Im Sturm des Lebens
Aber ich dachte, es sei nur ein kleiner Flirt.«
»Sophia, es mag dich überraschen, aber ich arbeite gerade, und ich möchte wirklich nicht über die persönlichen Angelegenheiten deiner Mutter mit dir reden.«
Tyler schwenkte den Wein vorsichtig im Glas, steckte seine Nase hinein und roch daran, vollkommen auf seine Aufgabe konzentriert.
»Sie haben noch nicht miteinander geschlafen.«
Er zuckte sichtlich zusammen, und das Weinbouquet entging ihm. »Verdammt, Sophia!«
»Wenn sie schon miteinander geschlafen hätten, bräuchte ich mir keine Sorgen zu machen. Das würde bedeuten, dass es sich nur um körperliche Anziehung gehandelt hat. Aber ich glaube, es wird etwas Ernstes. Doch was wissen wir eigentlich wirklich über David? Eigentlich nur Berufliches. Er ist geschieden, und wir wissen nicht, warum. Vielleicht ist er ja ein Casanova oder ein Opportunist! Wenn man mal darüber nachdenkt, dann hat er mit meiner Mutter angefangen, gleich nachdem mein Vater ...«
Tyler roch erneut an dem Wein und schrieb seine Noten auf. »Das klingt so, als wolltest du sagen, dass deine Mutter ihm nicht aus eigener Kraft gefallen kann.«
»Ach was.« Beleidigt griff Sophia nach einem Glas Merlot und hielt es ans Licht. »Sie ist schön, intelligent, charmant und alles, was ein Mann sich von einer Frau nur wünschen kann.«
Bis auf Vater, dachte sie. Ärgerlich über sich selbst notierte sie die Note für Trübheit. »Ich würde mir ja keine Gedanken machen, wenn sie offen mit mir reden würde! Aber sie sagt nur, dass David und sie gern zusammen sind.«
»Ach nee!«
»Oh, halt den Mund!« Sie roch an dem Wein, schrieb ihre Meinung auf, dann nahm sie einen Schluck und kostete ihn fachmännisch.
»Er ist noch nicht reif.«
Tyler probierte ebenfalls und stimmte ihr zu. »Wir lassen ihn noch ein bisschen älter werden. Viele Dinge entwickeln sich erst, wenn man sie eine Zeit lang sich selbst überlässt.«
»Meinst du das philosophisch?«
»Willst du meine ehrliche Meinung hören oder nur eine Gratis-Zustimmung?«
»Beides wäre wahrscheinlich zu viel verlangt.«
»Genau.« Ty ergriff das nächste Glas und hielt es ans Licht. Aber eigentlich blickte er auf Sophia. Es war schwer, das nicht zu tun, gestand er sich ein. Nicht hinzusehen, nicht zu staunen. Sie saßen in einem kühlen, feuchten Keller, bei einem knisternden Feuer, es roch nach Holz, Rauch und Erde, und Schatten umtanzten sie. Manche Leute hätten dies als romantisch bezeichnet, und er tat sein Bestes, um
nicht zu diesen Leuten zu gehören. So wie er sein Bestes tat, nicht zu oft an sie als Frau zu denken. Sie war höchstens eine Partnerin. Und dazu noch eine, auf die er eigentlich auch verzichten konnte.
Aber seine Partnerin machte sich Sorgen. Er hätte sich einreden können, dass sie sich Probleme machte, wo es keine gab, oder dass sie ihre hübsche Nase in Dinge steckte, die sie nichts angingen, aber er wusste ganz genau, dass Sophia ihre Mutter uneingeschränkt liebte.
»Seine Ex-Frau hat ihn und die Kinder verlassen.«
Sophia schaute von dem Probierglas auf. »Verlassen?«
»Ja. Sie hat beschlossen, in die große weite Welt zu ziehen. Mit Kindern und Ehemann konnte sie sich und die weite Welt nicht erforschen, also ist sie gegangen.«
»Woher weißt du das?«
»Maddy hat es mir erzählt«, erwiderte er, schuldbewusst, weil er Dinge weitererzählte, die ihm anvertraut worden waren. Das Mädchen hatte nicht viel von ihrem ehemaligen Leben erzählt, aber Ty hatte sich ein ziemlich klares Bild machen können. »Die Mutter scheint sich wohl nicht allzu oft bei ihnen zu melden, und seit sie abgehauen ist, kümmert sich Cutter um alles. Theo hat ein paar Probleme gehabt, und Cutter hat die Stelle hier angenommen, um aus der Stadt wegzukommen.«
»Also ist er ein guter Vater.« Sophia wusste nur zu gut, was es hieß, von einem Elternteil im Stich gelassen zu werden. »Das heißt aber noch lange nicht, dass er gut für meine Mutter ist.«
»Das muss sie selbst entscheiden. Du suchst bei jedem Mann nach irgendwelchen Mängeln, und letztendlich findest du sie auch.«
»Das tue ich nicht.«
»Du tust genau das.«
»Bei dir muss ich gar nicht so lange suchen«, erwiderte sie zuckersüß. »Deine Mängel liegen auf der Hand.«
»Was für ein Glück für uns beide.«
»Du siehst doch kaum hin. Es ist ja auch viel sicherer, sich von Weinreben umschlingen zu lassen als von einem menschlichen Wesen.«
»Reden wir jetzt von meinem Sexleben? Da muss ich wohl
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