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Im Sturm: Thriller (German Edition)

Im Sturm: Thriller (German Edition)

Titel: Im Sturm: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Grund würde ich nicht abreisen, Patrick.« Erst am Abend zuvor hatte er erfahren, daß die Chancen für eine friedliche Beilegung des Konflikts knapp fünfzig Prozent betrugen. Zum hundertsten Mal pries der Reuter-Korrespondent seinen Entschluß, mit dem britischen Geheimdienst zusammenzuarbeiten.
    »Ah, es geht los.« Flynn holte seinen Notizblock hervor.
    Der Außenminister kam herein und trat ans Rednerpult. Er sah ungewöhnlich erschöpft aus, sein Anzug war knittrig, sein Hemdkragen schmutzig, als hätte er die ganze vergangene Nacht mit dem Versuch verbracht, die Deutschland-Krise mit diplomatischen Mitteln beizulegen.
    »Meine Damen und Herren, ein Jahr, das so vielversprechend für die Ost-West-Beziehungen begonnen hat, liegt in Trümmern vor uns. Die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion und die anderen Länder, die unserer Einladung nach Wien gefolgt waren, stehen kurz vor einem umfassenden Abkommen zur Beschränkung strategischer Atomwaffen. Amerika und die Sowjetunion haben so rasch und kooperativ wie nie zuvor ein Getreidelieferungsabkommen getroffen, und in diesem Augenblick werden in Odessa am Schwarzen Meer die ersten Ladungen gelöscht. Der Tourismus aus dem Westen in die Sowjetunion hat Rekordziffern erreicht, ein Beweis für die Völkerverständigung im Geist der Entspannung. Alle diese Anstrengungen, das Bemühen, zwischen Ost und West einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen, sind von einer Handvoll Revanchisten, die aus dem Zweiten Wcltkrieg nichts gelernt haben, zerstört worden.
    Meine Damen und Herren, der Sowjetunion liegen unwiderlegbare Beweise vor, daß die westdeutsche Regierung eine Bombe im Kreml explodieren ließ, um die Wiedervereinigung Deutschlands mit Gewalt herbeizuführen. Wir verfügen über geheime deutsche Dokumente, die beweisen, daß die westdeutsche Regierung den Sturz der sowjetischen Regierung plante und beabsichtigte, die darauf folgenden inneren Wirren zur Wiederherstellung von Deutschlands Position als Vormacht auf dem Kontinent zu nutzen. Jeder Europäer weiß, was dies für den Weltfrieden bedeuten würde. Deutschland ist in diesem Jahrhundert zweimal in mein Land eingefallen. Über vierzig Millionen Staatsbürger fielen bei der Abwehr dieser beiden Invasionen, und wir haben auch den Tod von Millionen anderer Europäer nicht vergessen, die ebenfalls Opfer des deutschen Nationalismus wurden – Polen, Belgier, Franzosen, Engländer und Amerikaner. Nach dem Zweiten Weltkrieg hielten wir alle dieses Problem für endgültig gelöst. In diesem Sinne wurden die Abkommen geschlossen, die Deutschland und Europa in zwei Einflußsphären aufteilten und durch die Herstellung eines Gleichgewichts der Kräfte einen europäischen Krieg unmöglich machten.
    Wir wissen, daß die Wiederbewaffnung Deutschlands durch den Westen als vorgebliche Verteidigungsmaßnahme gegen eine imaginäre Bedrohung aus dem Osten – ungeachtet der Tatsache, daß der Warschauer Pakt erst nach Gründung der Nato gebildet wurde – den ersten Schritt des Westens zur Wiedervereinigung Deutschlands als Gegengewicht zur Sowjetunion darstellte. Daß dies eine unsinnige und überflüssige Politik war, liegt nun auf der Hand. Ich frage Sie: Wer in Europa will ernsthaft ein wiedervereinigtes Deutschland? Selbst die Mitglieder der Nato stellten ihre Agitation in diese Richtung schon vor Jahren ein. Lediglich gewisse Kreise in Deutschland sehen die Tage deutscher Macht in einem anderen Licht als wir, die unter ihr zu leiden hatten.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat offensichtlich gegenüber ihren westlichen Alliierten den Spieß umgedreht und beabsichtigt, die Nato als Schild zu benutzen, aus dessen Schutz heraus sie eine Offensive starten will, deren Ziel nur die Erschütterung des fricdenswahrenden Kräftegleichgewichts sein kann. Obwohl wir dem Westen schuld an der Entstehung dieser Situation geben könnten, möchte ich betonen, daß die Sowjetunion weder Amerika noch seine Nato-Alliierten für sie verantwortlich macht. Auch mein Land hat die bittere Lektion gelernt, daß ein Verbündeter über seine Freunde herfallen kann, wie ein Hund seinen Herrn anfallen mag. Die Sowjetunion hat nicht den Wunsch, die dramatischen Fortschritte dieses Jahres auf dem Gebiet der Beziehungen zum Westen wegzuwerfen.« Der Außenminister legte eine Pause ein und fuhr dann fort. »Doch die Sowjetunion kann die Tatsache, daß auf ihrem Boden eine vorsätzliche Aggression gegen sie begangen wurde, nicht ignorieren.

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