Im Sturm des Lebens
ihm wichtig war. Und vor allem nicht derart brutal und plötzlich.
Als er in die Auffahrt einbog, öffnete sie die Augen. Ihre Hände lagen ineinander verschlungen in ihrem Schoß.
Die Luftblase ist geplatzt, dachte Ty, als er sah, wie ihre Knöchel weiß wurden.
»Ich komme mit dir.«
Sie wollte ablehnen und erwidern, das könne sie schon allein. Es war schwer zuzugeben, dass sie nicht sicher war, was sie überhaupt noch allein konnte. Und er gehörte zur Familie. Sie brauchte jetzt ihre Familie.
»Danke. Meine Mutter ...« Sie schluckte, als sie am Fuß der Treppe anhielten. »Für meine Mutter wird es sehr schwer sein.«
»Sophia.« Tyler legte seine Hand über ihre. »Sophia«, sagte er noch einmal, bis sie ihn anblickte. »Alle Menschen denken immer, sie müssten stark sein. Das ist gar nicht nötig.«
»Für die Giambellis schon. Ich fühle mich wie erstarrt, Ty. Und ich habe Angst davor, was mit mir passiert, wenn sich diese Erstarrung löst. Ich habe Angst davor, dass ich anfange nachzudenken, zu fühlen. Ich kann im Moment nur einen Schritt nach dem anderen machen.«
»Dann machen wir jetzt den nächsten Schritt.«
Er stieg aus dem Auto und ging auf ihre Seite. Ihre Kehle brannte. Tyler ergriff ihre Hand.
Das Haus war warm und vom Duft der Blumen erfüllt. Sophia blickte sich wie eine Fremde in der großen Eingangshalle um. Nichts hatte sich verändert. Wie war es möglich, dass sich nichts verändert hatte?
Maria kam in die Eingangshalle. Sophia hatte das Gefühl zu träumen.
»Maria, wo ist meine Mutter?«
»Oben. Sie arbeitet in deinem Büro. Miss Sophia?«
»Und La Signora ?«
Unbehaglich blickte Maria Tyler an. »Sie ist mit Mr. Mac auf den Feldern.«
»Würdest du sie bitte holen lassen? Beide?«
»Ja, sofort.«
Maria eilte davon und Sophia ging zur Treppe. Musik drang aus ihrem Büro. Irgendetwas Leichtes und Beschwingtes. Sophia erreichte die Tür und sah ihre Mutter über die Tastatur des Computers gebeugt dasitzen.
»Was soll das heißen, diese Funktion ist nicht zulässig? Verdammt noch mal, ich hasse dich!«
Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sich Sophia über diesen Ausbruch amüsiert. Aber jetzt wäre sie am liebsten in Tränen ausgebrochen.
»Mama?«
»Oh, Gott sei Dank! Sophia, ich habe irgendetwas falsch gemacht, was, weiß ich nicht. Ich sitze schon seit einer Stunde an diesem Ding hier, und ich mache immer noch alles falsch!«
Pilar schob den Stuhl vom Schreibtisch zurück, blickte auf – und erstarrte.
»Was ist los? Was ist passiert?« Sie kannte das Gesicht ihrer Tochter auswendig. Ihr Magen zog sich zusammen und sie eilte auf Sophia zu. »Was ist passiert?«
»Mama.« Jetzt ändert sich alles, dachte Sophia. Wenn es erst einmal ausgesprochen war, würde nichts mehr so sein wie vorher. »Mama, es geht um Dad.«
»Ist er verletzt? Ist er krank?«
»Er ...« Sie brachte die Worte nicht über die Lippen. Sophia ließ Tys Hand los und schlang die Arme um ihre Mutter.
Pilar wurde ganz ruhig. »O Gott. Oh, mein Gott.« Sie drückte ihr Gesicht in Sophias Haare und begann, sie zu wiegen. »Nein. Oh, Liebes, nein.«
»Es tut mir Leid. Es tut mir so Leid, Mama. Wir haben ihn gefunden. In meiner Wohnung. Jemand ... jemand hat ihn dort umgebracht.«
»Was? Warte.« Zitternd hob sie den Kopf. »Das kann nicht wahr sein.«
»Setz dich, Pilar.« Tyler führte die beiden Frauen zu der Chaiselongue, die an der Wand stand.
»Nein, nein. Das kann nicht stimmen. Ich muss ...«
»Setzt euch«, wiederholte Tyler und drückte sie beide sanft auf das Sofa. »Hört mir zu. Seht mich an.« Er wartete, bis Pilar nach Sophias Hand griff. »Ich weiß, dass es für euch beide schlimm ist. Avano war in Sophias Wohnung. Wir wissen nicht, warum. Es sah so aus, als habe er sich dort mit jemandem getroffen.«
Pilar blinzelte. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. »In Sophies Wohnung? Was meinst du damit?«
»Auf dem Tisch standen eine Flasche Wein und zwei Gläser.« Er rief sich die Szene ins Gedächtnis. »Wahrscheinlich hat ihn derjenige, mit dem er sich dort getroffen hat, umgebracht. Die Polizei hat Sophia schon verhört.«
»Sophia!« Pilar umklammerte die Hand ihrer Tochter. »Die Polizei ...«
»Sie werden dir auch noch Fragen stellen. Ich weiß, dass es schwer ist, jetzt überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen, aber du musst dich darauf vorbereiten, dass sie zu dir kommen werden. Du solltest besser einen Anwalt anrufen. Für euch beide.«
»Ich will keinen
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