Im Sturm: Thriller (German Edition)
Blätter deckten die gesamte Westküste Islands ab und waren bis auf die Karte der Absprungzone druckfrisch. Der Zweck ihres Marsches entlang der Wetküste lag wohl auf der Hand. Der Lieutenant nahm eine Karte heraus und zeichnete ihre Marschroute nach Westen ein.
»Gut, wir teilen uns in drei Gruppen auf. Sergeant Smith, Sie gehen mit einem unserer neuen Freunde voran. Nichols, Sie bilden mit Rodgers die Nachhut. Sie haben beide ein Funkgerät, ich nehme das dritte und führe den Rest des Trupps. Alle drei Gruppen bleiben in Sichtweite. Die nächste befestigte Straße, die wir überqueren müssen, ist zehn Meilen entfernt. Wer etwas sieht, geht in Deckung und meldet sich über Funk bei mir. Jeglicher Feindkontakt ist zu vermeiden. Es soll bloß niemand den Helden spielen. Klar? In zehn Minuten brechen wir auf.« Edwards sammelte seine Ausrüstung ein.
»Wohin geht’s, Michael?« fragte Vigdis.
»Nach Stykkisholmur«, erwiderte er. »Schaffen Sie das?«
»Mit Ihnen zusammen schon.« Sie setzte sich neben ihn. »Und was machen wir in Stykkisholmur?«
Mike lächelte. »Das hat man mir nicht gesagt.«
»Warum sagt man Ihnen eigentlich nie etwas?«
»Eine reine Sicherheitsvorkehrung. Je weniger wir wissen, desto besser für uns.«
»Das finde ich blöd«, versetzte sie. Edwards hätte ihr gerne erklärt, warum sie recht und unrecht zugleich hatte, aber ihm fehlten die Worte.
»Wenn wir dort sind, können wir vielleicht langsam anfangen, wieder an ein normales Leben zu denken.«
Ihr Ausdruck veränderte sich. »Michael, was ist für Sie ein normales Leben?«
Gute Frage, dachte Edwards, aber ich habe im Augenblick zuviel um die Ohren, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen. »Wir werden sehen.«
Stendal, DDR
Aus der Schlacht um Hameln und der Schlacht um Hannover war inzwischen praktisch eine einzige Aktion geworden. Vor zwei Stunden hatten sich die Nato-Kräfte südlich der Stadt nach Westen zurückgezogen, ihre Linien verkürzt und ihre Stellungen konsolidiert. Sowjetische Einheiten drangen nur behutsam vor, wähnten eine neue Falle der Deutschen. Alexejew brütete mit dem OB West über Karten und versuchte, die Konsequenzen des Rückzugs der Nato zu analysieren.
»Das versetzt sie in die Lage, eine oder sogar zwei Brigaden in Reserve zu halten«, meinte Alexejew. »Über die B 217 können sie rasch Truppen von einem Sektor zum anderen verlegen.«
»Wie oft haben die Deutschen freiwillig Boden aufgegeben?« fragte sein Vorgesetzter. »Ihre Front war zu lang, ihre Einheiten dezimiert.«
»Das trifft für unsere ebenfalls zu. Die Verluste der nun eingesetzten Einheiten der Kategorie 11 sind um fast ein Drittel höher als die der I-Einheiten, die sie abgelöst haben. Unsere Geländegewinne kommen uns inzwischen teuer zu stehen.«
»Wir haben bereits einen hohen Preis bezahlt! Wenn wir jetzt versagen, war alles umsonst. Pascha, wir müssen massiert angreifen. Dieser ganze Frontabschnitt steht kurz vorm Zusammenbruch.«
»Genosse General, diesen Eindruck habe ich nicht. Der Widerstand ist beherzt, die Kampfmoral der Deutschen trotz ihrer Verluste hoch. Sie haben uns schwere Verluste zugefügt und wissen das auch.« Alexejew war erst vor drei Stunden von dem vorgeschobenen Befehlsstand Fölziehausen zurückgekehrt.
»Frontbeobachtungen sind zwar sehr nützlich, Pascha, verstellen aber den Blick auf das Gesamtbild.«
Alexejew runzelte die Stirn. Das »Gesamtbild« war häufig eine Illusion.
»Ich möchte, daß Sie entlang dieser ganzen Front einen Angriff organisieren. Die Nato hat Versorgungsschwierigkeiten und massive Verluste erlitten. Ein energisch vorgetriebener Angriff wird ihre Linien auf einer Front von fünfzig Kilometern aufreißen.«
»Für eine Attacke in diesem Maßstab fehlen uns die Einheiten der Kategorie I«, wandte Alexejew ein.
»Die sollen in Reserve bleiben und dann den Durchbruch ausnutzen. Den Angriff starten wir mit unseren besten Reservedivisionen, und zwar von Hannover im Norden bis Bodenwerder im Süden.«
»Dazu haben wir weder die Truppenstärke noch den Treibstoff«, warnte Alexejew. »Wenn wir angreifen müssen, empfehle ich einen Zwei-Divisionen-Abschnitt südlich von Hameln. Die Einheiten sind an Ort und Stelle. Ihren Plan finde ich zu ehrgeizig.«
»Jetzt ist nicht die Zeit für halbe Maßnahmen, Pascha!« brüllte der OB West, der bisher bei Alexejew noch nie die Stimme erhoben hatte. Der jüngere Mann fragte sich, welcher Druck auf seinen Vorgesetzten, der sich nun
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