Im Sturm des Lebens
treiben.«
»Nonna .. .«
»Später«, erwiderte Teresa. »Es sind noch nicht alle da.«
Die Villa Giambelli lag auf einer weitläufigen Anhöhe über dem Tal und vor einem Wald, der wild belassen worden war. Im Sonnenlicht schimmerten die Mauern golden, rot und ockerfarben und es gab zahlreiche Fenster. Das Weingut war dem Haus in Italien nachgebaut, im Laufe der Zeit jedoch erweitert und gründlich modernisiert worden.
So gab es zum Beispiel einen großen, schön ausgestatteten Probierraum, in dem die Winzer sich verabreden konnten, um die Produkte bei Brot und Käse zu testen. Weinclubs trafen sich viermal im Jahr zu prunkvollen Gesellschaften, und über die Büros vor Ort oder in San Francisco konnten Führungen vereinbart werden.
Der Wein, der bei solchen Gelegenheiten auf dem Weingut erworben werden konnte, wurde in die ganze Welt verschickt.
Die Keller unter den Hügeln dienten mit ihrer kühlen, feuchten Luft zur Lagerung und Reifung des Weines. Die Felder, auf denen die Villa Giambelli und ihre Nebengebäude errichtet waren, erstreckten sich über mehr als hundert Hektar, und während der Ernte duftete die Luft nach der Verheißung des Weins.
Der innere Hof der Villa war mit chiantiroten Fliesen auslegt, und in der Mitte stand ein Brunnen, in dem ein grinsender Bacchus seinen Kelch hob. Wenn die Winterkälte vorüber war, wurden zahllose Töpfe und Kübel nach draußen gestellt, sodass ringsum alles von Blumen und ihrem Duft erfüllt war.
Im Haus gab es zwölf Schlafzimmer und fünfzehn Badezimmer, ein Solarium, einen Ballsaal und ein großes Speisezimmer, das sechzig Gäste aufnehmen konnte. Es gab Musik- und Lesezimmer, Zimmer zum Arbeiten und zur Entspannung. Die Villa beherbergte zudem eine Sammlung amerikanischer und italienischer Kunstwerke und Antiquitäten, die ihresgleichen suchte.
Es gab sowohl einen Außen- als auch einen Innenpool und eine Garage für zwanzig Autos. Auch der Garten war fantastisch. Balkone und Terrassen umgaben das Gebäude, und eine Reihe von Treppen ermöglichte sowohl Gästen als auch der Familie einen individuellen Zugang zu den einzelnen Zimmern.
Als Tyler die Villa zum ersten Mal gesehen hatte, war sie für ihn wie ein Schloss gewesen, voller riesiger Zimmer und mit verwirrend vielen Gängen. Im Moment jedoch empfand er das Haus eher als Gefängnis, in dem er dazu verurteilt war, viel zu viel Zeit mit viel zu vielen Leuten zu verbringen.
Er wollte sich lieber in der kühlen Luft aufhalten, seine Weinstöcke pflegen und heißen Kaffee aus der Thermoskanne trinken. Stattdessen war er im Familiensalon eingesperrt und nippte an einem hervorragenden Chardonnay. Ein Feuer knisterte fröhlich im Kamin, und appetitliche kleine Hors d’oeuvres wurden auf italienischen Keramikplatten herumgereicht.
Tyler konnte nicht verstehen, warum die Leute ihre Zeit und Mühe mit winzigen Häppchen vergeudeten, wo es doch so viel leichter war und schneller ging, sich ein Sandwich zusammenzustellen.
Warum wurde aus dem Essen immer solch ein Ereignis gemacht? Doch diese ketzerischen Gedanken
in einem italienischen Haushalt laut zu äußern, überlegte er, hätte bestimmt zur Folge, dass er auf der Stelle gelyncht würde.
Er war gezwungen gewesen, seine Arbeitskleidung gegen Hose und Pullover einzutauschen – seine Vorstellung von formeller Kleidung. Wenigstens hatte er sich nicht in einen Anzug gezwängt wie ... wie hieß der Kerl noch mal? Don aus Venedig mit der Frau, die viel zu stark geschminkt war, viel zu viel Schmuck trug und immer irgendeinen Säugling an irgendeinem Körperteil kleben hatte. Sie redete zu viel, doch niemand, vor allem nicht ihr Ehemann, schien ihr Beachtung zu schenken.
Francesca Giambelli Russo hingegen sagte kaum einen Ton. Was für ein Kontrast zu La Signora , dachte Ty. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass die beiden Schwestern waren. Francesca war dünn und schwächlich, eine unauffällige kleine Frau, die wie festgeklebt auf ihrem Stuhl saß und so aussah, als ob sie zusammenbrechen würde, wenn jemand sie direkt anspräche.
Ty bemühte sich sehr, das zu vermeiden.
Der kleine Junge, soweit man einen Dämonen aus der Hölle als kleinen Jungen bezeichnen konnte, lag auf dem Teppich und ließ zwei Laster zusammenprallen. Elis Border Collie, Sally, hatte sich hinter Sophias Beinen versteckt.
Tolle Beine, bemerkte Ty geistesabwesend. Sie sah so schlank und gepflegt aus wie immer, als sei sie dreidimensional einer Kinoleinwand entstiegen.
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