Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
getäuscht. Nichts wird er tun, der Alte, gar nichts. Vor dem Altar wird er mich als seinen Sohn anerkennen müssen. Tut er es nicht, so wird der ganze Hof seine Tochter bald eine Hure schimpfen.«
Plötzlich fand er die Rückkehr der Indienfahrer nicht mehr so bedrohlich wie noch vor wenigen Stunden. Sollte Charlotta ruhig am Hafen stehen und ihren Liebsten anschmachten. Er, Dom Pedro, besaß alle Mittel, um diese Liebe im Keim zu ersticken.
Die Menschenmenge war inzwischen so angewachsen, dass auf dem großen Platz hinter dem Kai kaum mehr Platz war. Überall standen die Leute, reckten ihre Hälse und versuchten einen Blick nach vorn zu erhaschen. Gerade machte die Sao Gabriel die Leinen fest.
Dom Pedro drängelte sich rüde zwischen den Umstehenden hindurch und gelangte gerade rechtzeitig zum Schauplatz, um Charlotta zu sehen.
Mit geröteten Wangen trippelte sie unruhig von einem Fuß auf den anderen. Wann kam Vasco endlich an Deck? Wann? Die Matrosen holten bereits die Segel ein und warfen armdicke Taue zu den Hafenarbeitern hinunter, um das Schiff fest zu machen. Befehle wurden gerufen, doch endlich lag die Sao Gabriel gut vertäut am Kai. Da hob sich die Deckluke und Vasco da Gama kam an Deck.
Die vielen Monate auf See hatten sein Gesicht gebräunt. Groß und stattlich, mit breiten Schultern und in kostbaren, fremdländischen Gewändern trat er an die Reling und winkte den Schaulustigen zu.
Jubel brandete auf. »Es lebe Vasco da Gama! Es lebe der Entdecker des Seewegs nach Indien. Ruhm und Ehre ihm und unserem König.«
Ganz vorn löste sich eine Frau mit brandroten Haaren und im weißen Kleid aus der Menge.
»Vasco!«, rief Charlotta. »Vasco!«
Und Kapitän da Gama, dessen Blick sie bereits ausgemacht hatte, fing ihren Ruf auf, erwiderte ihn mit einem strahlenden Lächeln. Dann erklomm er die Strickleiter, kletterte geschwind über die Reling und die Bordwand hinab auf den Boden. Schon stürzte Charlotta auf ihn zu, schon lag sie in seinen Armen, schon berührten seine Lippen die ihren, da wurde sie plötzlich derb an der Schulter gepackt und von Vasco weggezogen.
Dom Pedro war es, der sich schier zwischen die Liebenden warf. Wütend packte er Charlotta am Handgelenk, zog sie einen Schritt zur Seite und baute sich direkt vor Vasco da Gama auf. »Wenn Ihr meine Verlobte noch ein einziges Mal anrührt, seid Ihr verloren, Seefahrer«, herrschte er ihn an. Dann riss er Charlottas Arm hoch und hielt ihm die Hand, an der sein monströser Verlobungsring den von Vasco überdeckte, unter die Nase. »Sie gehört mir! In wenigen Tagen ist sie meine Frau!«
Vor Entsetzen schrie Charlotta auf. Doch Vasco hatte nur noch einen einzigen Blick und eine einzige Frage für sie übrig: »Stimmt es? Hast du mich verraten und dich in der Zeit meiner Abwesenheit mit Dom Pedro de Corvilhas verlobt?«
Bevor Charlotta, die vor Schreck und Entsetzen wie gelähmt war, antworten konnte, beugte sich Dom Pedro mit einem hämischen Lachen zu dem Rückkehrer.
»Die Einsamkeit ist eine schlechte Bettgenossin, da Gama. Und Charlotta ist jung.«
»Spricht er die Wahrheit, Charlotta?«, fragte Vasco und sah Charlotta zwingend an. Seine Augen baten, nein, drängten danach, Corvilhas der Lüge zu überführen oder wenigstens zu erfahren, dass Charlotta nicht freiwillig gehandelt hatte. Und Charlotta hielt seinem Blick stand und schüttelte den Kopf.
»Er lügt, Vasco. Unsere Väter hatten uns zu einer Zeit, als wir noch Kinder waren, füreinander bestimmt. Als du auf hoher See warst, kam er, um das gegebene Versprechen einzulösen. Du warst für tot erklärt und so gab es keinen Grund, Dom Pedro etwas entgegenzusetzen, ohne den Verlust der Ehre zu riskieren. Doch nun bist du wieder da. Dir gebührt das Vorrecht auf meine Hand.«
Dom Pedro hatte noch immer ihr Handgelenk gepackt. Jetzt ließ er Charlotta fahren und gab ihr einen leichten Stoß, so dass sie beinahe gegen Vascos Brust taumelt.
»Nehmt Ihr sie, großer Entdecker der Meere«, sagte er höhnisch. »Nur zu. Nehmt sie, heiratet sie, betrachtet sie genau und entdeckt auf ihr, was andere längst gefunden haben.«
»Was meint Ihr, Corvilhas. Sprecht deutlich, wie es unter Männern üblich ist«, forderte da Gama. Ohne, dass es ihm bewusst wurde, hatte seine rechte Hand nach dem Griff des Degens gegriffen, der an seiner linken Hüfte schwang.
Dom Pedro wich einen Schritt zurück, schob Charlottas Körper schützend vor seinen Leib und sagte, nun triefend vor Hohn: »Ich
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