Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
schamlos mitten auf der Straße ritt, dann schloss er die Fensterläden mit einem lauten Knall und wanderte ruhelos in seiner Kammer auf und ab.
Nein, die Seiten wechseln konnte Madrigal nicht. Weder Dom Ernesto noch Vasco da Gama würden ihn empfangen und anhören. Ihm blieb nichts anders übrig, als sein ganzes Können dafür einzusetzen, Dom Pedros Stellung bei Hofe zu festigen.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er warf sich seinen Umhang über das Nachtgewand und eilte hinunter auf die Gasse. Er hatte Glück. Der Betrunkene lag noch immer im Rinnstein. Das Weib war weg, wahrscheinlich samt seiner Geldkatze, während er inmitten des Unrates laut grunzend schlief.
Madrigal beugte sich über ihn und rümpfte die Nase angesichts des sauren Weinatems, der ihm entgegenströmte. Mit spitzen Fingern packte er den Seemann an der Schulter und rüttelte ihn wach.
Es dauerte lange, bis der Betrunkene die Augen aufschlug. Doch als er den Verlust seiner Geldkatze bemerkte, war er auf einen Schlag hellwach.
Es kostete Alonso Madrigal nur zwei weitere Becher Wein und ein paar Silberlinge, bis er wusste, was zu tun war, um Dom Pedro – und vor allem sich selbst – zu helfen.
Obwohl Madrigal sich nach der durchwachten Nacht wie gerädert fühlte, hatte er heute besondere Sorgfalt auf seine Kleidung gelegt. Dom Pedro war mit Sicherheit kein Frühaufsteher und Madrigal rechnete damit, den Grafen noch im Nachtgewand anzutreffen.
Seine adrette Kleidung sollte ihm helfen, seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen und seine Forderungen nachdrücklicher klingen zu lassen.
»Ein Mann im Nachtgewand ist immer in der schlechteren Position«, kicherte er, als er den angelaufenen Messingklopfer am Palazzo Corvilhas betätigte.
Er hatte richtig gerechnet, Dom Pedro empfing seinen Berater in seinem Schlafzimmer, barfuß und im Nachtgewand.
»Lass uns nicht lange um den heißen Brei herumreden«, sagte Corvilhas statt einer Begrüßung. »Ich habe Kopfschmerzen und bin nicht gewillt, komplizierte Sachlagen zu erörtern. Sag, was du weißt und dann verschwinde. Ich muss mich ausruhen.«
Madrigal lächelte fein. »Nun, Dom Pedro, ich fürchte, wir haben keine Zeit zum Ausruhen. Zunächst schuldet Ihr mir noch 100 Dukaten. Doch schließt Eure Geldlade nicht gleich wieder weg. Ich habe bereits neue Informationen, die Euch sicherlich Freude bereiten werden.«
Mürrisch kramte Dom Pedro in der silbernen Geldlade und warf Madrigal die gewünschte Summe hin. Dann kroch er stöhnend zurück in sein Bett, ließ sich ins Kissen sinken und schloss mit einem wohligen Seufzen die Augen.
Madrigal nahm auf dem Schemel Platz und berichtete, was er wusste: »Da Gama hat – wie ich gestern schon erwähnte – einen Plan für eine erneute Entdeckungsreise gemacht. Stundenlang hat er mit der Prinzessin von Kalikut auf der Sao Gabriel in seiner Kabine verbracht. Einer seiner Leute, dazu abgestellt, für das leibliche Wohl der Prinzessin zu sorgen, hat gesehen, dass da Gama nach Suleikas Angaben eine Karte gezeichnet hat. Eine Seekarte mit einem neuen Weg in den Orient. Eine Karte, die ihm den Weg in Länder mit noch größeren Schätzen weist. Der Seemann hat außerdem berichtet, dass diese Karte ständig unter Verschluss gehalten wurde. Niemand durfte jemals einen Blick darauf werfen. Nicht einmal seine engsten Berater und Vertrauten. Nur die Prinzessin von Kalikut weiß, was darauf verzeichnet ist.«
»Na und?«, knurrte Dom Pedro verdrießlich. »Was soll uns das sagen?«
Er öffnete ein Auge zur Hälfte und wies mit der Hand auf eine Schüssel mit Essigwasser. Madrigal verstand. Er stand auf, tunkte einen Lappen in das kühle Nass, wrang ihn aus und legte ihn Dom Pedro auf die Stirn. Lange wirst du mich nicht mehr wie einen Dienstboten behandeln, dachte er grimmig. Schon sehr bald wirst du mich an deine Tafel laden und mich vor aller Ohren deinen Freund nennen.
»Ganz einfach«, erklärte er dann mit einem bemerkenswerten Vorrat an Geduld. »Wenn da Gama diese Karte nicht einmal seinen engsten Beratern zeigt, wird er sie auch dem König vorenthalten.«
Dom Pedro zuckte mit den Schultern, doch gleich darauf stöhnte er und hielt sich den Kopf. »Drück dich klar aus, Madrigal. Was nützt mir das Wissen um die Karte?«
Madrigal verdrehte leicht die Augen. Es ist schwer, gegen den Hochmut und den Dünkel Dom Pedros anzukommen, dachte er. Noch schwerer ist es aber, mit seiner Dummheit und Begriffsstutzigkeit umzugehen.
»Dass da Gama die Karte
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