Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
verbirgt, legt die Vermutung nahe, dass er die zweite Entdeckungsreise nicht zum Ruhme des Königs und des Reiches Portugal unternehmen will. Er will sein eigenes Süppchen kochen, und die Prinzessin von Kalikut hilft ihm dabei. So zumindest könnte man die Geschichte glaubhaft darstellen.«
Madrigal sah Dom Pedro an und versuchte, in dessen Gesicht abzulesen, ob dieser endlich begriffen hatte. Doch Corvilhas stöhnte nur leise und presste das kühle Tuch noch etwas fester auf seine Stirn. »Warum sollte er das tun? Der König wird ihn reich belohnen. Da Gama ist kein Narr wie du, Madrigal.«
»Ich würde es nicht wagen zu behaupten, dass da Gama die Seiten gewechselt und nun im Dienste des Zamorin, des Herrschers von Kalikut, steht. Ich würde auch nicht wagen zu vermuten, dass König Manuel I. Suleika mit einem Mitglied der königlichen Familie, einem Vetter etwa, verheiraten will. Und erst recht nicht würde ich behaupten, dass da Gama sich selbst Chancen ausrechnet, der Schwiegersohn des Zamorin zu werden. Noch nicht einmal jetzt, da Ihr, Dom Pedro, ihm seine Braut vor der Nase weggeschnappt hat. Doch ich frage mich ernstlich, was Vasco da Gama zu gewinnen und was er zu verlieren hat. Besonders, wenn ich daran denke, dass die schöne Suleika durchaus Interesse an dem frisch gebackenen Grafen von Vidiguera erkennen lässt. Ich für meinen Teil würde die Rolle des zukünftigen Herrschers von Kalikut einem Grafentitel des portugiesischen Reiches vorziehen.«
Wieder öffnete Dom Pedro die Augen einen schmalen Spalt. Ganz langsam kroch ein Lächeln über sein Gesicht. Ein Lächeln, das Alonso Madrigal einen bangen Schauer über den Rücken jagte.
»Ich verstehe, mein Freund«, grunzte Dom Pedro. »Und ich bin sicher, es wird seiner Hoheit König Manuel I. ganz und gar nicht gefallen zu hören, dass sein Favorit ihn hintergeht.«
Er nahm den Essiglappen und warf ihn in die Schüssel, so dass das Wasser aufspritzte und Madrigals Wams beschmutzte. Dann zog Dom Pedro die Stirn in Falten und überlegte laut: »Erfüllt eine geheim gehaltene Karte nicht den Tatbestand des Hochverrats? Ich freue mich jedenfalls schon jetzt auf die öffentliche Hinrichtung Vasco da Gamas. Ich kann direkt vor mir sehen, wie der Henker ihm mit einem Beil den Kopf abschlägt und den elenden Kadaver anschließend verbrennt.«
Madrigal zog die Augenbrauen in die Höhe. Dom Pedros Gewaltfantasien widerten ihn an. Er war gern bereit, Intrigen zu spinnen. Ja, diese Tätigkeit war sein täglich Brot. Er hatte sich auch daran gewöhnt, anderen Menschen Schaden zuzufügen, doch noch niemals hatte er dafür gesorgt, dass ein anderer sein Leben dabei einbüßte. Madrigal war ein Intrigant und ein Denunziant, ein Heuchler und Lügner, ein Verräter und ein Schlitzohr. Doch ein Mörder war er nicht. Er hasste Gewalt, hasste Rohheit und Grobheit. Ja, er konnte noch nicht einmal ohne Schaudern mit ansehen, wenn die Büttel des Schultheißes einem Taschendieb öffentlich eine Hand abhackten oder einem Gotteslästerer die Zunge herausrissen. Im Grunde, so dachte Madrigal von sich selbst, war er ein Mann von feinem Gemüt, ein Schöngeist gar, der unter den rauen Sitten seines Herrn litt.
»Bis dahin ist es noch ein langer Weg«, beschwichtigte er Dom Pedro. »Zunächst einmal müssen wir bei den anderen Admiralen, die über die Mittel einer erneuten Reise mit entscheiden dürfen, Misstrauen sähen.«
»Wie sollen wir das anstellen?«, fragte Dom Pedro. »Da Gama zählt einen Großteil des königlichen Rates zu seinen Freunden.«
»Nun, beim Geld hört die Freundschaft auf, Dom Pedro.«
Madrigals Blick verlor sich nachdenklich in der Ferne. Doch dann glätteten sich seine Züge und er hatte es eilig, sich von Dom Pedro zu verabschieden.
»Ihr wisst, Herr, was Ihr zu tun habt?«, fragte er, bereits in der Tür stehend.
»Ich werde einigen meiner Freunde noch heute einen Anstandsbesuch abstatten«, erklärte Dom Pedro grinsend und erhob sich aus seinem Bett.
»Vergesst den Grafen de Alvarez nicht«, empfahl Madrigal mit Nachdruck. »Im Übrigen rate ich Euch dringend, die Hochzeit mit Doña Charlotta recht bald abzuhalten.«
Dom Pedro machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das Weib kann warten. Sie wird mir nicht weglaufen, dafür habe ich gesorgt. Ich habe im Augenblick Wichtigeres zu tun, als mich um die Launen eines verwöhnten, unbefriedigten Frauenzimmers zu bekümmern.«
Madrigal kam noch einmal zurück in das düstere, stickige Gemach und
Weitere Kostenlose Bücher