Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
goldene Kette zurückgeschickt, die sie ihm als Glücksbringer mit auf die Reise gegeben hatte.
»Ich werde diese Kette immer tragen«, hatte er ihr versprochen. »Solange ich lebe wird sie über meinem Herzen sein. So lange ich lebe und so lange ich dich liebe.«
Nun hatte er ihr die Kette geschickt und das hieß nichts anderes, als dass er sie nicht mehr liebte und sich der fremden Frau zugewandt hatte.
Auch Dom Pedro war mehrmals gekommen, um sich zu erkundigen, ob seine Verlobte ihre kleine Unpässlichkeit – wie er es nannte – überwunden habe. Er hatte verlangt, sie zu sehen, doch Charlotta wäre eher aus dem Fenster gesprungen, als Dom Pedros Anwesenheit auch nur einen Augenblick lang zu ertragen.
Heute, am vierten Morgen nach Vascos Rückkehr, waren ihre Tränen versiegt und ihr Lebensmut erwachte ganz allmählich zu neuem Leben. Charlotta war eine Alvarez. Seit Jahrhunderten gehörte ihre Familie zum höchsten Adel des Königreiches. Stolz war das Geschlecht der Alvarez’. Niemals war es bisher irgendjemandem gelungen, ein Mitglied der Alvarez’ in die Knie zu zwingen. Und auch Charlotta besann sich nun auf den Stolz und die Ehre, die mit ihrem Namen verbunden waren. Nun, sie hatte gelitten, doch die Zeit des Leidens war vorbei. Von dieser Stunde an würde sie ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Sie wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht, dann reckte sie ihr Kinn, bereit, sich jeder Herausforderung, die da kommen mochte, zu stellen.
Auch die Erinnerung an Mama Immaculata und an das, was diese aus ihrer Hand gelesen hatte, bewegten Charlotta dazu, ihr Tränenlager zu verlassen. »Am Ende werden Vasco und ich für immer vereint sein«, sprach Charlotta sich halblaut Mut zu. »Harte Kämpfe stehen noch vor diesem Ziel, aber am Ende wird die Liebe siegen. Wer nicht kämpft, hat schon verloren, heißt es. Nun, ich bin bereit.«
Dann rief sie nach Juana und befragte die Alte nach Neuigkeiten. »Sprich, Juana, was erzählt man sich über da Gama?«
Juana reichte ihr einen Becher mit Milch und Honig. »Trinkt und stärkt Euch, Ihr habt seit drei Tagen nichts gegessen. Erst, wenn der Becher leer ist, werde ich Euch berichten.«
Gehorsam wie selten tat Charlotta, wie Juana ihr geheißen.
»Reich beladen kam die Sao Gabriel zurück«, berichtete die alte Frau dann. »Kisten voller Moschus und Ambra, kostbare Teppiche, seltene Steine haben die Entdecker mitgebracht, Säcke voller Pfeffer, Ingwer, Nelken und Zimt, Indigo und das Mehl der Purpurschnecke zum Färben. Edle Hölzer, geschnitzte Figuren, Goldwaren, Stoffe und Schmuck brachten sie mit. Doch am meisten erregten die beiden Fremden Aufsehen, die mit da Gama gekommen sind, um unser Land kennen zu lernen. Suleika, die Prinzessin von Kalikut und Arabinda, ihr Diener, sind eingetroffen. Die Prinzessin soll wunderschön sein, erzählt man sich. Ihre Haut hat die Farbe von dunklem Waldhonig, das Haar ist schwarz und glänzend wie Rabengefieder. Sie ist von hohem, schlankem Wuchs und trägt ein Gewand, das ganz mit Gold bestickt ist. Ihre Handgelenke schmücken zahlreiche Armreifen, die mit fremden Steinen besetzt sind. Ihr Hals ist mit einem breiten Reifen aus purem Gold umfasst und sogar in den Ohren trägt sie Ringe, die bei jedem Schritt hin und her wippen. Ihr Gesicht ist schmal, die Augen mandelförmig und schwarz glühend, der Mund voll weiß blitzender gesunder Zähne, die Lippen sinnlich, schön geschwungen und von dunkler Röte.
Auch ihr Diener ist von erlesener Schönheit. Hoch gewachsen und von guter Gestalt, mit einer Haut, die so braun ist wie Zimt. Er trägt ein Gewand, das dem einer Frau ähnlich ist. Der weiße Stoff fällt von den Schultern locker herab und reicht bis auf den Boden. Die Ärmel sind schlicht und weit geschnitten und entblößen bei jeder Bewegung seine muskulösen Unterarme. Auf dem Kopf trägt er ein Tuch, das seltsam gewickelt ist und von ihm ›Turban‹ genannt wird.«
»Was wollen die Fremden hier?«, fragte Charlotta, die in Juanas Beschreibung der Prinzessin von Kalikut eben die Frau wiedererkannt hatte, der Vasco am Hafen zugewunken hatte.
»Sie wollen das Land kennen lernen, um zu erkunden, welche Waren für Kalikut von wert sind. Ihr Ziel ist es, Handelsabkommen zu schließen, die für beide Länder von Vorteil sind«, wiederholte Juana etwas holperig die Worte, die sie gestern beim Besuch des königlichen Hofmarschalls bei Admiral Alvarez aufgeschnappt hatte.
Charlotta lächelte über den
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