Im Sturm des Lebens
Absolut perfekt. Natürlich würden sie sich wehren, das taten sie ja jetzt schon. Aber was würde in der Öffentlichkeit hängen bleiben?
Giambelli – Tod.
Flaschen würden in den Ausguss geleert werden. Unverkaufte Ware würde in den Regalen stehen bleiben. Es würde einige Zeit lang ziemlich wehtun und sich sowohl kurz- als auch langfristig auf den Profit auswirken. Profit, den Le Coeur einstreichen konnte.
Das allein war eine große Befriedigung. Beruflich und persönlich. Vor allem persönlich.
Natürlich waren ein paar Menschen gestorben.
Aber das war doch nicht seine Schuld! Er hatte nichts damit zu tun – nicht direkt jedenfalls. Und wenn die Polizei den Schuldigen fasste, wurde der Schaden für Giambelli nur noch schlimmer.
Er wollte noch ein wenig warten. Den richtigen Zeitpunkt abpassen. Sich die Show ansehen. Und wenn es ihm günstig erschien, konnte es ja noch einen anonymen Anruf geben.
Doch dieses Mal nicht bei den Medien, sondern bei der Polizei.
»Digitalis wird aus Fingerhut gewonnen.« Maddy wusste das, sie hatte nachgeschlagen.
»Was?« Zerstreut blickte David auf. Er hatte Berge von Papier auf seinem Schreibtisch, auf Italienisch. Und er konnte es wesentlich besser sprechen als lesen.
»Würde man Fingerhut in der Nähe von Weinstöcken anpflanzen?«, fragte Maddy. »So wie man hier Senf zwischen die Reihen sät? Wegen des Stickstoffs? Das tut wahrscheinlich niemand, weil jeder weiß, dass Fingerhut Digitalis enthält. Aber vielleicht haben sie ja einen Fehler gemacht. Könnten die Trauben infiziert worden sein, wenn Fingerhut in der Nähe wächst und von der Erde aufgenommen wird?«
»Ich weiß nicht, Maddy. Darüber brauchst du dir doch keine Gedanken zu machen!«
»Warum nicht? Du machst dir doch auch Gedanken.«
»Es ist mein Job, mir Gedanken zu machen.«
»Ich könnte dir aber helfen.«
»Liebes, wenn du mir helfen willst, lass mich ein bisschen in Ruhe. Mach deine Hausaufgaben.«
Schmollend verzog sie den Mund. Ein sicheres Zeichen, dass sie beleidigt war, aber David war zu beschäftigt, um sich darum zu kümmern.
»Ich habe meine Hausaufgaben schon gemacht.«
»Nun, dann hilf Theo bei seinen. Oder mach irgendetwas anderes.«
»Aber wenn das Digitalis ...«
»Maddy.« Sein Geduldsfaden riss. »Das ist keine Geschichte oder ein Projekt. Das ist ein äußerst reales Problem, und ich muss mich damit befassen. Geh und beschäftige dich mit etwas anderem.«
»Gut.« Heftig schlug sie die Tür zu seinem Büro hinter sich zu und stampfte wütend davon. Nie wollte er sich von ihr helfen lassen, wenn es um etwas Wichtiges ging! Mach deine Hausaufgaben, red mit Theo, räum dein Zimmer auf. Immer fiel ihm nur so etwas ein.
Pilar Giambelli hätte er bestimmt nicht so weggeschickt. Und dabei hatte die keine Ahnung von Wissenschaft. Sie verstand nur etwas von Musik und Kunst und hübschem Aussehen. Mädchenkram!
Maddy marschierte in Theos Zimmer. Er lag auf dem Bett, seine Musik dröhnte, die Gitarre lag auf seinem Bauch, und er hatte mal wieder das Telefon am Ohr. Dem Ausdruck auf seinem Gesicht nach zu urteilen, redete er mit einem Mädchen. Männer waren so blöd.
»Dad möchte, dass du deine Hausaufgaben machst.«
»Verzieh dich.« Er kreuzte die Knöchel. »Nö, nichts. Nur meine blöde Schwester.«
Das Telefon schlug ihm hart gegen den Kieferknochen, als Maddy sich auf ihn stürzte.
»Au! Warte! Verdammt noch mal, Maddy! Ich rufe dich wieder an.« Er ließ das Telefon fallen und konnte sich gerade noch gegen einen Tritt in seine Geschlechtsteile wehren. »Was, zum Teufel, ist los?«
Sie rangelten miteinander und es gelang ihm, seine Schwester hinunterzudrücken. Sie kämpfte zwar nicht wie ein typisches Mädchen, aber er war immer noch stärker als sie. »Hör auf, du verdammte kleine Schlampe! Was ist los?«
»Ich bin nicht nichts !«, giftete sie und versuchte noch einmal, mit ihrem Knie auszuholen.
»Nein, du bist nur völlig plemplem.« Theo leckte sich über den Mundwinkel und schmeckte Eisen. »Ich blute! Wenn ich Dad ...«
»Du kannst ihm gar nichts erzählen. Er hört keinem zu außer ihr.«
»Wem, ihr?«
»Du weißt genau, wen ich meine. Geh von mir runter, du großer, fetter Idiot. Du bist genauso schlimm wie er, schmust mit irgendeinem Mädchen herum und hörst niemandem zu.«
»Ich habe mich unterhalten«, erwiderte Theo würdevoll. »Und wenn du mich noch einmal schlägst, schlage ich zurück. Auch wenn Dad mich dafür bestraft. Was hast du
Weitere Kostenlose Bücher