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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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ehrlich«, brummte Suze, dann ließ sie resigniert die Schultern sinken. »Himmel noch mal, Jew-el.«
    Sie schnappte sich ihre Klamotten, die über dem Bettpfosten hingen und verschwand im Bad. Die Tür knallte sie als abschließenden Kommentar hinter sich zu.
    Plötzlich merkte Jewel, dass er auf Essen genauso wenig Lust hatte wie auf Suze. Er ließ seine Jeans und das Hemd wieder auf den Boden fallen und warf sich aufs Sofa. Er zerrte seine Gitarre unter der hochbeinigen Couch hervor und begann, eine ungefähre Wiedergabe von »Mama Tried« zu schrammen. Beim Spielen konnte er den gegenüberliegenden Gehweg sehen – lauter geschäftige Leute, die er nicht kannte, eine Straße, die er nicht mochte. Scheißblöde Frogs.
    Gar kein Problem – wenn du cool bleibst.
    Jewel richtet sich abrupt auf und schleuderte die Gitarre durchs Zimmer, sodass sie gegen die Kommode krachte und die E -Saite riss. Er legte den Kopf in die Hände und knurrte.
    Und du bleibst doch cool, oder, Kleiner?

5
    Pete Ledoux saß auf der Kühlerhaube seines schwarzen Pinto im Schatten der Bäume, die den kiesbestreuten Parkplatz der Catfish Bar umgaben. Mit dem Schlüssel versuchte er, die Kackhäufchen von seinem Wagen abzukratzen, die irgendein seltener Vogel, der Zement schiss und ihm überallhin zu folgen schien, dort hinterlassen hatte. Zwischendurch blickte er immer wieder durch die flimmernde Hitze des weißen, staubigen Parkplatzes in Richtung Lafitte Street. Er wartete auf Steve Roque, was bedeutete, dass er keinesfalls die Geduld verlieren und abhauen durfte. Roque hatte gesagt, er solle warten, und so blieb Ledoux nichts anderes übrig.
    Der Gehweg war in diesem Teil der Lafitte Street schon jetzt, also vor Mittag, bevölkert: Angler in Gummistiefeln strebten zu ihrem Lieblingssumpf, wo ein toter Baumstamm über eine kleine Katzenfischbucht ragte; dicke Frauen mit Stiernacken drückten ihre Einkaufstüten mit Lebensmitteln an die Brust; und großkotzige Jugendliche mit Designersonnenbrillen begrüßten sich gegenseitig mit knappem Nicken. Ledoux beobachtete das alles, als würde Frogtown, so wie er es kannte, demnächst vom Erdboden verschwinden. Seit der Zeit, als Lewis und Clark hier vor ihrer berühmten Expedition gefeiert hatten, war das Viertel nicht mehr ganz französisch, und schon als Ledoux geboren wurde, war die Zahl der kriminellen Deutschen, ehrgeizigen Iren und Hillbilly-Gauner ebenso groß gewesen wie die der Franzosen. Was ihn aber wirklich beunruhigte, war dieser neue Zustrom illegaler Einwanderer aus Mexiko. Diese Leute verpesteten die Straßen mit dem Gestank von Paprika und verbrannten Bohnen, und sie kapierten einfach nicht, wer hier das Sagen hatte. Wenn die Einwohner von Frogtown nicht bald aus ihrem süßen Schlummer erwachten, dann würden sie demnächst feststellen müssen, dass sie am Pancho Villa Boulevard wohnten. Da war sich Pete Ledoux ganz sicher.
    Roque kam zu Fuß. Er stand an der Ecke des Gebäudes, in dem sich die Bar befand, und hob die Hand. Ledoux überquerte den Parkplatz und begrüßte ihn unter dem großen blauen Katzenfisch-Schild, das über der Tür hing.
    Ein junger Mann kam mit elastischen Schritten die Straße entlang. Er war braun gebrannt und trug ein weißes T -Shirt mit Kaffeeflecken, eine gutsitzende Sporthose und elegante Schuhe mit den unvermeidlichen hufeisenförmigen Beschlägen, die beim Gehen funkelten, als wäre er die Messerklinge und die Straße ein ewiger Schleifstein. Als er auf gleicher Höhe mit den beiden Männern war, fixierte er Ledoux.
    Ledoux erwiderte den Blick kühl und herablassend.
    Der Typ zuckte die Achseln und schaute weg, dann starrte er wieder Ledoux an.
    »Hey, du Arsch«, fuhr ihn Ledoux an, »ich hab keine Lust, mit dir Freundschaft zu schließen. Verpiss dich!«
    »Leck mich doch«, erwiderte der Junge mit einem Blick über die Schulter.
    Ledoux bewegte sich in seine Richtung, der Junge rannte ein paar Schritte, ging dann aber normal weiter, als er merkte, dass er nicht ernsthaft verfolgt wurde.
    »So was kann ich mir doch nicht gefallen lassen«, meinte Ledoux.
    »Solltest du auch nicht«, sagte Roque. »Meine Meinung.«
    Steve Roque war gebaut wie die meisten Franzosen in dieser Gegend: knapp eins achtzig, mit schweren Knochen, knapp zweihundert Pfund unspektakuläre, aber nützliche Masse. In Frogtown gab es so viele Männer mit dieser Figur, dass man diesen Typ als »Froggy« bezeichnete. Roque wich jedoch vom Stereotyp ab, weil er eine Glatze mit

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