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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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die Kleine ausschalten kann.«
    »Aber das ist nicht das, was Shuggie gesagt hat.«
    »Klar hat er das nicht gesagt«, entgegnete Shade. »Wer wäre denn deiner Meinung nach derjenige, den er als Letzten beseitigen wird, du Volltrottel? Er hat dich weit genug reingezogen.«
    Moutons Durchblick schien sich zu trüben, als er das hörte, und er trat unsicher von einem Fuß auf den anderen.
    »Ich möchte’s mir nicht mit Mr. B. verscherzen«, sagte er.
    »Schlau von dir«, lobte Shade, dann drehte er Mouton den Rücken zu, ging die Gasse hinunter und in die Kirche.
    Eine schwache Lichtsuppe drang durch die Fenster der Kirche und fiel auf die dunklen Fußbodenfliesen. Shade drückte sich an der hinteren Wand entlang und blieb dann stehen. Als er noch einen Schritt machte, quietschte sein Schuh, und das Geräusch hallte durch das gotische Gewölbe. Ein penetranter Weihrauchduft ging von Wänden und Bänken aus, eine sinnliche Verbindung zu früheren Gefühlswelten. Vor einem Marienbild brannten zwei dünne Kerzen, die Flammen flackerten im Luftzug. Vielleicht war noch vor Anbruch der Dämmerung irgendeine alte Frau hier gewesen – oder vielleicht hatte auch Wanda Bouvier kurz innegehalten, um die Kerzen anzustecken, ehe sie sich verkroch.
    Plötzlich war Shuggie direkt neben ihm, die Flinte locker in der Hand. Er hatte in einer dunklen Ecke gewartet und nickte Shade wissend zu.
    »Sie ist ein Luder, Rene, das wissen wir beide.« Von draußen hörte man, gedämpft durch die dicken Steinmauern, das Schlagen von Autotüren. »Und jetzt ist sie ein totes Luder. Sie muss weg. Kapiert? Ich will dich nicht erschießen, aber ich werd’s tun, wenn du mir in die Quere kommst. Anweisung von ganz oben.«
    Shade grinste ihn an.
    »Darauf würd ich nicht wetten«, sagte er.
    »Rene, du muckst hier gegen die großen Tiere auf. Du verdrischst nicht irgend ’nen Idioten wie diesen Gillette. Hier hast du es mit Mr. B. zu tun. Das kann ins Auge gehen.«
    Shade breitete die Arme aus, neigte den Kopf zur Seite, lächelte und sagte: »Ist das nicht der Sinn der Sache?«
    »Arschloch.«
    »Wo ist sie?«
    Shuggie zuckte die Achseln. »Irgendwo hier drin. Ich hab schon auf dem Boden gelegen und unter die Bänke geguckt. Hab sie nicht gesehen.«
    »Du willst doch keinen Cop umbringen, Shuggie«, sagte Shade. »Ich werd sie finden.«
    Shuggie schnaubte wütend, und die Akustik verdoppelte das Geräusch.
    »Sei vernünftig«, sagte er.
    »Sei vernünftig? So vernünftig wie du?« Shade bohrte seinen Zeigefinger in Shuggies Rippen. »Ich hab gesehen, wie du Hedda zugerichtet hast. Ich war bei ihr. Jawohl. Du Dreckskerl. Aber ich bin nicht Hedda.« Shade griff nach der Pistole im Hosenbund, zog sie aber nicht. Shuggie wurde bleich. Sein Mund öffnete sich, und er legte den Kopf in den Nacken.
    »Ich wollte das nicht. Ich wollte, ich hätte’s nicht getan, aber ich hatte keine andere Wahl. Sie hat einfach das Maul zu weit aufgerissen.«
    Shade spuckte auf Shuggies Hosenbein. »Hau ab, Freundchen. Geh einfach. Ich will deinen Fettarsch von hinten sehen, eingerahmt von der Kirchentür.«
    Shuggie wich ein paar Schritte zurück. Das Gewehr zielte nach unten und bebte in seiner Hand.
    »Ich weiß nicht, ob du damit durchkommst, Rene. Ich könnte dich umbringen.«
    »Ach, ehrlich?«
    »Tja«, meinte Shuggie mit einem fast wehmütigen Grinsen. »Die Frage haben wir uns doch oft genug gestellt, stimmt’s?«
    Shade nickte und trat neben Shuggie.
    »Kann sein.«
    Sie starrten von Schatten zu Schatten, dann wandte Shuggie sich ab.
    »Scheiß drauf. Ich gehe. Wir können sie uns jederzeit schnappen.«
    Als Shuggie wegging, setzte sich Shade in die letzte Bankreihe und stützte die Pistole auf der blankpolierten Rücklehne ab. Dann lud er durch und zielte auf Shuggies Rücken.
    »Ich weiß, du wirst es versuchen, Shuggie.«
    »Glaubst du, ich bin ein Idiot? Ich hab den Pistolenhahn gehört.«
    »Ich denke, du wirst es versuchen, Shug«, wiederholte Shade und umklammerte die Pistole mit beiden Händen. »Egal um welchen Preis.«
    Shuggies Gelächter hallte durchs Kirchengewölbe, und Shade verfolgte ungläubig, wie Shuggie durch die Tür ging und verschwand.
    Einen Moment lang blieb er sitzen, mit verkrampften Händen, und holte tief Luft.
    Da hörte er hinter dem Altar ein leises Scharren und dann Wandas Stimme: » O h Mann – und was jetzt?«
    Dann der Knall, ein einzelner Schuss draußen in der Gasse.
    Shade eilte zur Tür und öffnete sie einen

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