Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
wollte«, erwiderte Charlotta und ihre Stimme klang dabei schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
»Warum sagt Ihr das?«, wollte die andere Frau wissen. »Ich würde Euch jedenfalls vermissen.«
Was war mit Charlotta los? Sie spürte auf einmal, dass Ärger und Verzweiflung in ihr hochschössen, ihr wie bitterer Saft in die Kehle stiegen. Ohnmächtig fühlte sie sich, ohnmächtig angesichts der Dinge, die geschehen würden und auf die sie keinerlei Einfluss haben würde. Ausgeliefert fühlte sie sich. Ausgeliefert Dom Pedro und seinen Launen, ausgeliefert aber auch der Prinzessin von Kalikut, die mehr zu wissen schien, als sie vorgab.
»Ausgerechnet Ihr müsst das sagen!«, zischte Charlotta. »Es würde Euch nur jemand fehlen, der Euch in der Küche hilft. Ansonsten, so glaube ich, wäret Ihr nur zu gern bereit, auf meine Gesellschaft zu verzichten.«
Charlotta ahnte, dass ihre Worte ungerecht waren, doch sie war nicht in der Lage, sie abzumildern. Suleika war immer freundlich zu ihr gewesen, doch die Eifersucht, die plötzlich über Charlotta herfiel, verwandelte jedes ihrer Worte und gab ihm einen neuen Sinn. Und überhaupt: Viele, viele Wochen war die Prinzessin von Kalikut mit Vasco da Gama an Bord der Sao Gabriel gewesen. Hatte nicht Dom Pedro erzählt, wie das Lendenfeuer in den Männern loderte, die wochenlang nichts anderes als Wasser, Wasser und noch einmal Wasser sahen? Hatte sie nicht selbst gehört, wie er Madrigal von den unzüchtigen Ausschweifungen berichtet hatte?
»Es tut mir Leid, dass Ihr so denkt«, sagte Suleika und sah Charlotta offen in die Augen. »Ich hatte geglaubt, wir könnten Freundinnen werden.«
»Eine Bündnis in der Not sollte niemals mit einer Freundschaft verwechselt werden«, konterte Charlotta – und schämte sich gleichzeitig für ihre Worte.
Brüsk wandte sie sich ab und marschierte über das Deck davon. Aus den Augenwinkeln sah sie den Schatten eines Mannes hinter einem nahen Mast, doch sie war zu aufgewühlt, um sich darum zu kümmern. So sah sie nicht, dass es Alonso Madrigal war, der dort stand, ihrem Gespräch gelauscht hatte und nun flugs zu Dom Pedro eilte, um ihm zu sagen, was er gehört hatte.
»Die Prinzessin von Kalikut hat Gefallen an Eurer Gattin gefunden. Zur Freundin hätte sie sie gern, hat sie gesagt. Es wäre falsch, Dom Pedro, Charlotta jetzt von Bord zu schicken.«
»Und meine Frau?«
Madrigal grinste. »Sie ist eine Raubkatze. Wer weiß das besser als ihr. Sie hat Suleika angefaucht wie eine Katze, die um ihren Kater kämpft.«
Dom Pedro hielt eine Schreibfeder in der einen Hand und schlug mit dieser nachdenklich in die Innenfläche der anderen Hand.
»Ich hatte den Eindruck, sie kann es gar nicht erwarten, von der Sao Manuel zu verschwinden und nach Lissabon unter ihr weiches Federbett zurückzukehren.«
»Auch ich hatte denselben Eindruck. Aber wolltet Ihr Charlotta nicht Gehorsam beibringen? Nun, jetzt wäre die Gelegenheit dazu da. Verweigert Ihr die Rückkehr und schickt sie stattdessen morgen gemeinsam mit den Fischern und Suleika zum Angeln nach Terra Alta.«
Madrigal beugte sich über die Karte, die ausgebreitet vor Dom Pedro auf dem Tisch lag und fuhr mit dem Finger eine Linie nach. »Heute Nachmittag werden wir östlich an Lanzerote vorbeisegeln. Am frühen Morgen müssten wir die Bucht von Terra Alta erreicht haben.«
Erstaunt sah Dom Pedro seinen Berater an. »Seit wann könnt Ihr Karten lesen?«
Alonso Madrigal lächelte mild. »Meint Ihr etwa, ich habe die Katze im Sack gekauft? Bartholomeo Diaz, der größte Kartograf des Reiches, hat mich einige Stunden lang in dieser Kunst unterwiesen.«
»Hmm«, knurrte Dom Pedro, unschlüssig zu entscheiden, ob ihm die neue Kunst seines Beraters gelegen kam. »Dann werden wir also ohne Halt an Lanzerote vorbei segeln, und Charlotta muss wohl oder übel an Bord bleiben. Sorgt dafür, Madrigal, dass die Frauen morgen bei der ersten Dämmerung geweckt werden. Das Beiboot soll in die Nähe der Bucht fahren. Ein halbes Dutzend Körbe voller Fisch sollen sie fangen. Vorher brauchen sie nicht zurückzukommen. Und schick Jorges und Nino mit. Beide sind Fischer und Nino zählt zu meinen Vertrauten. Er wird dafür sorgen, dass ich über jedes Gespräch informiert werde.«
»Wie immer gern zu Euren Diensten, Dom Pedro«, erwiderte Madrigal, neigte höflich den Kopf und verschwand, um die notwendigen Anweisungen zu erteilen.
Charlotta hatte die Nachricht, dass sie an Lanzerote vorübersegeln
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