Im Sturm des Lebens
mir egal. Ich verdiene selbst welches. René dagegen ist nur eine goldgrabende Nutte.«
»Und so haben Sie sie auch genannt, als Sie letzten Dezember in ihrer Wohnung anriefen«, sagte Maguire.
»Vielleicht. Ich habe keine Angst davor zu sagen, was ich denke. Das ist etwas ganz anderes, als jemanden umzubringen. Meine Beziehung zu Jerry ist rein geschäftlich. Wenn er etwas mit Tonys Tod oder den anderen Morden zu tun hat, dann ist das seine Sache. Ich stehe ihm nicht zur Seite. Dieses Spiel spiele ich nicht mit.«
»Und was für ein Spiel.« Maguire setzte sich hinters Steuer. »Da liebe ich doch ein nettes, sauberes ›Ich habe ihn umgebracht, weil er mich die ganze Woche lang auf der Autobahn geschnitten hat‹.«
»Drake hat Angst bekommen. Sie glaubt, DeMorney hat das alles angerichtet, und sie steht in der Schusslinie.«
»Er ist aalglatt.«
»Ja. Wir sollten mal ein bisschen mehr Druck auf ihn ausüben. Je glatter sie sind, desto fester musst du drücken.«
29
D as würde er nicht tolerieren. Die blöden Polizisten standen bestimmt auf der Gehaltsliste von Giambelli. Daran zweifelte er nicht.
Natürlich konnten sie ihm nichts nachweisen. Aber der Muskel in Jerrys Wange zuckte, während Zweifel durch seinen Kopf wirbelten. Nein, da war er sicher. Ganz sicher. Er war sehr, sehr vorsichtig gewesen. Aber darum ging es gar nicht.
Die Giambellis hatten ihn schon einmal öffentlich gedemütigt. Avanos Affäre mit seiner Frau hatte seinen Namen in die Schlagzeilen gebracht und ihn gezwungen, sein Leben und seinen Lebensstil zu ändern. Er konnte ja wohl kaum mit der untreuen Schlampe verheiratet bleiben – vor allem, wenn alle Leute von der Sache wussten.
Es hatte ihn Ansehen und seine Stellung in der Firma gekostet. In den Augen seines Großonkels konnte ein Mann, der seine Frau an einen Konkurrenten verlor, auch Kunden an Konkurrenten verlieren.
Und Jerry, der immer als der Erbe von Le Coeur gegolten hatte – vor allem in seiner eigenen Vorstellung –, musste eine schmerzliche Degradierung einstecken.
Die Giambellis hatten nicht darunter gelitten. Die drei Frauen hatten über allem gestanden. Über Pilar hatte man mit respektvollem Mitgefühl geredet,
über Sophia mit stiller Bewunderung. Und von der großen La Signora war überhaupt nie die Rede gewesen.
Bis er das geändert hatte.
Nach jahrelanger Planung und vollendeter Ausführung war seine Rache mitten ins Herz der Giambellis gedrungen. Sie hatte die Familie durchschnitten wie ein Skalpell. Rufschädigung, Skandal, Misstrauen – und das alles von Familienmitgliedern verursacht. Die Rache war perfekt.
Doch trotz seiner Planung und seinem vorsichtigen Verfahren gingen sie jetzt gegen ihn vor. Sie wussten, dass er sie bezwungen hatte, und sie versuchten doch noch, ihn zu stürzen. Das würde er nicht zulassen.
Glaubten sie etwa, er würde es tolerieren, dass seine Partner über ihn redeten – über ihn, einen DeMorney? Allein die Vorstellung erfüllte ihn schon mit bitterer Wut.
Seine eigene Familie hatte ihn verhört. Verhört über seine Geschäftspraktiken! Diese Heuchler! Oh, es machte ihnen doch auch nichts aus, wenn ihr Marktanteil größer wurde. Hatten sie damals Fragen gestellt? Aber beim ersten Anzeichen von Erschütterung auf der ruhigen Wasseroberfläche machten sie ihn zum Sündenbock.
Er brauchte sie gar nicht. Er brauchte ihre scheinheiligen Fragen über sein moralisches Verhalten, seine Methoden und seine persönlichen Pläne nicht. Er würde nicht darauf warten, dass sie ihm kündigten, wenn sie das überhaupt wagten. Er war finanziell unabhängig. Vielleicht sollte er sich einmal eine Pause gönnen. Ein ausgedehnter Urlaub, eine komplette Ortsveränderung.
Er würde nach Europa gehen, und sein Ruf dort würde ihm jede Position bei jedem Unternehmen, das er wählte, sichern. Wenn er wieder bereit war zu arbeiten. Wenn er bereit war, Le Coeur die mangelnde Loyalität heimzuzahlen.
Aber bevor er sein Leben neu strukturierte, würde er zunächst seine Aufgabe zu Ende führen. Und dieses Mal persönlich. MacMillan dachte, er habe nicht den Mumm, selbst den Drücker zu betätigen? Er würde es ihm schon zeigen, gelobte sich Jerry. Er würde es ihnen allen zeigen.
Die Frauen der Giambellis würden es ihm teuer bezahlen, dass sie sich ihm entgegengestellt hatten.
Sophia sah ihre E-Mails durch. Sie hätte sich lieber persönlich in San Francisco um die Berichte, Protokolle und offenen Fragen gekümmert, aber sie
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