Im Sturm der Sinne
das Ufer, um ihn trinken zu lassen. »Zumindest haben wir die andere Seite des Sees erreicht«, sagte er. »Mit etwas Glück gehen sie davon aus, dass wir in den Süden geritten sind, um nach Hause zu gelangen.«
Deidre starrte angestrengt in den sich schnell aufbauenden Nebel. Sie hatten seit einer Stunde nichts mehr gehört, und Gilead hatte diese Lichtung ausgesucht, um Malcolm eine kurze Pause zu gönnen. Und gerade, als sie sich entspannen wollte, entdeckte sie sie.
»Dort!« Sie zeigte auf die Gruppe von Bäumen, aus der sie gerade herausgeritten waren. Mindestens zehn Reiter erschienen dort. Sie hörte, wie Gilead etwas Gälisches murmelte, als er das Pferd lautlos vom Wasser wegführte. Sie musste nicht lange raten, um zu wissen, was es war.
»Werden wir nicht reiten?«, fragte sie.
»Schhhh. Leise«, flüsterte er. »Wenn sie uns im Nebel noch nicht entdeckt haben, will ich nicht, dass sie uns hören können.« Er hatte den Satz kaum beendet, als ein Ruf laut wurde. Gilead fluchte und sprang, sie hinter sich hochziehend, in den Sattel und gab dem Hengst die Sporen.
Malcolm donnerte die Straße um den Loch entlang, und seine mächtigen Läufe beförderten sie nach vorne. Sie ritten fast eine ganze Wegstunde lang in vollem Galopp, bis das große Pferd langsamer zu werden begann. Deidre wusste, dass er stärker war als die Pferde der Sachsen, aber er musste auch zwei Menschen tragen. Gilead zügelte ihn und verließ die Straße. Vor ihnen befand sich ein Eichenwäldchen, dahinter lagen Hügel, deren sanfte Wellen nur von kantigen Granitbrocken durchbrochen waren. Gilead machte hinter einem der größeren Felsen halt.
»Er muss sich etwas erholen«, sagte er, als er die Straße absuchte, auf der sie gekommen waren. Es dauerte nicht lange, bis sie ihre Verfolger hören konnten. Gilead drückte Malcolms Kopf nach unten und legte leicht seine Arme um die Schnauze des Pferdes. »Ganz ruhig, mein Junge. Ganz still.«
Sie beobachteten die Sachsen, als sie an ihnen vorbeigaloppierten. Leichter Regen hatte eingesetzt, der den Nebel, der ihnen Schutz geboten hatte, auflöste.
»Komm, wir gehen zu Fuß weiter«, sagte Gilead, als er Malcolm zu einer Mulde zwischen zwei Hügeln führte. »Hier können wir nicht bleiben. Die Straße ist schlammig; sie werden umkehren, wenn sie merken, dass dort keine Spuren sind.« Er sah in den düsteren Himmel auf. »Vermutlich wird es noch schlimmer werden, wir müssen uns einen Unterschlupf suchen.«
»Sie sind schon zu nah, als dass wir ohne ganz wichtigen Grund anhalten könnten«, sagte Deidre. »Lasst uns weitergehen. Ich bin schon früher nass geworden.«
Er sah sie voll Bewunderung an, nickte aber nur. »Gut. Also weiter.«
Mittags waren sie nass bis auf die Haut, und auch das Pferd sah miserabel aus, wie es seinen Kopf hängen ließ, um den peitschenden Tropfen des vom Wind verstärkten Regens auszuweichen. Sie gingen noch immer zu Fuß, denn Gilead hatte beschlossen, dass es sicherer wäre, auf felsigem Grund zu bleiben, um keine Spuren zu hinterlassen. Die Schuhe, die ihr Ida gegeben hatte, waren zu groß, und Deidre spürte, wie an ihren Sohlen Blasen wuchsen.
»Willst du meinen Überwurf?«, fragte Gilead, als er bemerkte, dass Deidre zitterte. »Er ist noch immer trocken in der Satteltasche verpackt.«
Deidre schüttelte den Kopf. »Er wäre in ein paar Minuten völlig durchweicht. Heb ihn für später auf.« Sie umfasste ihre nassen Arme. »Ich hatte keine Ahnung, dass es hier im Sommer so kalt werden könnte.« Noch nicht einmal die Mistralstürme, die manchmal südlich von Gaul wüteten, waren so schlimm.
»Doch. Wenn sich der Wind dreht und aus den Grampian Mountains weht, passiert das schnell.« Er sah sie mitfühlend an und zog seine Lederweste aus. »Hier. Wickel dich darin ein. Sie hat keine Ärmel, aber es wird deinen Körper ein wenig wärmen.«
»Aber dann habt Ihr nur noch ein dünnes Leinenhemd am Leib«, protestierte Deidre, bemerkte aber gleichzeitig, dass ihm dieses Hemd am Körper klebte und die Muskeln an Brust und Armen hervorhob. Ihr wurde wärmer. Vielleicht, wenn sie ihn einfach weiter ansah …
Sie stolperte, und Gilead fing sie auf. »Vorsicht!«
Deidre fühlte, wie sich ihre Wangen röteten. Das war nicht gerade der richtige Zeitpunkt, um ihre übereifrige Phantasie walten zu lassen. Sie wurden noch immer verfolgt.
»Denkt Ihr, wir haben sie abgehängt?«
»Vielleicht. Ich habe sie nach Westen geführt. Ich weiß nicht, wie weit
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