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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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mit einem verwegenen Schnurrbart und Adleraugen. »Und meine Freundin ebenfalls. Ich kann das Geld echt gut brauchen.« Er warf die Kippe zum Fenster hinaus und zündete sich sofort eine neue an. »Die zwei kosten mich einiges, aber sie sind beide nicht übel – du verstehst?«
    »Nein«, entgegnete Shuggie kalt. »Versteh ich nicht.«
    »Tja – schade«, meinte Mouton. »In der Sache bin ich wirklich mit den Professoren und den Revoluzzern einer Meinung, weißt du. Nieder mit der Monogamie. Für das Tier im Menschen ist es einfach anders natürlicher. Zerschlagt die Monogamie! Kapiert? Das sagen die. So weit bin ich mit den Hippies und den Eierköpfen einverstanden, aber keinen Schritt weiter. Ansonsten reden die nur Scheiße.«
    Shuggie saß ruhig da, starrte aus dem Fenster zum Highway und wartete darauf, dass sich die Scheinwerfer näherten. Er hatte aus dem Gepäckraum seines El Dorado eine Flasche Pfefferminzschnaps mitgenommen, sie aber noch nicht angebrochen.
    »Wenn sie kommen, fährst du sofort neben sie – und zwar schnell«, sagte Shuggie. »Kein Blinklicht, nichts.«
    »Kapiert«, antwortete Mouton. »Also, Rene Shade bringt’s nicht, was? Ich hab immer gehört, er wär ein harter Bursche. So wie Tip. Ich kenn Tip von früher, vom Chalk and Stroke. Er war ein echtes Tier. Ich hab immer gehört, Rene wär genauso, nur kleiner, nicht so ein Schwergewicht.«
    »Er ist nicht der Richtige für diese Sache«, erklärte Shuggie. »Er wird genau dann weich, wenn du’s am wenigsten brauchen kannst. Er hat nicht so große Eier wie du, Tommy.«
    »Wer hat die schon?« Mouton grinste. »Vielleicht ein paar von diesen Buckligen, haha. Man braucht schon ein starkes Rückgrat, um solche Eier …«
    »Halt die Fresse, Tommy. Ich kann Männer nicht leiden, die dauernd über ihre Weichteile reden. Lass die Mädels über die Takelage von ’nem Mann reden. Wenn ein Mann so redet, dann weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll, und bin kurz davor, ihm eine reinzuhauen.«
    »Wow«, murmelte Mouton. »Das ist ziemlich hart.« Er inhalierte den Rauch seiner Kool. »Die Sechziger sind anscheinend spurlos an dir vorübergegangen.«
    Während der nächsten Minuten schwiegen beide, beobachteten die Glühwürmchen und hörten den Laubfröschen zu. Der Mond verschwand, die Sterne verblassten. Eine leichte Brise bewegte die Bäume, und auf der anderen Seite des Strands hatte sich ein Hahn in der Zeit geirrt und begann vor Sonnenaufgang zu krähen.
    »Also«, sagte Mouton, »diese Typen müssen weg, samt und sonders, das geht nicht anders, ja?«
    Shuggie stöhnte gelangweilt. »Tommy, was hab ich dir gesagt?«

15
    Neben dem Gehweg hing auf verschnörkeltem, pseudo-französischem schwarzen Gitterwerk ein Briefkasten, und auf dem Kasten stand seitlich in kunstvoller Schrift: The Zecks . Von der Straße führte eine kurze Auffahrt zu einem renovierten Haus, das früher einmal ein Doppelhaus mit unscheinbaren Apartments gewesen war. Jetzt hatte es einen hübschen gelben Anstrich, und über den beiden ursprünglichen Eingangstüren war eine breite, abgerundete schwarzweiße Markise angebracht.
    Shade parkte ein ganzes Stück die Straße hinunter und ging dann zu Fuß die Auffahrt hinauf. Obwohl niemand ans Telefon gegangen war, vermutete er stark, dass Shuggie zu Hause war. Den El Dorado konnte er zwar nirgends entdecken, aber er ging trotzdem zur Eingangstür. Als er die Veranda unter der Markise erreicht hatte, sah er, dass die Innentür offen stand, also rüttelte er am Fliegengitter, und auch dieses war nicht verriegelt. Er trat in eine große Halle, die dadurch entstanden war, dass man einfach die Wände herausgebrochen hatte. Überall lagen Teppiche, und Shade ging leise weiter.
    In der Küche roch es nach Alkohol und Auflauf. Aus irgendeinem Grund wollte er seine Pistole lieber griffbereit haben, und zwar schnell. Zwischen Küche und Esszimmer war eine kleine Theke, an der Shade kurz stehen blieb.
    Und da hörte er Eiswürfel klirren und Wasser tropfen. Das ganze Haus war dunkel, und Shade war so müde, dass er jederzeit auf Halluzinationen gefasst war, aber er war ziemlich sicher, dass jemand am Tisch saß. Diese Person schien nach vorn gebeugt und gab röchelnde Geräusche von sich.
    Langsam bewegte sich Shade vorwärts, die Hände an der Wand. Auf halber Strecke ertastete er einen Lichtschalter und drückte darauf.
    Hedda Zeck saß am Esstisch, das Gesicht in eine Glasschüssel voller Eiswasser getaucht. Zwischen den

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