Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
ganze Kunst des Tantras eingeführt zu werden. Doch er hat abgelehnt. Erfüllung hat er nur bei Euch gesucht. Aber auch er hat sich von Arabinda die Regeln des Tantras erklären lassen.«
Sie lachte leise. »Natürlich auf eine andere Art als ich. Es ist üblich bei uns, dass die adligen Frauen so von einem Lehrer, einem erfahrenem Tantrika, auf die Ehe vorbereitet werden, wie Arabinda es bei mir tat. Doch unter Männern ziemt es sich nicht auf diese Art.«
»Wie dann, Suleika?«
»Die Männer setzen sich zusammen und reden. Eine Sklavin wird ausgewählt, mit deren Hilfe Arabinda die einzelnen Rituale zelebriert. Vasco da Gama hat sich genau abgeschaut, was Arabinda ihm erklärt hat. Er war ein gelehriger Schüler und ist wohl nun in der Lage, eine Frau in den Himmel der Lust und der liebevollen Erfüllung zu führen.«
»Aber ... aber, wenn er das Feuer in den Lenden gefühlt hat, hat er es dann nicht an den Frauen Eures Landes kühlen wollen?«
»Wo denkt Ihr hin? Vasco da Gama ist ein Edelmann. Niemals würde er sich von der Wollust regieren lassen und seine Triebe ohne Liebe ausleben. Nein, er hat keine von unseren Frauen angerührt. Er achtet die Liebe, achtet den Körper, den Geist und die Seele eines jeden Lebewesens. Darin ist er uns ähnlich: In der Achtung vor allem, was lebt.«
Charlotta lächelte. »Ich weiß, dass er ein Ehrenmann ist.«
Ihre Gedanken flogen zurück über das Meer zu dem letzten Tag, den sie gemeinsam verbracht hatten. Wieder erinnerte sie sich daran, wie einfühlsam er sich die Erfüllung mit ihr versagt hatte, um ihre Tugend zu wahren.
»Ja, er ist wirklich der edelste Mensch, den ich jemals getroffen habe«, wiederholte sie, und Suleika stimmte ihr zu.
»Das ist er wahrhaftig, Doña Charlotta. Doch jetzt sollten wir schlafen. Ich fürchte, es ist schon tief in der Nacht.«
Und wie auf ein geheimes Zeichen hin hörten sie in diesem Moment die Schiffsglocke, die die elfte Stunde des Abends schlug.
Sie bereiteten sich ein Lager aus den beiden schmutzigen Decken, kuschelten sich eng aneinander, um sich zu wärmen, dann wurden ihre Atemzüge ruhiger und bald schon war Suleika eingeschlafen.
Charlotta aber lag noch lange wach. Sie sah in die Dunkelheit, die beinahe undurchdringlich war und dachte an Vasco da Gama. Die Sehnsucht nach ihm machte ihr das Herz schwer, doch gleichzeitig spürte sie darin auch eine Freude, die zwar schwach, aber doch der Freude ähnlich war, die Suleika unter Arabindas Liebkosungen erfahren hatte.
In Gedanken sprach sie ein Gebet: Lieber Gott. Bitte lass Vasco da Gama und mich bald wieder vereint sein. Mit unserer Liebe wollen wir dir dienen und wollen dich feiern. Du hast uns das Leben geschenkt. Bitte lass es zu, dass wir es dazu verwenden, dich zu loben. Amen.«
Dann drehte sie sich auf die Seite, barg den Kopf in ihrer Armbeuge und schlief ein, noch ehe die Schiffsglocke die Mitternacht verkündete.
Kapitel 15
I n der Nacht fuhren wir auf die Küste zu. Im Morgengrauen kam ein flaches Land mit einer weiten Bucht in Sicht. Da Dom Pedro schlief und niemand wusste, was zu tun ist, schickte schließlich der fremde Arabinda Jorges mit einem Boot voraus, um herauszufinden, wo es einen guten Ankerplatz für die Sao Manuel gäbe. Einige aus der Mannschaft, allen voran Nino, murrten über den Befehl, doch da sie selbst keine Anweisungen zu treffen vermochten, taten sie schließlich, was der Inder sagte.
Jorges kam zurück und teilte mit, dass die Bucht gut gegen den Wind geschützt war, außer gegen den aus dem Nordwesten.
Am Mittag warfen wir den Anker und begannen damit, das Schiff zu reinigen, die Segel auszubessern und Holzvorräte für die Küche und einen neuen Mast zu schlagen. Einige der Matrosen fuhren mit einem Boot an Land und erkundeten die Bucht. Vier Leguas südöstlich fanden sie einen Fluss, der aus dem Inneren des Landes kommt. Er ist an der Mündung einen Steinwurf breit, zwei bis drei Faden tief und heißt Rio de Santiago.
Die Menschen, die entlang der Küste wohnen, sind von brauner Hautfarbe, doch der Ton ist noch dunkler als der von den beiden Indern. Ihr Haar ist kraus, ihre Lippen wulstig. Sie gehen in Fellen gekleidet umher und tragen über ihren Geschlechtsteilen eine Art Scheide. Ihre Waffen sind im Feuer gehärtete Hornstücke, die sie auf Äste von wilden Ölbäumen stecken. Sie halten sich Hunde, gerade wie die Portugiesen, und diese bellen genauso wie zu Hause.
Die schwarzen Menschen ernähren sich von Seelöwen,
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