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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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langen, struppigen grauen Haarsträhnen an der Seite hatte. Er trug ein schwarzes Ban-Lon-Hemd, eine weiße Sporthose und weiße Schuhe.
    Mit dem Daumen deutete Roque auf die Tür. »Angeblich gibt’s einen kühlen Ort in der Stadt – könnte der hier sein.«
    Froggy Russ Poncelet, der tagsüber die Bar schmiss, jedermanns Freund und niemandes Feind, war hinter der Theke damit beschäftigt, Bierdosen in die Kühltruhe zu packen. Als Roque und Ledoux eintraten, blickte er auf.
    »Tip ist hinten«, sagte er.
    »Ein richtiger Schwerarbeiter, dieser Tip«, meinte Roque.
    »Na, wie findet ihr die Hitze heute?«, meinte Poncelet.
    »Nicht so besonders. Für ’nen Cheeseburger kannst du sie haben.«
    Sie nahmen den Tisch ganz hinten, weit weg von den anderen Gästen. Die Catfish Bar hatte ziemlich viele Mittagstischgäste, doch jetzt war es noch zu früh für die seriöse Kundschaft. An den wenigen besetzten Tischen saßen arbeitslose, aber nichtsdestotrotz geschäftstüchtige junge Männer und die alltägliche Versammlung phlegmatischer Trinker.
    Roque packte eine dünne Zigarre aus und zündete sie an. Während er inhalierte, ließ er seinen Blick über die Bar wandern. Von zwei Tischen wurde ihm zum Gruß zugewunken. Kein vertrauliches Winken, sondern eine respektvolle Zurkenntnisnahme. Er antwortete mit einem Nicken.
    Ledoux war weniger entspannt als Roque und verwendete wesentlich mehr Zeit darauf, die Gäste zu inspizieren, ehe er sich vorbeugte und sagte: »Ich hab die Zeitung von heute Morgen gesehen. Mann, die sind echt verwirrt.«
    »Na klar«, entgegnete Roque. »Was hast du denn erwartet?« Seine braunen Augen waren nicht kalt, sondern glühten vor Bosheit und blitzten selbstbewusst. »Vielleicht kommen sie ja irgendwann dahinter – aber nicht rechtzeitig, um noch viel zu ändern. Das heißt, wenn du dafür sorgst, dass auf eurer Seite nichts schiefgeht.«
    Poncelet kam auf ihren Tisch zu, wobei er sich die Hände an dem aus der Hose hängenden T -Shirt abtrocknete.
    »Was darf’s sein? Nur was zu trinken oder auch was zu beißen?«
    »Ich hätt gern ’ne Klimaanlage«, sagte Roque. Um seine Forderung zu unterstreichen, fuhr er sich mit dem Finger über die Stirn und schnippte den Schweiß auf den Fußboden.
    »Haben wir nicht«, erklärte Poncelet.
    »Wie viel wirft Tippy eigentlich der Baubehörde in den Rachen? Die Hitze hier ist nämlich ziemlich sicher gemeingefährlich.«
    »Glaubst du, das ist mir neu?«
    Roque grunzte.
    »Wohl eher nicht.« Er wandte sich an Ledoux. »Sind Sie hungrig?«
    »Nee. Ich nehm nur ein Glas Bier.«
    »Merci«, meinte Poncelet. »Und Sie, Steve?«
    »Ich will was essen«, sagte Roque. »Ich möchte ein großes Glas Eiswasser und was von dem Hühnertopf.«
    »Coq au Vin, meinen Sie wohl.«
    »Genau. Hühnertopf mit Goldrand. Du redest ja wie meine Großmutter.«
    »Ich seh auch so aus«, sagte Poncelet und ging zurück zur Bar.
    »So ein Klugscheißer«, sagte Roque.
    »Aber einer von der netten Sorte.«
    »Das sind die meisten – bis zu einem gewissen Punkt.«
    Die Männer saßen schweigend da, bis Poncelet mit ihren Bestellungen kam und wieder verschwand.
    »Also – Crane hat’s offenbar geschafft, ja?«, sagte Ledoux. »Ich war mir da gar nicht sicher. Ich hätt wirklich nicht sagen können, ob er’s draufhat.«
    »Hat er aber«, entgegnete Roque. »Allerdings musste ich ihn ganz schön bearbeiten. Ihm die Sache mit Tony Duquette und Ding-Ding Stengel in Erinnerung rufen. Und Curly Boone natürlich, wie ihm damals das Haus überm Kopf abgebrannt ist, als er nicht zahlen konnte. Und der hat mir weniger geschuldet als du, hab ich zu Crane gesagt.«
    »Und Teejay Crane ist auch noch ’n Nigger. Boone war wenigstens weiß.«
    Roque knurrte und schüttelte den Kopf.
    »Das spielt überhaupt keine Rolle.« Roque löffelte ein Stück Huhn aus der Schüssel, nahm es zwischen die Finger und lutschte das Fleisch von den Knochen. »Das Einzige, was zählt, ist, dass man seine Schulden zurückzahlt.«
    Ledoux kniff die Augen zusammen und sah weg. Was Roque da sagte, konnte einfach nicht stimmen – dass es keinen Unterschied machte, ob einer schwarz oder weiß war.
    »Warum hast du Duquette und Stengel erwähnt? Mach ich meine Arbeit nicht gut genug für dich?«
    »Doch, doch. Denke schon. Behauptest du jedenfalls andauernd. Aber es wäre doch Quatsch, wenn ich bei Crane so ’nen Typen wie dich ins Spiel bringe. Crane war nervös, und ein Idiot ist er auch nicht. Ich glaub, er

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