würde es eine heikle Sache sein.
Wie also sollte er die Nadel ins Spiel bringen?
Sie selbst zu tragen, wäre ein Weg gewesen, die Nadel zu identifizieren. Jemand musste sie erkennen und eine Bemerkung darüber machen, dass er sie nun besaß. Und wohin führte ihn das? Der Besitzer der Nadel wäre identifiziert, was sehr wichtig war, doch dann war es unvermeidlich, dass die Sache dem Falschen zu Ohren käme.
Allmählich regte sich Ärger in ihm. Er hatte die verdammte Nadel. Er war zuversichtlich, dass die Nadel das Bindeglied zwischen den beiden Morden und dem Einbruch war. Er war überzeugt, dass die Nadel zum Fuchs führen würde. Doch ihm wollte nicht einfallen, wie er sie einsetzen konnte, ohne sich zu verraten und sein Wild direkt in die Deckung und in Napoleons Arme zu scheuchen.
Ein grimmiger Ausdruck glitt über sein Gesicht. Es gibt einen Weg, dachte er langsam, als eine interessante Idee sich in seinem Kopf entfaltete.
Was, wenn er Marlowes ursprüngliches Spiel spielte? Erpressung. Nicht um Geld. Es war bekannt, dass ihm nicht an Geld gelegen sein konnte, sondern nur an Macht und Einfluss. Macht, wie Marlowe sie ausgeübt hatte. Die Macht, jemanden nach der eigenen Pfeife tanzen zu lassen.
Der Gedanke war nicht so weit hergeholt. Tat er neuerdings nicht sein Bestes, sich als charakterloser Mensch zu
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