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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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einen Hieb aufs Ohr. Benommen taumelte er gegen die Wand. Er versuchte geradeaus zu schauen, aber sein rechtes Auge war blutüberschwemmt. Sein Augapfel schien wegzurutschen. Das war ein Gefühl, das er aus dem Boxring kannte, diese Halbblindheit, und die unvergessenen Regeln der Vergangenheit schossen ihm sinnlos durch den Kopf: Geh auf ein Knie, lass ihn bis acht zählen, achte auf die Deckung. Shade sackte seitlich weg.
    »Irgendwas an dem Kerl gefällt mir nicht«, sagte Jadick. Dann deutete er auf Leon, der sich immer noch über die Spüle beugte. »Hey, du da. Ja, du. Setz dich mal zu dem Weichei da drüben auf den Boden.« Als Leon gehorsam neben Shade Platz genommen hatte, sagte Jadick: »Also, Schatz, was hat dir denn solche Angst eingejagt?«
    »Ich hab gemerkt, dass es wahr ist«, sagte sie und zuckte langsam die Achseln, den Blick auf den Boden gerichtet. »Ich hab dich geliebt, Mann. Ich hab dich mehr geliebt als Ronnie, und der Gedanke hat mich irgendwie erschreckt.«
    »Ach, Wanda«, meinte Jadick nachdenklich. »Ich versteh ein bisschen was von Liebe, und das bei dir, das war keine.« Er schüttelte den Kopf, und Matschklümpchen und Zweige flogen aus seinen Haaren. »Nicht mal annähernd. Du hast mich reingelegt.«
    »Was? Hab ich nicht, Mann.«
    »Klar hast du. Dean und Cecil sind tot.« Emil nickte ein paar Mal. »Der Teil deines Plans hat bestens funktioniert.«
    »Ich glaub das nicht«, sagte Wanda.
    »Du glaubst nicht, dass ich noch lebe – das meinst du doch wohl.« Er drehte sich blitzschnell um und zielte mit seinen Pistolen auf die beiden Männer, die an der Wand kauerten. »Also – welcher von den beiden ist dein Freund?«
    »Du bist mein Freund.«
    »Nein. Du bist ’ne Nutte. Du hast mich reingelegt.«
    Wanda zog ihr T -Shirt straff, drehte sich halb zur Seite und holte tief Luft.
    »Du hast dich da in was verrant, Emil. Ich hab dich nicht reingelegt.«
    Im Hintergrund begann die Fritteuse leise zu sieden.
    »Ich war ehrlich zu dir, Wanda. Ich hab dir alles gesagt. Du hast mich ganz gut kennengelernt, oder? Und das hast du ausgenützt, um mich reinzulegen.«
    Shade fühlte sich schwindelig und stützte sich mit den Händen auf dem Linoleum ab. Sein Kopf dröhnte, und seine Gedanken wanderten kreuz und quer. Er schloss sein rechtes Auge und konzentrierte sich nur auf das linke, was ihm eine etwas einseitige Sicht der Dinge vermittelte. Der Kerl neben ihm stank nach Bourbon und Kotze, und auf der Anrichte köchelte das Fett, und die im Schatten stehende Rothaarige war in ein bedrohlich klingendes Menuett mit der Person verwickelt, die das fehlende Puzzleteil zu sein schien.
    Jadick sagte: »Hol ein paar Eier und Maismehl, Miz Bouvier.«
    »Was?«
    »Eier und Maismehl, Schatz. Ich will, dass du diesen leckeren Teig machst. Weil ich nämlich hinter der Wahrheit her bin. Und ich werd deine Finger frittieren, um sie aus dir rauszuholen.«
    Die Küche wurde nur von einer einzigen nackten Glühbirne erleuchtet. Shade wurde auf einmal hellwach, als er sah, was in den schattigen Ecken der Küche passierte. Durch die Beleuchtung hatten der Raum und jede Geste darin etwas Surreales.
    Wanda trat wieder ins Licht. Die Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie hob die Hände, die Handflächen von sich weg gerichtet.
    »Mann, du meinst das ja ernst.« Sie atmete schnell und schwer. »Du willst mich umbringen, stimmt’s?«
    »Das weißt du doch«, erwiderte Jadick. »Deshalb hast du gepackt.«
    » O h Mann. Ich hab dich nicht verraten.«
    Leon Roe hatte sich fast nüchtern gekotzt und saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Fußboden. Auf seinem Hemd waren die verschiedensten Flecken. Durch seinen Kopf wanderte einer seiner Träume. Sein heimlicher Traum war düster und schaurig: ein anständiger, aber leider nicht ungefährlicher Kerl hatte ein Streunerleben geführt, nicht besser, aber oft schlechter, als es sich gehörte, vor allem in Herzensangelegenheiten, bis ihn seine Streifzüge zur Hintertür eines irdischen Engels mit elfenbeinfarbener Haut und hellen Augen geführt hatte und er sich wider Erwarten zu Liebe und Besserung bekehren ließ. Im dritten Teil dieser rührenden Story wurde der Ex-Halunke durch die Umstände in die Enge getrieben und sah sich gezwungen, Fähigkeiten, die er in seiner zwielichtigen Vergangenheit erworben hatte, wieder aufzufrischen, um die Dame seines Herzens, ihren verkrüppelten Bruder und manchmal sogar die gesamte amerikanische Gesellschaft zu retten.
    Während

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