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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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wurde er ganz ruhig. Er quetschte sich zwischen seiner Mutter und der Kühltruhe durch und ging zum Telefon. Er wählte eine Nummer und wartete. Und wartete. Nachdem er es siebenundzwanzig Mal hatte klingeln lassen, legte er wieder auf.
    Shade ging zu How und François zurück.
    »Die Sache stinkt«, sagte er. »Shuggie lässt mich hängen, stimmt’s? Die Sache stinkt zum Himmel. Er ist nicht zu Hause.«
    How stand breitbeinig da, an den Billardtisch gelehnt, und kaute so heftig auf seiner Unterlippe herum, dass er mit seinen Zähnen langsam aber sicher die Haut abnagte.
    »Rene«, sagte er, »willst du, dass ich mitkomme? Shuggie kannst du nicht trauen, Mann. Ich kenn ihn schließlich auch. Hör auf meinen Rat.«
    »Nein, Mann. Halt du dich da raus.«
    François sagte: »Halt mich auf dem Laufenden, falls ich tun muss, was ich tun kann. Rene, du informierst How, und ich erfahr’s dann von ihm.«
    »Klar, Euer Ehren«, sagte Shade. »Du willst nicht, dass irgendwelche Anrufe von mir auf deiner Telefonliste auftauchen.«
    François grinste.
    »Schadensbegrenzung«, meinte er.
    Shade nickte. Dann ging er zu seiner Mutter, um ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange zu geben.
    »Jetzt heißt’s pragmatisch sein«, sagte er. »So wie du’s uns beigebracht hast.«
    »Pass auf, dass du nicht in die Scheiße rutschst«, meinte François. »Die ist da nämlich metertief.«
    »Verstehe. Verstehe. Ich werd den Namen Shade sauber halten, damit du eines Tages für das Bürgermeisteramt kandidieren kannst, Frankie.«
    »Dieser Tag kommt vielleicht früher, als du denkst«, entgegnete François scharf. »Wenn diese Sache schiefgeht, und zwar richtig schiefgeht, dann kann es sogar verdammt bald sein. Kapiert? Und falls ich je gewählt werde – na ja, das wär für euch beide auch nicht das Schlechteste.«
    Monique hüpfte vom Hocker. Die offenen Haare umhüllten sie wie ein Hexenmantel. Mit der Bürste klopfte sie Shade auf den Rücken, und als er sich umdrehte, deutete sie mit dem schwarzen Griff auf ihn.
    »Hör auf deinen Bruder«, sagte sie. Ihr Arm war ausgestreckt, und der Bürstengriff zielte zwischen Shades Augen. »Ich würde dir nie vorschreiben, du sollst dich zum Pinkeln hinhocken oder vor irgendwelchen Ganoven einen Knicks machen oder jemandem in den Arsch kriechen – aber, mein Sohn, ich bitte dich, hör auf deinen Bruder. Das ist nicht zu viel verlangt, oder?«
    St. Bruno, nördlich des French Triangle, aber südlich der Mason-Dixon-Linie, unterhalb der Gefrierzone, aber oberhalb des Landes tropischer Gelassenheit, hatte keine natürlichen Strände. Deshalb hatte man einen geschaffen, im Norden der Stadt, nach zwei Meilen sumpfiger Landschaft, grauer Schlacksteinhäuser und weiß getünchter Hütten. Golden Rule Creek, ein träger Fluss, war in eine lange, flache Mulde umgeleitet worden, und dann hatte man weißen Sand aufgeschüttet. Die Stelle hieß Holiday Beach, und für einen Dollar pro Nase konnten die Bürger sich hier im Sand aalen, der mindestens so verlockend war wie in der Karibik, konnten Fruchtcocktails schlürfen, gegrillte Garnelen verspeisen und sich kühn in die bedauerlicherweise braunen Fluten stürzen.
    Nur eine einzige Straße verband Holiday Beach mit dem Highway, und Officer Tommy Mouton benutzte den Suchscheinwerfer seines Streifenwagens, um eine Stelle zu finden, wo er ungefährdet abbiegen und sich verstecken konnte.
    »Hier sieht’s ganz okay aus«, sagte er, als das Scheinwerferlicht auf eine relativ flache Stelle zwischen zwei Wasserrinnen fiel.
    »Gut«, meinte Shuggie Zeck, ohne auch nur aufzublicken. »Einverstanden.«
    Mouton fuhr rückwärts auf die flache Stelle und blendete ab. Er war mentholsüchtig und zündete sich eine neue an in einer nie endenden Kette Kools.
    »Danach gibt’s noch ein paar andere Aufträge, ja?«, fragte er. »Ganz bestimmt?«
    »Hab ich doch schon gesagt.« Shuggie hatte eine abgesägte Schrotflinte auf dem Schoß. Seine linke Hand war vom Kontakt mit dem harten Schädel seiner Frau ziemlich angeschwollen, und seine Stimme klang wenig erfreut. »Hör auf so zu tun, als würdest du mir nicht trauen. Wenn ich was sage, hast du mir gefälligst zu glauben.«
    Das Glimmen der Zigarette erhellte Moutons Gesichtszüge, sodass er aussah wie eine Kürbislaterne.
    »Ich kann das Geld gut brauchen«, sagte er. »Ehrlich. Meine Alte ist mal wieder schwanger.« Mouton hielt sich selbst für den Inbegriff der Männlichkeit: schlank, kantiges Kinn, dunkelhäutig,

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