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Im Sturm der Sinne

Im Sturm der Sinne

Titel: Im Sturm der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Breeding
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nichts Ungewöhnliches. Ihr straffer Zopf war noch fest hinten in ihrem Hemd verborgen und geschickt wickelte sie sich nun das Kopftuch um. Zu dumm, dass sie keinen Lederhelm tragen konnte, aber das würde Verdacht erregen. Warum sollte irgendein Soldat, der in ein sicheres Lager heimkehrte, einen tragen?
    Sie stieg auf und konzentrierte sich darauf, ganz ruhig mit dem Wallach zum Tor zu reiten. Ein Blick über den Burghof – weder Angus noch Gilead waren zu sehen. Zweifellos lag Angus in irgendeinem Bett mit Formorian, aber wo war wohl Gilead abgeblieben? Er war den ganzen Abend über nie in ihrer Nähe gewesen, aber immer wenn sie aufgeblickt hatte, hatte sie ihn dabei ertappt, wie er sie beobachtete. Wahrscheinlich versuchte er zu ergründen, warum sie sich Niall gegenüber so freundlich verhielt. Wenn ihr der Steinkreis irgendeinen Hinweise geben konnte, wo der Stein war, dann war das das Letzte, was Niall von ihr gesehen hatte. Trotzdem war sie nicht wenig traurig darüber, dass sie sich Gilead nicht hatte erklären können, oder sich von ihm verabschieden. Schließlich hatte er sie gerettet. Einen Augenblick lang war er der Ritter in glänzender Rüstung gewesen, nach dem sie sich immer gesehnt hatte. Sie fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
    Deidre atmete tief ein, straffte ihre Schultern und ritt aufrecht sitzend durch das Tor. Sie würde sich nicht umdrehen. Entschlossen verfiel sie in einen leichten Galopp, sobald sie um die Kurve gebogen waren und die Burg außer Sichtweite war.
     
    Die Steine ragten hoch vor ihr auf, dunkel im fahlen Mondlicht und als wären sie aus einer anderen Welt. Tiefhängender Nebel hatte sich im Tal ausgebreitet, schmale Nebelfäden drehten sich in die Höhe, leckten an den Steinen und umschlossen die Hufe des Pferdes.
    Deidre stieg ab, ließ Wingers Zügel sinken, machte sie aber nirgendwo fest. Sie ging auf den Kreis zu, zögerte dann aber. Die Luft fühlte sich anders an, schwer und warm, wie eine Decke. Von ferne meinte sie eine altbekannte Melodie zu hören, weich und leicht, wie eine Harfe, die sie aber nicht vollkommen einfangen konnte. Die Melodie umfing sie, ihre flüchtige Harmonie nicht greifbar, und doch berührte sie ihren Geist. Deidre schauderte trotz der milden Nacht. Sie wäre nicht verwundert gewesen, wenn Merlin selbst aus den Nebeln steigen würde.
    Sie blickte nach oben. Der Mond hing direkt über ihr. Es musste fast Mitternacht sein. Sie nahm einen tiefen Atemzug und betrat den Kreis. Sofort spürte sie eine magnetische Anziehungskraft in die Mitte, wo der Kromlech, der Altarstein, stand. Die sanfte Musik war jetzt besser zu vernehmen, als stammte sie von den Steinen selbst.
    Deidre schluckte, kniete sich neben den Altar und versuchte sich daran zu erinnern, was ihre Mutter sie gelehrt hatte, über die Anrufung der Macht. So viele Jahre an Childeberts christlichem Hof hatten ihre Erinnerungen verblassen lassen. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. »Ich rufe die vier Geister an: Cernunnos, König des Waldes; Lleu, König des Windes; Belinos, König des Feuers; Llyr, König des Wassers. Strömt herbei zu mir aus dem Norden, dem Osten, dem Süden, dem Westen. Öffnet mit Eurer Macht ein Tor zwischen den Welten.« Deidre hob ihr Gesicht und ließ die Strahlen des Mondes über ihr Gesicht streichen. »Ich rufe dich an, Isis, Mutter von allem, zeig mir, wo der Stein versteckt ist.«
    Die flüchtige Musik wurde eindringlicher in Tonlage und Rhythmus und zog Deidre auf ihre Beine. Die Arme zum Mond hebend, begann sie sich zu wiegen.
    Sie fühlte sich schwindlig, als die Steine um sie herum sich neigten und zu verblassen begannen. Ein leichtes Rauschen kam auf, als ob plötzlich Wind durch Bäume fuhr, die es gar nicht gab. Das knisternde Geräusch von Flammen, die trockenes Holz verbrennen, wurde gelöscht von einem Strom fließenden Wassers, der all die anderen Geräusche mit sich forttrug. Die Luft vibrierte von Energie. Ein schimmernder Nebel begann sich zu rühren und verwandelte sich in eine junge Frau mit langem rot-goldenem Haar, die in ein hauchzartes weißes Gewand gekleidet war. Es umfloss ihre durchschimmernde Gestalt, die in der Luft zu schweben schien. Sie lächelte Deidre an.
    Deidre versuchte ruhig zu bleiben. Ihre Gabe … hatte etwas heraufbeschworen. Jetzt war nicht die Zeit, die Nerven zu verlieren. Die Erscheinung schien ihr wohlgesinnt.
    »Ich suche nach dem Stein der Weisen«, flüsterte Deidre.
    Der Geist lächelte und

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