Im Sturm des Lebens
Kratzer.« Er betrachtete die Schramme. »Ich könnte etwas zu trinken gebrauchen.«
»Liebling, du könntest eine Dusche gebrauchen.«
»Beides. Ich dusche erst mal. Treffen wir uns in einer Stunde auf der großen Terrasse?«
»Warum?«
»Wir machen eine Flasche Wein auf und erzählen uns gegenseitig, wie unser Tag war. Es gibt ein paar Dinge, derer du dich annehmen solltest.«
»Gut, das kommt mir entgegen. Ich habe selbst auch ein paar Sachen erledigt, die ich besprechen möchte. Manche von uns können arbeiten, ohne danach schmutzig zu sein.«
»Zieh dir was Hübsches an!«, rief er hinter ihr her und grinste, als sie ihm einen Blick über die Schulter zuwarf. »Dass ich dich nicht anfasse, heißt nicht, dass ich nicht gern gucke.«
Als sie im Haus verschwunden war, ergriff Tyler das feuchte Handtuch und atmete ihren Duft ein. Schönheit. Nein, er wollte sie nicht zähmen, genauso wenig, wie er das Land zähmen wollte. Aber bei Gott, es war an der Zeit, dass sie einander endlich akzeptierten.
Sophia würde ihm einiges zu gucken geben. Schließlich war sie Expertin für Verpackungsfragen. Sie trug Blau, ein dunkles Gewitterblau. Das Kleid war kurz und tief ausgeschnitten, betonte ihre Brüste und ihre langen Beine. Sie legte eine Kette um, von der ein einzelner Saphir tief in dem Spalt zwischen ihren Brüsten hing. Dann schlüpfte sie in hochhackige Pumps, parfümierte sich und war bereit.
Sie betrachtete sich im Spiegel.
Warum war sie so unglücklich? Natürlich war der Aufruhr um sie herum unangenehm und anstrengend, aber das war nicht der Grund dafür, dass sie im tiefsten Herzen unglücklich war. Wenn sie arbeitete, ging es ihr besser, weil sie sich dann nur auf das konzentrierte, was getan werden musste. Doch sobald sie frei hatte, kehrte das Gefühl zurück. Eine nagende Traurigkeit, eine lähmende Antriebslosigkeit.
Und hinzu kam eine Wut, gestand sie sich ein, die sie nicht identifizieren konnte. Sie wusste noch nicht einmal, auf wen sie überhaupt wütend war. Auf Don, ihren Vater, sich selbst? Auf Ty?
Aber was spielte es schon für eine Rolle? Sie würde das tun, was getan werden musste, und über den Rest konnte sie sich später Gedanken machen.
Jetzt gleich würde sie Wein trinken und sich mit Tyler unterhalten, ihn davon unterrichten, was sie heute erfahren hatte. Und sie würde ihn in einen erotischen Taumel versetzen – im Großen und Ganzen doch eine angenehme Art, den Abend zu verbringen.
»Gott, ich hasse mich«, sagte sie laut. »Und ich weiß nicht einmal, warum.«
Sophia ließ Tyler warten, aber damit hatte er gerechnet. So hatte er Zeit, alles hübsch arrangieren zu lassen. Kerzen standen auf dem Tisch, und Fackeln und Lichterketten in den Blumenkübeln erhellten die geflieste Terrasse.
Er hatte den Wein ausgesucht, einen weichen, jungen Weißwein, und hatte sich vom Küchenpersonal ein paar Canapés erbeten. Das Personal verehrte Sophia, hatte er festgestellt, und war wohl auch für die romantische Stimmung empfänglich.
Das ist gut so, dachte er, während die Angestellten noch kleine Vasen mit Frühlingsblumen herbeitrugen.
Ja, selbst die Musik hatten sie angeschaltet. Er konnte nur hoffen, dass er ihren Erwartungen entsprach.
Er hörte das Klappern der Absätze auf dem Steinboden, stand aber nicht auf. Sophia war viel zu sehr daran gewöhnt, dass sich die Männer um sie scharten oder ihr zu Füßen lagen.
»Was ist denn hier los?«
»Das Personal hat das so hergerichtet.« Tyler wies auf den Stuhl neben sich. »Man braucht hier nur ein bisschen Wein und Käse zu verlangen, und schon wird man behandelt wie ein König.« Während er den Wein aus dem Kühler nahm, betrachtete er Sophia. »Nun sieh einer an! Das passiert also, wenn ich dich bitte, etwas Hübsches anzuziehen. Na, wenn man in einem Schloss wohnt ...«
»Nicht ganz dein Stil, aber du scheinst dich trotzdem wohl zu fühlen.«
»Es hat eindeutig meine Stimmung gehoben, dass ich heute ein bisschen umgraben durfte.« Er reichte ihr ein Glas und stieß mit ihr an. »Salute .«
»Wie schon gesagt, ich habe auch ein bisschen gegraben. Das Hauspersonal ist äußerst mitteilsam. Ich habe erfahren, dass Don regelmäßig hier gewesen ist, ohne darüber zu berichten. Er war zwar nie allein hier, aber selten mit Gina.«
»Ah, das Liebesnest.«
»Offensichtlich. Der Name der Geliebten ist Signorina Chezzo. Sie ist jung, blond, dumm und frühstückt gern im Bett. In den letzten Jahren ist sie häufig hier zu Gast
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