Im Sturm der Herzen
Tränen brannten ihr in den Augen. Sie dachte an ihre Mutter und ihren Vater, malte sich aus, was sie die beiden durchmachen ließ, und verfluchte sich dafür, je einen Fuß an Bord der Dynasty II gesetzt zu haben. Ihr Vater hatte inzwischen sicherlich die Polizei informiert, aber was half das schon? Niemand wusste, wo sie war, oder wo man anfangen sollte zu suchen. Sie würden vermutlich nach ihrem Wagen suchen, aber den hatte sie am Jachthafen in einer Zwei-Stunden-Parkzone geparkt, und er war bestimmt längst schon auf irgendeinen Abstellplatz abgeschleppt worden.
Allie stolperte, und Jake stützte sie, damit sie nicht fiel.
»Pass auf, wo du hintrittst, dumme Gans.«
Roberto versetzte ihr einen derart heftigen Stoß, dass sie bäuchlings in den Dreck stürzte. Ein Zweig schnalzte ihr das Bein entlang, und sie hatte sich beide Knie aufgeschürft.
»Lass sie in Ruhe«, warnte Jake. »Du kriegst deinen Spaß, aber die nächsten paar Stunden will ich mich nicht mit einer flennenden Frau herumplagen müssen.«
Bobby grunzte nur. Jake half Allie auf die Füße, die Kinnpartie so angespannt, dass auf seiner Wange ein Muskel zuckte. Sie stiegen in das Flugzeug und Allie sah, dass Luis bereits an Bord war und außerdem der Mann vom Bootssteg, bei dem es sich anscheinend um den Piloten handelte. Sie wusste nicht, was für ein Flugzeug es war, aber im hinteren Teil befanden sich militärisch aussehende Netzsitze und die schweren hölzernen Kisten, die im Rumpf der Dynasty II versteckt gewesen waren.
Sie fragte sich, was die Kisten enthielten, fragte sich, was mit der Jacht passieren würde, sobald sie fort waren. Aber sicherlich kümmerte sich irgendwer um das Boot. Und die Männer planten wahrscheinlich, auf dem gleichen Weg, auf dem sie auch gekommen waren, in die Vereinigten Staaten zurückzukehren.
Sie duckte sich und bewegte sich durch die Kabine. Es war heiß im Flugzeug, die metallene Außenhaut hatte sich in der tropischen Hitze aufgeheizt. Sie setzte sich in eines der Netze, und Jake nahm neben ihr Platz. Sie hoffte, er würde sie ansehen, doch als er es tat, war keine Spur von Gefühl in seinem Blick.
Dann sah sie Roberto grinsen, und ihr Magen rebellierte vor Übelkeit. Sie brauchte all ihre Kraft, um nicht zu weinen, doch irgendwie gelang es ihr, die Tränen zurückzuhalten. Sie würde nicht aufgeben, nicht jetzt. Sie dachte an das, was Jake ihr gesagt hatte. Locker bleiben. Wir sind noch weit von Belize entfernt. Diese Worte machten ihr Mut.
Aus irgendeinem wahnsinnigen Grund vertraute sie ihm immer noch.
Vielleicht, weil sie keine andere Wahl hatte.
Felix Baranoff drückte den Knopf der Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch. »In Ordnung, Eve. Bringen Sie die Herren herein.« Er sah sie auf sich zukommen. Der jüngere Mann, braunhaarig und vielleicht Mitte dreißig, trug eine billige dunkelbraune Jacke und gelbbraune Hosen, aber er hatte breite Schultern, und die Jacke stand ihm gut. Die Frauen registrierten die Qualität seiner Kleidung vermutlich gar nicht.
Den anderen Mann kannte er. Detective Archie Hollis, rothaarig, Anfang vierzig, in einer schäbigen dunkelgrün karierten Jacke und zerknitterten Freizeithosen.
Unbewusst strich Felix über das Revers seines marineblauen Nadelstreifenanzugs von Bijan, freute sich an dem teuren Tuch und war dankbar, seine Kleidung nicht mehr bei J. C. Penny erstehen zu müssen wie in den Anfangsjahren.
Er lächelte die Männer an. »Die Detectives Reynolds und Hollis, wie ich annehme. Meine Sekretärin hat mich informiert, dass Sie Anfang der Woche schon einmal hier waren, um mit mir zu sprechen. Unglücklicherweise war ich nicht in der Stadt, sondern auf Geschäftsreise.« Auf einer jener Geschäftsreisen, nach denen es ihn gelegentlich gelüstete, in Las Vegas mit einer großbusigen Rothaarigen, seiner derzeitigen Geliebten. Er spielte kaum, denn er verlor nicht gern, aber am Sex und an den Shows hatte er seinen Spaß. »Was kann ich für Sie tun?«
»Tut uns Leid, Sie zu stören, Mr. Baranoff«, antwortete Hollis, bevor der Jüngere etwas sagen konnte. »Verstehen Sie, das ist reine Routine. Wir suchen nach einer Frau namens Mary Alice Parker. Sie wird seit einer Woche vermisst und ist seither nirgendwo mehr gesehen worden.«
»Und inwieweit kann ich Ihnen da behilflich sein?«
»Miss Parkers Wagen wurde auf dem Parkplatz am Jachthafen aufgefunden«, sagte Detective Reynolds. »In der Nähe des Stegs, wo ihre Firmenjachten liegen. Es könnte
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