Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
kann.«
Dom Pedro lachte laut auf. Charlottas Augen funkelten wie grünes Feuer. Ihre kleinen Hände waren zu Fäusten geballt, ihr Fuß etwas erhoben, als wolle sie wie ein erzürntes Kind damit auf den Boden stampfen. Dom Pedro nahm ihre Hand, bog ihre Fingern einzeln auseinander, dann hauchte er ihr einen Kuss auf die Fingerspitzen und sagte: »Ich liebe es, wenn Ihr wütend seid. Nie kommt Euer Temperament besser zur Geltung als in solchen Augenblicken.«
Als Charlotta sah, dass Vasco ausgerechnet in dem Moment zu ihr hinüberschaute, als Dom Pedro ihre Fingerspitzen küsste und den Mund zu einem abfälligen Lächeln verzog, riss sie sich los und stürmte durch den Prunksaal nach draußen.
Alonso Madrigal kam am späten Vormittag. Er hatte die ganze Nacht wach gelegen und gegrübelt. Die besten Zeiten seines Herren waren lange vorbei, Dom Pedros Ruf hatte gelitten, auch wenn die Verlobung mit Doña Alvarez sein Ansehen wieder etwas aufpoliert hatte. Wäre Vasco da Gama nicht zurückgekehrt, hätte Dom Pedro mit etwas Geschick seine alte Stellung am Hof zurückerobern können und erneut Einlass zu den Kreisen des Königs finden können. Doch da Gama war nicht nur wieder da, sondern überdies so erfolgreich gewesen, dass König Manuel I. mit gutem Recht die Hoffnung hegen durfte, über kurz oder lang das spanische Monopol im südlichen Europa und in Übersee brechen zu können und die Herrschaft über ganz Indien zu erlangen. Christof Columbus war niemals in Indien gewesen. Da Gamas Rückkehr und die Aussagen der Prinzessin von Kalikut hatten diese Vermutung bestätigt. Spanien war weiterhin auf die arabischen Händler angewiesen, um das Reich mit Gewürzen und anderen orientalischen Waren zu versorgen, während Portugal in Kürze direkte Handelsabkommen mit den indischen Geschäftspartnern schließen konnte. Doch nicht nur der Handel mit dem Abendland war von großer Bedeutung. Kam es zum Krieg, so konnte Portugal auf einen schier unerschöpflichen Vorrat an tapferen Kriegern aus dem Orient und aus Asien zurückgreifen. Krieger, die ihr Handwerkszeug verstanden und dafür sorgen würden, Portugal den Sieg zu bringen. Der König, so hatte Madrigal in Erfahrung gebracht, trug sich sogar mit dem Gedanken, Vasco da Gama den Titel eines Grafen zu verleihen, ihm den Landstrich Vidiguera zu schenken und ihn überdies zum Admiral und Vizekönig der Indischen Meere zu machen. Die Tinte auf den entsprechenden Urkunden sei bereits trocken, hatte ihm ein Vertrauter des Hofes mitgeteilt. Einzig die öffentliche Verkündigung war noch zu erwarten und für den Montag vorgesehen. Folgerichtig wäre es, würde Manuel I. sogar eine Hochzeit zwischen einem seiner zahlreichen Vettern und der Prinzessin von Kalikut in Erwägung ziehen. Madrigal stöhnte bei diesem Gedanken leise auf. Das wäre auch für ihn eine Katastrophe. Als Dom Pedros Berater hatte er ein gutes Auskommen, wenn er auch jedes Mal um jeden einzelnen Dukaten kämpfen musste. Verlöre Dom Pedro jedoch noch mehr an Macht und Einfluss, nun, so ginge Alonso Madrigal gemeinsam mit seinem Herrn zugrunde. Für ihn gab es nur zwei Möglichkeiten: Er konnte die Seiten wechseln und sich bei Vasco da Gama verdingen oder aber dafür sorgen, dass Dom Pedros Einfluss noch anstieg.
Madrigal seufzte erneut. Dann erhob er sich von seiner Bettstatt und goss sich einen Becher Wein ein. Er ging ans offene Fenster, ließ sein heißes Gesicht von der Nachtluft kühlen und lauschte den Geräuschen der nächtlichen Stadt. Eine Turmuhr schlug und verkündete die dritte Stunde des Tages. Gegenüber ging eine Tavernentür auf und ein betrunkener Kerl stolperte auf die Straße. Madrigal erkannte in ihm einen Matrosen der Sao Gabriel, der anscheinend nichts Besseres zu tun hatte, als seine Heuer zu versaufen und mit den Huren der Stadt durchzubringen. Er zog eine Frau hinter sich her, deren fleckiges Kleid weit ausgeschnitten war und einen tiefen Einblick in den Körperbau des Weibes gestattete.
Der Betrunkene taumelte über die Gasse, strauchelte über ein herumliegendes Balkenstück, fiel hin und blieb einfach liegen. Das Weib kicherte, dann hob es die Röcke, beugte sich über den Liegenden und tätschelte ihm die Wange. Der Seemann öffnete seine Beinkleider, griff das Weib mit beiden Händen um die Hüften und zog es auf sich.
Madrigal wandte sich angewidert ab. »Sie paaren sich wie die Hunde in der Gosse«, dachte er. Er sah noch einmal auf das Weib, das auf dem Mann saß und ihn
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