Im Sturm des Lebens
wie ein Lauffeuer durch das Gebäude gehen. Aber er hatte sich wie ein Freund verhalten. Daran würde sie sich immer erinnern.
»Ich weiß nicht, was er in meiner Wohnung gemacht hat«, sagte Sophia zum wiederholten Mal. Sie musterte das Gesicht des Mannes, der sie verhörte. Aber sie konnte sich nicht darauf konzentrieren, genauso wie sie immer wieder seinen Namen vergaß – Detective Lamont? Claremont?
»Hatte Ihr Vater oder irgendeine andere Person einen Schlüssel?« Der Name war Claremont. Alexander Claremont.
»Nein. Ich ... ja.« Sophia drückte sich die Fingerspitzen
an die Schläfen, als ob sie dadurch ihre Gedanken ordnen könnte. »Ich habe meinem Vater kurz nach meinem Einzug einen Schlüssel gegeben. Seine Wohnung wurde renoviert, und ich plante eine Auslandsreise. Also bot ich ihm an, bei mir zu wohnen, solange ich weg war. Ich glaube nicht, dass er mir den Schlüssel jemals zurückgegeben hat. Ich habe aber auch nicht mehr daran gedacht.«
»Hat er Ihre Wohnung oft benutzt?«
»Nein. Er hat sie noch nicht einmal benutzt, als ich sie ihm anbot, sondern ist ins Hotel gezogen.« Zumindest hat er das gesagt, dachte sie. Hatte er damals doch in ihrer Wohnung gewohnt und später womöglich auch noch öfter? War sie nicht manchmal von einer Reise zurückgekommen und hatte das Gefühl gehabt, während ihrer Abwesenheit sei jemand da gewesen?
Nein, das war dumm. Ihr Vater hatte doch gar keinen Grund gehabt, ihre Wohnung zu benutzen. Er hatte doch seine eigene, die er mit René bewohnte.
Er hat deine Mutter betrogen, murmelte eine Stimme in ihrem Kopf. Er hat auch René betrogen.
»Ms. Giambelli?«
»Verzeihung. Was haben Sie gesagt?«
»Möchtest du ein Glas Wasser? Oder irgendetwas anderes?«, unterbrach Tyler den Polizisten, um ihr etwas Zeit zu verschaffen.
»Nein. Nein, danke. Es tut mir Leid, Detective, ich habe nicht zugehört.«
»Ist schon in Ordnung. Ich habe gefragt, wann Sie Ihren Vater zuletzt gesehen haben.«
»Samstagabend. Wir hatten ein Fest auf unserem Weingut. Es findet jedes Jahr statt, und mein Vater war auch anwesend.«
»Um wie viel Uhr ist er gegangen?«
»Das kann ich nicht sagen. Es waren so viele Leute da, und er hat sich auch nicht von mir verabschiedet.«
»Kam er allein?«
»Nein, seine Frau war bei ihm. René.«
»Seine Frau ...?«
»Ja. Er hat am Tag der Party geheiratet. René Foxx. Haben Sie es ihr noch nicht mitgeteilt?«
»Ich wusste nichts von ihr. Kann ich sie unter der Adresse Ihres Vaters erreichen?«
»Ja, ich ... Ja«, sagte Sophia noch einmal und drängte die Worte zurück, die ihr beinahe herausgerutscht wären.
»Haben Sie eine Pistole, Ms. Giambelli?«
»Nein.«
»Sie hatten keine Pistole in Ihrer Wohnung?«
»Ich mag Pistolen nicht.«
»Besaß Ihr Vater eine Waffe?«
»Ich weiß nicht. Meines Wissens nicht.«
»Wann waren Sie zum letzten Mal in Ihrer Wohnung?«
»Vor über einer Woche. Wie ich Ihnen bereits sagte, werde ich in den nächsten Monaten hauptsächlich in Napa wohnen. Ich bin heute hierher gekommen, um ein paar Sachen zusammenzupacken, nachdem Mr. MacMillan und ich in unserem Büro in der Stadt waren.«
»Wie war Ihre Beziehung zu Ihrem Vater?«
Sophias ganzer Körper wurde steif. Tyler, der neben ihr saß, konnte es förmlich spüren. »Er war mein Vater, Detective. Ich erspare Ihnen die Mühe, mich zu fragen, ob ich ihn umgebracht habe. Nein, ich habe ihn nicht umgebracht. Und ich weiß auch nicht, wer es getan haben könnte, oder warum.«
Claremonts Stimme blieb ruhig. »Hatte Ihr Vater Feinde?«
»Offensichtlich.«
»Die Sie gekannt haben«, fügte er hinzu.
»Nein, ich kenne niemanden, der ihn getötet haben könnte.«
Claremont blickte auf seinen Block und studierte eifrig seine Notizen.
»Wie lange sind Ihre Eltern schon geschieden?«
»Sie haben seit über sieben Jahren getrennt gelebt.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Sie haben im Übrigen schon seit meiner Kindheit nicht mehr wirklich zusammengelebt.«
»Dann ist diese René Foxx also die zweite Frau Ihres Vaters?«
»Ja.«
»Sie haben gerade erst vor ein paar Tagen geheiratet?«
»So wurde es mir gesagt.«
»Wann wurden Ihre Eltern geschieden, Ms. Giambelli?«
In ihrem Magen krampfte sich ein kalter Klumpen zusammen. Sie wollte sich nicht anmerken lassen, dass der Mann sie nervös machte. »Ich glaube, die Scheidung ist einen Tag, bevor mein Vater René geheiratet hat, offiziell verkündet worden. Es war nur eine Formalität, Detective.«
Obwohl ihre
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