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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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die Rückscheibe. Zu seiner eigenen Überraschung geriet er dadurch in Panik, und warme Pisse lief ihm das Bein hinunter.
    Sie waren dicht hinter ihm. Und sie zielten sorgfältig, das konnte er sehen. Wild entschlossen, den letzten Wingman zu zerfetzen. Jadick beugte sich dicht übers Lenkrad und ließ den Wagen über die niedrige Böschung in den Sumpf rasen.
    Er stieg aus, während der Wagen bis zu den Rädern versank. Das Wasser hier war nicht tief. Der Streifenwagen kam quietschend zum Stillstand. Während der Suchscheinwerfer in seinem Drehgelenk schwenkte und die Wasseroberfläche beleuchtete, tauchte Jadick unter.
    Und bei jedem Unterwasserschwimmzug dröhnte ein Singsang in seinem Kopf: Hinterhalt. Hinterhalt. Hinterhalt.

17
    An diesem Abend entdeckte Shade alle möglichen Fähigkeiten an sich wieder, und als er den schmalen Weg entlangschlich, der zur hinteren Veranda von Wandas Haus führte, bediente er sich des Schleichstils, den er mit zwölf Jahren gelernt hatte, als ihm zu Ohren gekommen war, dass Connie Pellegrinis knackige Mama in der Hoffnung auf eine frische Brise ihr abendliches Bad gern bei halboffenen Vorhängen nahm. Mit tastenden Schritten folgte er dem Backsteinweg, nur wenige Zentimeter vom Bayou entfernt, und schlich dann auf Zehenspitzen die Verandatreppe hinauf. Auf Fensterhöhe hielt er inne, um in die Küche zu spähen. Ein Mann in edler Cowboykluft mit Schlangenhautstiefeln beugte sich über die Spüle und kotzte. Auf dem Tisch stand ein offener Koffer, und alle paar Sekunden kam die hübsche Rothaarige angewirbelt und stopfte etwas hinein.
    Trotz der tausend Nachtgeräusche konnte Shade hören, wie Wanda jedes Mal, wenn sie zum Koffer kam, » O nein!«, rief, und auch die Kotzgeräusche des Mannes waren deutlich zu vernehmen. Shade wartete eine Weile, um herauszukriegen, ob noch mehr Leute im Haus waren, und er hatte es sich gerade an der Verandatür bequem gemacht, als er hinter sich ein Plätschern vernahm. Dann Tropfgeräusche. Er hörte jemanden atmen, und als er sich umdrehte, blickte er in den Lauf einer Pistole, die ein untersetztes, nach Sumpf stinkendes Wesen in der Hand hielt. »Du bist einer von Mr. B.s Jungs, nehme ich an.«
    »Ich? Nein, nein.«
    »Nein, nein?« Jadick tastete Shade ab und nahm die Pistole aus seinem Gürtelhalfter. »Diese Dinger sind gefährlich. Du bist ein Hitman von Mr. B., stimmt’s?«
    »Nein«, versicherte Shade. »Ronnie, Mann. Nimm die Knarre weg. Ich bin ein Freund von Ronnie, Mann.«
    Jadick presste den Lauf gegen Shades Nase.
    »Ein Freund, was? Sehr interessant.«
    Jadick war voll mit Matsch und Blättern. Moos klebte in seinem Haar. Seine Augen leuchteten wie glühende Funken in einem Eimer voller Urschlamm.
    »Treppe hoch«, sagte er. »Rein mit dir.«
    Shade öffnete die Gittertür und betrat die Veranda. Eine Pistole stupste ihn am Hinterkopf. An der Küchentür bekam er einen Schlag in den Nacken, dann wurde er zu Boden gestoßen. Während er über das Linoleum schlidderte, sagte Jadick: »Deck noch einen Teller mehr auf, Schatz. Wir haben Besuch.«
    Wie erstarrt stand Wanda da, über den Koffer gebeugt, die Unterlippe über die Oberlippe geschoben, ein langes schwarzes Kleid in der Hand.
    »Was soll das?«, wollte Jadick wissen, eine Pistole in jeder Hand.
    »Mann, das ist mein gutes Kleid.«
    »Nein, der Koffer. Was soll der Koffer?«
    »Ich packe, Emil.«
    »Das sehe ich.« Er deutete auf Shade. »Ich hab keine Ahnung, wer dieser Typ ist, aber er hat dich durchs Fenster beobachtet. Wer der andere Typ ist, weiß ich auch nicht, aber du kannst mir sicher alles erklären.«
    Wanda drehte sich um und ließ das Kleid in den Koffer fallen. Sie fuhr sich mit den Händen durch die zurückgekämmte Haarmähne und sah dabei aus wie eine hübsche jugendliche Kriminelle aus dem letzten Jahrhundert.
    » O Emil. Emil. Ich hab schon Angst gekriegt. Mann, ich hab gezittert. Ich wusste ja gar nicht, was das alles soll.«
    Jadick ging an Shade vorbei und zur Anrichte. Er steckte den Stecker der Fritteuse ein. »Ich hab Hunger«, verkündete er. »Ich kann nicht warten. Ihr Südstaatenweiber, ihr denkt ja, Essen ist erst dann richtiges Essen, wenn’s frittiert ist, stimmt’s? Ich hab was gelernt auf meinen Reisen.« Als er wieder an Shade vorbeiging, versetzte er ihm einen Schlag oberhalb des Auges.
    Shade spürte, wie seine Haut aufplatzte, weil die Pistole eine alte Boxnarbe getroffen hatte. Instinktiv wollte er hinfassen, und sofort bekam er

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