Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
ihm dieser Traum durch den Kopf ging, begann er sich Möglichkeiten auszudenken, wie er die Probleme des hübschesten Mädchens von Frogtown lösen könnte.
Am anderen Ende des Raum stand Jadick vor der offenen Kühlschranktür. Er drehte sich um und knallte einen Karton mit Eiern auf die Anrichte. Dann packte er das Telefon und riss es aus der Wand. »Das wird dir nicht helfen«, sagte er, als der Apparat scheppernd zu Boden fiel. »Nimm ein Ei in die Hand.«
Tränen drangen aus Wandas Augen, und Tränen waren für sie etwas Ungewöhnliches, aber sie holte widerspruchslos ein Ei aus dem Karton. Es hatte eine braune Schale, und Wanda hielt es in der Hand, den Kopf gesenkt.
»Drück zu«, befahl Jadick.
Während sie das Ei zerdrückte und der Dotter durch ihre gekrampften Finger drang, ergriff sie den letzten Strohhalm und sagte: »Emil, tu mir nichts an – ich krieg ein Kind.«
»Du kriegst was?«
»Dein Baby, Mann. Ich bin schwanger von dir.«
»Wie willst du das wissen?« Jadick schüttelte streng den Kopf. »Ich fick dich erst seit ’ner Woche, woher willst du wissen, dass ich dich geschwängert hab?«
»Eine Frau spürt so was. Emil, eine Frau weiß es einfach. Ich hab’s gleich gemerkt, als du mich gevögelt hast.«
»Lass mal fühlen«, sagte Jadick. Er ging auf sie zu und berührte mit den Läufen beider Pistolen ihren Bauch. »Da drin ist also der kleine Wurm?«
»Ja, ich bin ganz sicher«, sagte Wanda. »Ganz sicher.«
»Hm«, brummte er und rammte ihr dann einen Pistolenkolben in den Unterleib. Und als Wanda in die Knie ging, sagte er: »Willkommen in Daddys Welt.«
Leon erwachte aus seinem Kitschtraum und wagte einen tollkühnen Soloakt: Er warf sich nach vorn, packte Jadicks Knie und zerrte ihn zu Boden. Jadick knallte ihm die Pistole auf den Kopf und rollte von ihm weg.
Dann schoss er dem Rockabilly-Boy in den Magen.
Und Wanda reagierte trotz der Schmerzen im Bauch, stand auf und kippte die zischende Fritteuse von der Anrichte und über Emil.
Vor Schmerz ließ der Wingman beide Pistolen fallen. Er kreischte auf und verdrehte die Augen.
Wanda stand stocksteif da und starrte auf den dampfenden Mann vor ihr und den angeschossenen Mann drüben auf dem Fußboden.
Shade wusste, dass sein Augenblick gekommen war, erhob sich und schnappte sich seine Pistole. Jadick stand unter Schock, er konnte nur noch ein monotones »Ahhhh …« von sich geben. Eine Fettlache zischte auf und um seine Beine und Hände. Der Geruch von verbrannter Haut erfüllte den Raum.
Shade setzte sich rittlings auf Jadicks Schultern und wischte sich das Blut aus den Augen. Er beugte sich über den liegenden Mann, den er nach offizieller Anweisung erschießen sollte, lud seine Pistole durch, drückte die Mündung gegen Jadicks Stirn und – aus Gründen, über die er noch lange nachgrübeln sollte – schoss nicht. Er sicherte die Waffe wieder und trat einen Schritt zurück.
» O h Mann«, schrie Wanda. »Wer bist du denn? Kenn ich dich, Mann? O h Mann, sag schon, wer bist du, verdammte Scheiße?«
Shades Gedanken waren immer noch etwas unscharf, aber er sagte: »Ich bin das Beste, was dir passieren konnte.« Dann deutete er auf die beiden am Boden liegenden Männer.
»Sie kommen vielleicht durch. Hilf mir, sie in den Wagen zu bringen.«
Aber Wanda Bouvier stand einfach da, gelähmt von den blutigen Ereignissen, bis Shade sie herumwirbelte und ihr einen Tritt in den Hintern versetzte, dass sie gegen die Spüle taumelte.
»Hilf mir, die beiden in den Wagen zu bringen!«
18
»Ich glaube, Leon ist tot«, rief Wanda Bone Bouvier vom Rücksitz. Sie saß zwischen den beiden verletzten Männern, blutverschmiert von den Fingerspitzen bis zur Stirn. » O h Mann, er ist tot.«
Shade fuhr und versuchte mühsam, durch den Blutschleier vor seinem rechten Auge zu blicken. Die rechte Hand presste er gegen die Platzwunde in seiner Braue, um das Blut zu stoppen.
»Welcher von beiden ist Leon?«
»Der Junge, Mann.« Wandas Stimme war nur noch ein Krächzen. »Leon ist der Junge.«
Jadick stand noch unter Schock, die Hände voller Blasen, und rollte die Augen.
»Wir sind gleich beim St. Joe’s«, sagte Shade. Schmerz und Blut und Strafe; das kannte er, da wusste er genau Bescheid. »Ich bin ein Cop«, erklärte er. »Falls du zu blöd bist, das zu merken.«
» O h Mann, mein Leben ist genauso, wie Momma immer gesagt hat – ein Haufen Scheiße. Das hat sie früher immer zu mir gesagt.«
In diesem Augenblick erschien der
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