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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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jemand raus? Er wusste nicht, ob Wanda im Wagen gewesen war, aber er glaubte es eigentlich nicht. Als er die Flasche wieder ansetzte, hatte er Tränen in den Augen, denn das hübscheste Mädchen in ganz Frogtown wusste offenbar nicht oder wollte nicht wissen, wie verknallt er in sie war – nein, mehr: Er war verrückt nach ihr. Er hatte nur einen Wunsch: Er wollte ihr Herz gewinnen und sie von diesem ganzen Mist hier wegbringen und ihr hübsche, seidenweiche Klamotten schenken und Songs für sie schreiben, darüber, dass sie so ein süßer Schatz war, der Sonnenschein im Leben eines einsamen Rockabilly-Boy, und mit ihren Titten spielen, wann immer er Lust dazu hatte. Aber sie weigerte sich, ihn wahrzunehmen. Sie gehörte zu denen.
    Schluck, schnief, seufz.
    Und die taugten nichts.
    Leon erhob sich von seinem Stuhl und ging mit der Flasche in der Hand nach draußen. Zwischen den wehenden Zweigen konnte er im Haus gegenüber Licht sehen. Er ging darauf zu, mit leichter Schlagseite nach links, weil er das Saufen nicht gewöhnt war. Aber er fühlte sich wie ein anderer Mensch und stolperte die Stufen hoch und zur Tür hinein.
    Er kannte das Innere des Hauses, weil er früher schon Leute dort besucht hatte. Die Räume hatten Parkettfußböden und waren sparsam möbliert, und jeder seiner Schritte hallte wie ein Paukenschlag. Leon tankte noch ein paar Schluck. Der Bourbon lief ihm übers Kinn und auf sein hübsches Hemd, aber das hatte ja schon Blutflecken, also war es egal.
    Ein schmaler Flur führte am Klo vorbei, und da hörte er sie. Sie war da drin und furzte und blätterte in einer Zeitschrift.
    Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Wanda saß auf dem Klo und studierte den Modeteil in einer alten Cosmo -Ausgabe.
    Leon stieß die Tür auf, Wanda sah ihn an, und er zeigte mit seiner Fighting-Cock-Flasche auf sie. Er sagte: »Hey, Wanda, deinetwegen hab ich heut dem Tod ins Auge gesehen. Du hast mich da in was reingeritten.« Er rülpste und schwankte. »Aber ich hab nachgedacht und dich gerettet. Vorläufig jedenfalls.«
    »Ach, tatsächlich?«, sagte Wanda. »Könnest du noch ein bisschen woanders nachdenken, bis ich mir den Arsch abgewischt habe, Leon? Mann.«
    Aus instinktiver Höflichkeit drehte sich Leon um. Er hörte, wie sie das Klopapier abwickelte, und nach dem Spülen sagte er: »Shuggie Zeck ist hinter dir her, und wenn er dich kriegt, dann bist du toter als Elvis.«
    »Was?«, fragte sie entsetzt. Sie quetschte sich an ihm vorbei und ging mit erhitztem Gesicht und panischen Schritten in die Küche. »Leon, warum sollte er …«
    »Weil du an allem schuld bist.« Sie stand an der Wand, und Leon setzte sich. Er schob die leeren Dosen vom Tisch, sodass sie scheppernd auf den Boden fielen, und stellte die Flasche hin. »Das ist eine ganz, ganz klare Tatsache, Wanda. Du bist so verkommen wie die Sünde.« Er starrte auf ihre Füße, das Kinn gegen die Brust gedrückt. »Aber ich hab dich noch nicht aufgegeben. Noch nicht.«
    Wanda ging zur Spüle und stellte das kalte Wasser an. Sie hielt den Kopf unter den Wasserhahn, denn was sie jetzt brauchte, das war ein kühler Kopf. Völlig durchnässt richtete sie sich auf und strich sich mit den Fingern die rote Haarmähne straff zurück. Dann setzte sie sich zu Leon an den Tisch. »Erzähl mir alles.«
    The Wing fuhr langsam und unter wieherndem Gelächter in Richtung Holiday Beach. Obwohl die Abbiegung deutlich ausgeschildert war, verpassten sie sie zweimal. Dean Pugh saß am Steuer, Cecil Byrne neben ihm, Emil Jadick auf dem Rücksitz. Sie waren bester Laune und verglichen sich immer wieder mit den tollen Ganoven der Vergangenheit. Sie hatten bereits mehrere gequälte Parallelen gezogen: mit der James Gang, mit Dillinger, Lieutenant Calley, E.F. Hutton und Al Capone.
    Als sie schließlich in die Straße zum Strand einbogen, stellte Pugh die Scheinwerfer ab. Er beugte sich dicht an die Windschutzscheibe und folgte der Straße, so gut es ging.
    »Wisst ihr«, sagte er, »es freut mich, dass wir’s dem Mob zeigen. Gibt mir ein tolles Gefühl.«
    »Das ist zwar ein Mob«, erklärte Jadick, »aber nicht der Itakermob.«
    »Das ist ein Provinzmob«, meinte Dean. »Aber immerhin ein Mob.«
    »Klar«, sagte Jadick. »Aber wenn wir uns erst an den Itakermob machen, dann geht’s wirklich ums große Geld.«
    »Ich hab mich immer von denen ferngehalten«, warf Cecil ein. »Von der Mafia, meine ich.«
    Jadick imitierte höhnisch ein gewisses Körpergeräusch.
    »Scheiß auf

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