Im Sturm der Herzen
da.
»Schlaf ruhig weiter«, sagte er leise. »Du hast noch ein paar Stunden, bis es Zeit zum Aufstehen ist.«
»Und was ist mit dir? Du brauchst doch auch deinen Schlaf.«
»Wir sind schon zu nah am Camp. Ich schlafe, wenn wir dort sind.«
»Aber ...«
»Ich bin das gewohnt, Allie. Jetzt schlaf weiter. Ich möchte, dass du ausgeruht bist morgen früh.«
Allie tat, was er sagte. Sie schlief tief und ungestört, fühlte sich sonderbar sicher mit Jake, der über sie wachte.
Samstags um acht Uhr abends saß Dan Reynolds an dem wackeligen Eichentisch in Barbara Wallace' kleinem Apartment. Er rüttelte an dem Tisch, sah ihn hin und her schwanken. »Du solltest mich diesen Tisch reparieren lassen.«
Barb, die gerade das französische Knoblauch-Baguette aus dem Ofen hatte holen wollen, hielt inne. Es gab heute Abend Spaghetti, eine ihrer Spezialitäten, wie Barb behauptet hatte, als sie ihn zum Essen eingeladen hatte. »Würdest du das für mich erledigen? Macht es dir auch nichts aus?«
»Das ist keine große Sache. Ich brauche nur etwas Kleber und ein paar Klemmen, die das Ganze zusammenhalten, bis es getrocknet ist. Nächstes Mal bringe ich das Zeug mit.«
Barb schaute ihn verblüfft an. Weil er davon ausging, dass er wiederkommen würde, oder weil er wusste, wie man den Tisch reparierte? Er hätte es nicht zu sagen vermocht.
»Noch nie hat mir irgendwer etwas repariert«, sagte sie. »Es sei denn, ich habe dafür bezahlt.« Sie warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. »Vielleicht hast du ja auch etwas anderes als Geld im Sinn.«
Er bekam einen harten Zug ums Kinn. »Verdammt, Barb, du bist wirklich die zynischste Frau, die mir je begegnet ist. Wenn das, was du da kochst, nur halb so gut schmeckt, wie es aussieht, ist das Bezahlung genug, okay? Wie gesagt, es ist keine große Sache.«
Barb sah ihn verlegen an. »Entschuldige. Ich schätze, ich erwarte von jedem nur das Schlechteste. Insbesondere von den Männern.«
»Dabei bin ich derjenige, der zynisch sein sollte. Dazu wird man nämlich, wenn man ein Cop ist.«
»Genau, wie wenn man verheiratet ist.«
»Kann sein. Aber ich denke, es kommt auf den Menschen an. Dein Exmann war wohl nicht der Richtige, so wie ich das verstanden habe.«
»Das könnte man so sagen.« Einen Moment lang glaubte er nicht, dass sie noch etwas sagen würde, doch am Ende erzählte sie ihm von Mal Wallace und sogar von ihrem Vater.
»Als kleines Kind habe ich mich immer unter der Terrasse vor ihm versteckt. Ich hatte zwar Angst vor Spinnen, aber noch mehr Angst hatte ich vor Vater. Doch dann habe ich begriffen, dass er, wenn er mich nirgendwo finden konnte, seine Wut an meiner Mutter ausließ, und das habe ich nicht ausgehalten. Von da an habe ich versucht, ihm einfach nur aus dem Weg zu gehen.«
Dan kaschierte sorgsam seine mitleidsvolle Miene. Er wusste, Barb hätte ihn dafür gehasst. »Meine Eltern haben sich scheiden lassen. Eine wunderbare Kindheit hatte ich zwar nicht gerade, aber mit deiner ist das nicht zu vergleichen.«
»Ich glaube, dass ich deshalb so argwöhnisch bin. Etwas Persönliches ist es jedenfalls nicht.«
Aber für Dan fühlte es sich verdammt persönlich an. Er fing an, Barbara Wallace zu mögen, scharfe Zunge hin oder her, und sie zog ihn mehr als nur ein bisschen an. In letzter Zeit hatte er sich ausgemalt, mit ihr zu schlafen. Er fragte sich, was sie wohl dazu gesagt hätte.
Just in diesem Moment flog die Küchentür auf, und ihre beiden Söhne, Pete und Ricky, kamen hereingestürmt. Ihre Gesichter waren vor Anstrengung rot, die Kleider feucht vor Schweiß.
»Hallo, Detective Reynolds«, sagte Pete.
»Was gibt's zum Abendessen, Mom?«, fragte Ricky.
»Spaghetti.« Barb lächelte ob des Freudenausbruchs, den ihr Lieblingsessen hervorrief. »Aber bevor ihr euch zum Essen setzt, wascht ihr euch erst die Hände.«
»Ach, Mensch.«
»Na los, Jungs.« Dan rückte den Stuhl zurück und stand auf. »Wir kommen sehr viel schneller zu diesen Spaghetti, wenn wir eurer Mutter den Gefallen tun.«
Die Jungen grummelten, folgten ihm aber in das bescheidene Badezimmer. Wie der Rest der Wohnung war es ordentlich und sauber, mit der einen oder anderen anheimelnden Kleinigkeit wie dem rosa bestickten Deckchen unter der Reserverolle Toilettenpapier. Alles Dinge, die Barb angeschafft hatte, um das ansonsten schlichte Apartment ein wenig wie ein Zuhause aussehen zu lassen.
»Ich brauch die Seife«, sagte Ricky. Dan reichte ihm das Stück und sah ihm zu, wie er
Weitere Kostenlose Bücher