Im Sturm der Gefuehle
nicht so raffiniert, wenn du weißt, was ich meine. Wir waren recht gute ... Freunde, und sie erwähnte ihre Nichte.«
Sophy rang empört um Fassung. »Miss Weatherby ist deine Geliebte?«
»Sie war es!«, rief Edward matt aus, als er merkte, dass er ins Fettnäpfchen getreten war. »Ich mag ein Schurke der finstersten Sorte sein«, gestand er ein, »aber nicht einmal ich würde die Tante meiner Frau als mein Verhältnis halten. Das ist keine Art.«
Seine schamlose Offenheit raubte Sophy die Sprache. Er sah nichts Verwerfliches in seinem Vorgehen. Nach seiner Miene zu schließen, glaubte er sogar, sie würde ihm Beifall spenden, weil er plante, sich eine sichere finanzielle Basis zu schaffen.
Als Sophy nichts sagte, nahm Edward es als ermutigendes Zeichen. »Jetzt siehst du, wie wichtig es ist, dass du Anne zurück zu ihrer Tante schickst. Es ist auch zu deinem Besten«, setzte er gewitzt hinzu.
Sophy wölbte eine Braue.
»Das versteht sich von selbst«, sagte er. »Wenn ich das Richmondvermögen habe, werde ich das deiner Geschwister nicht mehr anrühren müssen.«
Sophy schüttelte den Kopf. »Wie verächtlich du doch bist! Ich weiß nicht, was du mit deinem Besuch erreichen wolltest, aber sei versichert, dass ich nicht gewillt bin, meine Absicht hinsichtlich Annes Verbleib bei mir zu ändern.«
»Das ist die Höhe!«, rief er aus. »Du wolltest doch, dass ich zu dir komme. Ich hielt es für unsinnig, aber dann dachte ich, immerhin bist du meine Nichte und dergleichen, und kam doch. Wenn du mich nicht sehen wolltest, warum hast du mich dann eingeladen?«
An ihre Gründe für dieses Gespräch erinnert, fuhr Sophy zusammen. Sie holte tief Atem, ehe sie langsam sagte: »Ich muss dich etwas fragen. Erinnerst du dich an die Nacht von Simons Tod?«
»Ob ich mich erinnere?Allmächtiger, wie könnte ich die je vergessen? Simon war mein guter Freund.«
»Du hast dich um alles gekümmert, hast die Abfahrt seiner Freunde und alles andere überwacht. Hat jemand erwähnt, dass er etwas verloren hatte?«
Edward runzelte die Stirn. »Etwas verloren? Was denn?«
»Eine Krawattennadel.«
Offensichtlich verblüfft über diese Frage nach so vielen Jahren, schüttelte Edward den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.«
Sie entnahm die Nadel dem Schubfach eines Seidenholztischchens und zeigte sie ihm.
»Das fand ich am oberen Ende der Treppe in der Nacht, als Simon starb. Erkennst du sie?«
Er starrte die Nadel aus zusammengekniffenen Augen an, und ein merkwürdiges Mienenspiel veränderte seine Züge, teils Verwunderung, teils etwas anderes, das Sophy nicht einzuordnen vermochte - Verschlagenheit vielleicht?
»Nein, ich kenne sie nicht«, sagte er schließlich. »Aber lass sie mich genauer ansehen.«
Er griff nach der Nadel und betrachtete sie sorgfältig. Obwohl seine Miene nichts verriet, war Sophy sicher, dass er das Stück erkannte. Aufblickend bemerkte er: »Du hast es in der Nacht von Simons Tod gefunden? Oben an der Treppe, über die er stürzte?«
Sophy nickte, doch im nächsten Moment gab er ihr die Nadel achselzuckend zurück. »Hübsches Stück. Ich begreife gar nicht, warum du mich kommen ließest. Reine Zeitverschwendung. Ich bin ein viel beschäftigter Mann.«
Sophy schürzte die Lippen. »Das bist du allerdings. Du wirfst mit Geld um dich, das dir nicht gehört.«
»Du hast eine böse Zunge, Mädchen. Das war immer schon meine Meinung. Zu schade, dass Simon dich nicht eines Besseren belehrte«, sagte Edward, aus dessen goldenen Augen, die ihren so ähnelten, unverhohlene Abneigung sprach.
Sophy gab keine Antwort. Edward verabschiedete sich mit einer angedeuteten Verbeugung und ging hinaus. Noch lange starrte Sophy die Rubinnadel auf ihrer Handfläche an. Sie war sicher, dass ihr Onkel sie erkannt hatte. Und doch hatte er es geleugnet. Warum wohl?
Sie verließ den grünen Salon und begab sich nachdenklich hinauf in ihr Schlafzimmer, wo sie die Nadel in die Schmuckschatulle legte. Onkel Edward ist wirklich abscheulich, dachte sie nicht zum ersten Mal. Er hatte doch tatsächlich geglaubt, sie würde seine Pläne Anne betreffend billigen. Und er war so unverschämt zuzugeben, dass er ohne das Vermögen, das ihr Vater ihm unklugerweise anvertraut hatte, bankrott wäre.
Seine Drohung, ihr Phoebe wegzunehmen, machte ihr die größten Sorgen. Das durfte sie nie zulassen, sie hoffte, dass es nur leeres Gerede war. Doch allein die Tatsache, dass er davon gesprochen hatte, genügte, um ihr die Ruhe zu
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