Im Sturm: Thriller (German Edition)
nicht an die Navy freigegeben.« Toland verschwieg, daß zu dieser Zeit die Auffasung vorherrschte, die Marine brauche dies nicht zu wissen. Toland war anderer Ansicht gewesen. Und immerhin war er von der NSA jetzt vor Ort. »Ich nehme an, daß der Iwan noch weitere Radarsatelliten auf Lager und startbereit hat. Es wurde eine ungewöhnlich große Anzahl von Nachrichtensatelliten in niedrige Umlaufbahnen gebracht, dazu eine Menge elektronische ›Vögel‹ – normalerweise haben sie nur sechs oder sieben oben, inzwischen aber insgesamt zehn. Somit ist ihre elektronische Aufklärungskapazität sehr groß. Unsere elektronischen Emissionen können ihnen nicht entgehen.«
»Und es läßt sich nichts dagegen unternehmen?«
»Vorerst nicht, Sir. Die Air Force verfügt, wenn ich mich recht entsinne, über sechs oder sieben Anti-Satelliten-Raketen, die jedoch nur einmal erfolgreich gegen einen echten Satelliten getestet wurden, und seit vergangenem Jahr ist ein Antisat-Moratorium in Kraft. Vermutlich kann die Air Force versuchen, das Programm zu reaktivieren, aber das wird einige Wochen dauern. Priorität als Ziele haben die Radarsatelliten«, schloß Toland hoffnungsvoll.
»Gut. Unser Befehl lautet, bei den Azoren zur Saratoga zu stoßen und die amphibischen Einheiten der Marineinfanterie nach Island zu eskortieren. Ich nehme an, daß uns die Russen den ganzen Weg beobachten werden! Hoffentlich gibt uns die isländische Regierung Landeerlaubnis, wenn wir dort eintreffen. Ich habe gerade erfahren, daß man sich dort nicht entscheiden kann, ob es sich um eine echte Krise handelt oder nicht. Himmel noch mal, meinen Sie, die Nato hält zusammen?«
»Angeblich haben wir Beweise, daß der ganze Zirkus nur ein Täuschungsmanöver ist. Der Haken ist nur, daß viele Länder den Russen die Scharade abkaufen, zumindest offiziell.«
»Find ich großartig. Verfeinern Sie Ihre Analyse der Bedrohung durch sowjetische U-Boote und Flugzeuge permanent. Sowie sich bei ihren Einheiten auf See die geringste Veränderung ergibt, will ich informiert werden.«
15
Die Seefestung
USS Chicago
»Lotung?« fragte McCafferty leise.
»Fünfzig Fuß unterm Kiel«, antwortete der Navigator. »Wir sind zwar noch gut außerhalb russischer Gewässer, kommen aber in zwanzig Meilen ans Schelf heran, Sir.« Im Lauf einer halben Stunde meldete er nun zum achten Mal, was vor ihnen lag.
McCafferty nickte, wollte nichts sagen, kein unnötiges Geräusch verursachen. In der Angriffszentrale der Chicago hing die Spannung so dick wie der Zigarettenrauch, den die Entlüftung nicht ganz absaugen konnte. Er schaute sich um und stellte fest, daß seine Bcsatzungsmitglieder verstohlen mit gehobenen Brauen und leichtem Kopfschütteln ihre Verfassung verrieten.
Am nervösesten war der Navigator. Gegen ihre Anwesenheit hier sprach so gut wie alles. Ob Chicago sich in sowjetischen Hoheitsgewässern befand oder nicht, war eine rechtlich komplizierte Frage. Im Nordosten lag Kap Kanin, im Nordwesten Kap Swiatoy. Die Sowjets erhoben auf fast das gesamte Gebiet Anspruch als »historische Bucht«, während die Amerikaner es vorzogen, sich an die international anerkannte Vierundzwanzig-Meilen-Zone zu halten. Jedermann an Bord wußte, daß die Russen eher schießen würden, als eine Entscheidung gemäß internationalem Seerecht einzuholen. Frage: Würden die Russen sie finden?
Sie fuhren in gerade dreißig Faden tiefem Wasser – und U-Boote, so wie die großen Haie, sind Kreaturen der Tiefe. Auf der taktischen Anzeige erschienen drei sowjetische Patrouillenschiffe, zwei Fregatten der Grischa-Klasse und eine Korvette der Poti-Klasse, alle auf die Abwehr von U-Booten spezialisiert. Alle waren meilenweit entfernt, stellten aber dennoch eine echte Bedrohung dar.
Der einzige positive Aspekt war ein Sturm direkt über ihnen. Ein Zwanzig-Knoten-Wind und strömender Regen störten die Leistung des Sonars, allerdings auch die ihrer eigenen Anlage, die einzige sichere Einrichtung zur Informationsbeschaffung.
Und dann gab es Unsicherheitsfaktoren. Welche Spürgeräte hatten die Sowjets in diesen Gewässern? War das Wasser so klar, daß sie von einem Hubschrauber oder Anti-U-Boot-Flugzeug gesehen werden konnten? Trieb dort draußen ein Boot der Tango-Klasse langsam dahin, angetrieben von leisen Elektromotoren? Antworten auf diese Frage konnten nur das metallische Sirren einer hochdrehenden Torpedoschraube oder die Explosion einer Wasserbombe geben. McCafferty wägte diese Gefahren
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