Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
Art, seinen unbändigen Stolz.
Sie ging zurück zu Vascos Lager, legte sich neben ihn und versuchte, den Kranken mit der Wärme ihres Körpers zu wärmen. Sie nahm ihn in die Arme wie ein Kind, presste ihre heißen, weichen Lippen auf seinen Mund, als wolle sie ihm ihren Lebensatem einhauchen. Eine unbändige Zärtlichkeit für den Kapitän erfüllte sie, füllte sie ganz aus. Eine Zärtlichkeit, die sie noch nie für einen anderen Menschen empfunden hatte. Ja, sie liebte Vasco da Gama und, ja, sie wusste, dass diese Liebe ihr nicht bestimmt war. Aber sie konnte trotz des Wissens darüber nicht aufhören, ihn zu lieben. Obwohl sie wusste, dass diese Liebe ihr Untergang war und Vasco sein Herz an eine andere Frau verloren hatte. Eine Frau, die ihn verraten und betrogen hatte, die nun zu seinen Feinden zählte – und die er trotzdem noch immer liebte.
Die Zärtlichkeit, die sie für Vasco empfand, durchströmte sie mit der Hitze eines Sommerregens und wärmte ihren Leib, so dass sie diese Wärme an ihn weitergeben konnte.
Ohne sich weiter um Arabinda zu kümmern, der nun mit offenen Augen dasaß, auf die Liegenden starrte und leise seltsame Sprüche vor sich hin murmelte, schlief sie schließlich ein.
Es musste tiefe Nacht sein, als Suleika von einem Geräusch erwachte. Das Verlies lag im Dunkeln. Kein einziger Lichtstrahl drang durch die Maueröffnung, so dass sie vermutete, es sei tiefe Nacht. Schon lange war ihr das Zeitgefühl abhanden gekommen. Nur die Dunkelheit, die so dicht war, dass sie nicht einmal die Hand vor Augen erkennen konnte, und die Stille im ganzen unterirdischen Gewölbe, zeigten an, dass sich ringsum alles zur Ruhe begeben hatte.
Doch irgendetwas hatte sich im Verlies verändert. War es ein Luftzug, der sie aufwachen ließ? Ein fremder Geruch? Ein winziger Laut? Sie lauschte in die Dunkelheit, doch alles blieb still. Sie musste sich getäuscht haben. Mit einer Hand tastete sie nach Vascos Gesicht, strich beruhigend über seine heiße Stirn, hörte auf das rasselnde Atemgeräusch aus seiner Brust und legte sie sich erneut nieder, um zu schlafen. Doch sie schrak erneut auf. Wieder war da etwas Unbenennbares, von dem Gefahr ausging. Suleika hätte nicht erklären können, woher dieses Wissen kam, doch sie war sich sicher, dass irgendetwas im Kerker anders war als sonst. Anders und bedrohlich auf eine Art, die sie nicht benennen konnte. Alle Muskeln in ihrem Körper spannten sich an, ihre Sinne waren geschärft. Sie versuchte so ruhig wie möglich zu atmen, um Schlaf vorzutäuschen. Mit offenen Augen starrte sie an die Decke, und allmählich gewöhnten sie sich an die Dunkelheit.
Da war es wieder! Ein leises, tappendes Geräusch wie von nackten Fußsohlen, die leicht über den Boden glitten und langsam immer näher kamen. Suleika richtete sich geräuschlos auf und starrte in ein Gesicht mit brennenden Augen und heißem Atem.
Schon wirbelte ein Schatten durch die Luft, stürzte sich auf da Gama. Ein erschreckter Ausruf, ein heiseres Röcheln genügte, um Suleikas Kräfte zu entfesseln. Wie eine Mutter, die ihr Junges verteidigte, stürzte sie sich auf den Schatten. Es gelang ihr, in sein dichtes Haar zu greifen. Mit aller Kraft zog sie daran. Als der Schatten seinen Kopf hob, stach Suleika ihm mit einem Finger in das Auge. Ein Schmerzenslaut, ein gequälter Schrei drang durch das Gewölbe.
»Arabinda!«, schrie Suleika entsetzt, als sie die Stimme erkannte.
Und dann zog sie ihren Diener mit aller Kraft an den Haaren, trat ihn mit ihren Füßen, gleichgültig, wohin sie traf.
Auch da Gama war inzwischen erwacht. Sein Stöhnen mischte sich in das Keuchen Suleikas und Arabindas. Seine Gliedmaßen gerieten in das Gerangel. Er spürte Suleikas Haar in seinem Gesicht, aber vor allem Arabindas Hände, die sich fest um seine Kehle gepresst hatten und sie so fest umklammert hielten, dass er kaum zu atmen vermochte.
Er griff nach den Händen, versuchte, sich aus dem Würgegriff zu befreien und rang gleichzeitig nach Atem. Das Gewicht von Arabindas Körper lag schwer auf seinem gemarterten Leib. Jeder Knochen schmerzte, dazu dieser qualvolle Druck auf der Kehle. Wie ein Ertrinkender versuchte er Atem zu schöpfen, röchelte unter dem harten Griff. Langsam schwanden ihm die Sinne. Alles ringsum versank in einen Nebel der Bewusstlosigkeit. Wie von weit her hörte er das Keuchen der Kämpfenden. Der Schmerz begann schon seinen Körper zu verlassen. Leicht, ganz leicht wurde ihm. Ein letztes Röcheln
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