Im Sturm erobert
war, traf ihn wie ein Vorschlaghammer. Verfluchte Hölle. Was hatte er getan?
Es war nicht möglich. Er hatte doch wohl nicht gerade Beatrice zum ersten Mal im Schlafzimmer einer Dirne geliebt.
Sie würde ihm das wahrscheinlich nie verzeihen.
»Ich hab gelogen, was meine Ehe angeht«, sagte Beatrice sehr präzise.
»Wie bitte?« Ein Gefühl von Verzweiflung krallte sich in seine Eingeweide. Er mußte tatsächlich irre sein.
Sie räusperte sich. »Entgegen der Familienlegende war meine Ehe mit Justin Poole keine vollkommene, harmonische Vereinigung des Körperlichen und des Metaphysischen.«
»Ich verstehe.« Leo, der sich auf ihre vernichtende Empörung eingestellt hatte, starrte sie einen Moment lang ratlos an. Dann begriff er, was sie da gesagt hatte, und spürte, wie Lachen in ihm aufstieg.
»Leo?« Sie schüttelte ihn. »Was ist denn? Ich finde diese Situation gar nicht amüsant.«
»Euer Mann muß ein verdammter Idiot gewesen sein, Mrs. Poole.«
»Du begreifst das nicht. Justin war ein Mann, der Leidenschaft und Verlangen erfahren hat, wie es nur wenige können. Er hatte die Seele eines Poeten. Sein einziges Verbrechen war, daß er zu heftig geliebt hat.«
»Aber er hat nicht dich geliebt?«
»Nein, er hat sein Herz einer anderen Frau geschenkt, bevor er mich kennenlernte. Aber sie war gezwungen, einen Mann zu heiraten, der alt genug war, ihr Großvater zu sein. Justin konnte es nicht ertragen. In unserer Hochzeitsnacht hat er ihren Namen gerufen, und dann weinte er. Ich war gezwungen, ihn bis zum Morgengrauen zu trösten.« Beatrice hielt inne. »Und im Verlauf unserer Ehe hat sich nichts gebessert.« »Ich hatte recht«, sagte Leo trocken. »Er war ein Tölpel.« »Ich hab versucht, ihn von seiner Besessenheit zu heilen. Aber am Ende hab ich versagt.«
»Wie meinst du das, versagt?«
Sie seufzte. »Ich hab dir erzählt, Justin wäre von einem Straßenräuber erschossen worden, aber das ist nicht wahr.«
»Wie ist er gestorben?«
»Durch die Hand eines eifersüchtigen Ehemannes. Ihres Mannes.« »Der ältere Mann, der mit der Frau verheiratet war, die er haben wollte?«
Beatrice nickte. »Ihr Mann ist, unmittelbar nachdem er den Abzug gezogen hatte, kollabiert. Der Arzt sagte, es wäre ein Übermaß an ungesunder Erregung gewesen. Sein Herz hat versagt. Die ganze Sache wurde natürlich vertuscht. Die Witwe, die einen riesigen Besitz erbte, hatte genausowenig Interesse daran, daß die Wahrheit ans Licht kommt, wie irgend jemand anders.«
»Wer hat die Geschichte mit dem Straßenräuber erfunden?« »Ich.«
Leo konnte sich nicht beherrschen. Er fing wieder an zu lachen.
»Das ist nicht amüsant«, sagte Beatrice vorwurfsvoll.
»Das weiß ich.« Er lachte heftiger.
»Also wirklich, Leo.«
»Ich werde dir etwas noch Unterhaltsameres erzählen«, sagte er, als er sein Lachen endlich wieder unter Kontrolle hatte. »Und das wäre?«
»Ich muß dir auch ein Geständnis machen.« Er hielt inne und küßte ihre Nasenspitze. »Ich habe auch gelogen, was meine Ehe angeht. Es war kein Beispiel ehelicher Glückseligkeit.« Sie suchte sein Gesicht in den Schatten. »Du hast gesagt, sie wäre in jeder Hinsicht vollkommen gewesen. Ein Engel.« »Das war sie.« Er lächelte kurz, reumütig. »Absolut vollkommen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Hast du eine Ahnung, wie verdammt schwierig es ist, mit einem Inbegriff an Tugend zu leben? Sie war so zerbrechlich und zart wie feines Porzellan. Ich mußte auf jedes Wort, das ich sagte, achten, aus Angst, sie zum Weinen zu bringen.« »Ich verstehe.«
»Meine körperliche Leidenschaft hat sie zutiefst schockiert. Sie fand diese Seite der Ehe unangenehm und unbefriedigend. Je mehr ich versuchte, sie zu befriedigen, desto angewiderter reagierte sie. Aber sie tat ihre Pflicht.« »Deine Söhne.«
»Ja. Sie hat sie mir geschenkt, und ich werde ihr immer dankbar sein. Aber jedesmal wenn ich in ihr Bett stieg, war ich von Schuldgefühlen und Zorn verzehrt, und das werde ich auch nie vergessen.«
»Du brauchst nichts mehr zu sagen, Leo.« Beatrice legte ihre Fingerspitzen auf seine Lippen. »Ich versteh dich weit besser, als du ahnen kannst.«
Er ergriff ihre Hand und küßte sie. »Sie wäre in Ohnmacht gefallen, wenn ich sie in das Zimmer einer Hure geschleppt und an der Wand genommen hätte.«
»Gütiger Himmel. Genau das ist passiert, nicht wahr?« Beatrice trat von der Wand weg und rückte hastig ihr Oberteil zurecht. »Eines muß ich sagen, Sir. In Eurer
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