Im Sturm erobert
Idiot«, brüllte der Kutscher. »Tot nützen sie uns nichts.«
Beatrice rang nach Luft, als Leo sie um eine Ecke riß und eine weitere dunkle Gasse hinunterrannte. »Was ist passiert? Straßenräuber ? «
»Wenn ich mich nicht irre, hat gerade jemand versucht, uns zu entführen«, sagte Leo.
Kapitel 10
... und flüchtete geradewegs in das innerste Herz eines unbekannten Schicksals. Kapitel zehn, Die Ruine von Mrs. Amelia York
Leo fand endlich seine Orientierung wieder, als sie um die dritte Ecke bogen und in einer gewundenen Straße voller kleiner Läden landeten. Er gestattete Beatrice, ihr Tempo zu verlangsamen. Sie atmete rasch, aber sie hatte während der ganzen irrwitzigen Flucht das Tempo gehalten. Das sollte ihn wohl nicht überraschen, er hatte von Anfang an gewußt, daß sie kein zerbrechlicher Typ war.
Das Mondlicht reichte aus, um den Nebel übernatürlich fluoreszieren zu lassen. Der Dunst schimmerte seltsam, aber es war unmöglich, mehr als ein paar Schritte weit zu sehen.
Es war beinahe Mitternacht, die schmale Straße fast zu still. Es war, als hätte der Nebel die normalen Abendgeräusche verschluckt. Vor ihnen ergoß sich gelbes Licht aus den Fenstern einer Taverne.
»Seid Ihr in Ordnung?« fragte Leo.
»Ich denke schon.« Beatrice schüttelte ihren Umhang aus. »War das Euer Ernst, was Ihr vorhin gesagt habt? Hat jemand tatsächlich versucht, uns zu entführen?«
»Da bin ich mir fast sicher. Die ganze Angelegenheit war viel zu gut inszeniert, um das Werk gewöhnlicher Räuber zu sein.
Das war nicht derselbe Kutscher, der uns ins Theater gefahren hat.«
»Warum sollten sie uns alle entführen wollen, einschließlich Tante Winifred und Arabella?«
»Ich bezweifle, daß sie Eure Verwandten wollten. Sie müssen uns beobachtet haben, als wir aus dem Theater kamen. Als sie gesehen haben, daß Eure Tante und Cousine in die Hazelthorpe-Kutsche stiegen, haben sie zweifellos beschlossen, die Gelegenheit wahrzunehmen, um uns zu schnappen.« »Aber warum sollte uns jemand entführen wollen?«
Leo sah sie an. Da war keine Hysterie in ihrer Stimme, wie er bemerkte. Ein erstaunliches Frauenzimmer. Er zog sie näher zu sich. »Ich bin mir nicht sicher, aber wir müssen die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß diese Bosheit in Zusammenhang mit unseren Ermittlungen steht.«
»Ich hatte befürchtet, daß Ihr das sagt.« Sie zog die Kapuze ihres Umhangs über den Kopf. »Wie schade, daß ich nicht daran gedacht habe, meine Pistole in mein Täschchen zu stecken, bevor ich heute abend das Haus verließ. Von jetzt an werde ich sie nicht mehr zu Hause lassen.«
Sein Mund zuckte. »Macht Euch keine Vorwürfe, Beatrice. Eine Pistole ist kein normales Accessoire für eine Lady, die vorhat, ins Theater zu gehen.« Er griff in die Tasche seines Mantels und zog eine kleine Waffe heraus, die er dort hineingesteckt hatte. »Ich dagegen fühlte mich nackt ohne eine.«
Sie warf einen Blick auf die Pistole. »Ich bewundere Eure Voraussicht.«
»Es war Gewohnheit, nicht Voraussicht.«
»Zu viele Nächte, die ihr mit Eurem Hobby, der Jagd auf Straßenräuber, verbracht habt, kann ich mir vorstellen.«
»Es wäre mir wesentlich lieber, wenn ich sie heute nacht nicht benutzen müßte. Ich vermute aber, daß sowohl der Kutscher als auch seine Kumpane bewaffnet sind.«
»Nicht gerade gute Quoten.« Beatrice erschauderte kurz. »Habt Ihr irgendeine Ahnung, wo wir sind?«
»Cunning Lane.«
Sie musterte die abgedunkelten Läden. »In dieser Gegend war ich noch nie.«
»Ich schon. Gestern war ich hier, um mit einem Mann namens Sibson zu sprechen. Er besitzt einen Antiquitätenladen in dieser Straße. Ich finde es höchst interessant, daß unser Kidnapper in diesem Teil der Stadt unterwegs waren.«
»Wohnt Mr. Sibson über seinem Laden? Vielleicht sollten wir ihn um Hilfe bitten.«
»Keine gute Idee unter den gegebenen Umständen.«
Ihr Kopf schnellte herum. »Verdächtigt ihr ihn, an dieser Entführung beteiligt zu sein?«
»Im Augenblick weiß ich nicht, was ich denken soll. Ich ziehe es vor, so wenige Risiken wie möglich einzugehen.« Er warf einen Blick zurück. »Wir brauchen eine Kutsche, und es ist höchst unwahrscheinlich, daß wir zu dieser Stunde hier eine finden. Wir müssen zu Fuß aus diesem Viertel raus.« »Ehrlich gesagt bin ich nicht sonderlich erpicht darauf, in eine weitere, gemietete Kutsche zu steigen«, gab Beatrice zu. Bevor er antworten konnte, hörte Leo eine Männerstimme in der Ferne.
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