Im Sturm des Lebens
würde trotzdem lieber an ihrer Stelle fliegen, aber die Firma braucht mich jetzt hier.«
Maddys Lippen zitterten, während sie zu den Lichtern des Gästehauses blickte. Sie wurde von niemandem gebraucht. »Sie haben wenigstens etwas zu tun.«
»Ja. Wenn ich nur wüsste, was ich als Nächstes tun muss! Es ist einfach alles zu viel.«
Sie warf Maddy einen Blick zu. Das Mädchen war durcheinander und schmollte offenbar wegen irgendetwas. Sophia erinnerte sich noch zu gut daran, wie es war, vierzehn zu sein.
»Wahrscheinlich sitzen wir beide in gewisser Weise im selben Boot. Was die Sache mit meiner Mutter und deinem Vater angeht, meine ich«, sagte sie, als Maddy schwieg. »Es ist ein bisschen komisch.«
Maddy zuckte mit den Schultern. »Ich muss gehen.«
»Okay, aber vorher will ich dir noch etwas sagen. Von Frau zu Frau, von Tochter zu Tochter, wie auch immer. Meine Mutter hat lange ohne einen Mann gelebt, der sich um sie kümmerte. Ich weiß nicht, wie es für dich ist, oder für deinen Bruder oder deinen Vater. Aber für mich ist es mittlerweile schön zu sehen, dass sie jetzt einen guten Mann hat, der sie glücklich macht. Ich hoffe, du gibst ihr eine Chance.«
»Es spielt keine Rolle, was ich tue – oder denke oder sage.«
Sie fühlt sich elend und lehnt alles ab, dachte Sophia. Ja, daran konnte sie sich auch erinnern. »Doch, es spielt eine Rolle. Wenn uns jemand liebt, spielt es sehr wohl eine Rolle, was wir denken und tun.« Als sie Schritte hörte, drehte sie sich um. »Und es sieht so aus, als liebte dich jemand.«
»Maddy!« Atemlos riss David seine Tochter in die Arme. Es gelang ihm, sie zugleich zu umarmen und zu schütteln. »Was machst du denn? Du kannst doch nicht im Dunkeln einfach weglaufen.«
»Ich bin nur spazieren gegangen.«
»Und das hat mich ein Jahr meines Lebens gekostet. Wenn du dich mit deinem Bruder prügeln willst, habe ich nichts dagegen, aber du darfst nie mehr einfach
das Haus verlassen, ohne Bescheid zu sagen. Klar?«
»Ja, Sir.« Obwohl Maddy insgeheim erfreut war, verzog sie das Gesicht. »Ich habe nicht geglaubt, dass du es überhaupt merkst.«
»Da irrst du dich aber.« Er schlang ihr den Arm um den Nacken, eine kleine Geste der Zuneigung, die Sophia schon häufiger aufgefallen war. Es machte sie neidisch. Ihr Vater hatte sie nie so angefasst.
»Zum Teil ist es meine Schuld«, sagte Sophia. »Ich habe sie aufgehalten. Sie kann großartig zuhören. Ich musste meine Gedanken ordnen.«
»Sie sollten das für heute sein lassen. Sie brauchen schließlich all Ihre Kraft für morgen. Ob Ihre Mutter jetzt wohl Zeit hat?«
David merkte nicht, wie Maddy erstarrte, aber Sophia fiel es auf. »Ich glaube schon. Warum?«
»Ich gehe im Moment die ganzen Berichte und Protokolle durch. Sie sind alle auf Italienisch. Ich käme schneller vorwärts, wenn sie jemand lesen würde, der die Sprache besser beherrscht als ich.«
»Ich sage es ihr.« Sophia blickte Maddy an. »Sie wird Ihnen gern helfen.«
»Danke. Jetzt werde ich dieses Gepäckstück hier nach Hause schleppen und ein bisschen darauf einschlagen. Wir sehen uns morgen bei der Besprechung. Um acht Uhr.«
»Ja, bis morgen. Gute Nacht, Maddy.« Sophia sah ihnen nach, als sie auf das Gästehaus zugingen. Ihre Schatten waren so nah beieinander, dass sie im Mondlicht zu einem verschmolzen.
Man konnte dem Kind kaum einen Vorwurf machen. Es war schwer für Menschen, sich auf Veränderungen einzulassen, wenn ihnen das Leben, so wie
es gewesen war, gut schien. Aber es gab eben immer wieder Veränderungen, und es war klüger, sich ihnen anzupassen. Noch besser allerdings war es, sie selbst einzuleiten.
Tyler stellte Radio und Fernseher ab. Er ging nicht ans Telefon. Für ihn war es das Beste, die Medien zu ignorieren. Zumindest ein paar Stunden lang.
Er arbeitete sich durch seine Akten, seine Protokolle und jeden greifbaren Bericht. Er konnte und wollte sicherstellen, dass zumindest bei MacMillan nichts passiert war.
Was er jedoch nicht kontrollieren konnte, waren seine eigenen Fragen in Bezug auf Margaret. Ein Unfall, Selbstmord oder Mord? Selbstmord konnte er ausschließen. Sie war nicht der Typ dazu gewesen, und er selbst war ganz bestimmt nicht so sehr von sich eingenommen, dass er annehmen musste, sie habe sich wegen eines abgesagten Abendessens umgebracht.
Vielleicht war sie an ihm interessiert gewesen, und vielleicht hatte er die Signale übersehen, aber er stand nun mal nicht auf ehrgeizige Karrierefrauen mit
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